Early Clinical Trial Unit (ECTU)
Um neue, bessere und sicherere Arzneimittel und Therapien für Patient:innen mit neurologischen Erkrankungen zu entwickeln, ist der nächste Schritt nach innovativer Grundlagenforschung die sorgfältige Durchführung klinischer Studien zur Bewertung ihrer Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit. In unserer Early Clinical Trial Unit (ECTU) werden Patient:innen mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen unter engmaschiger Überwachung mit neuen Arzneimitteln und Therapien behandelt, die am Anfang ihrer klinischen Entwicklung stehen und noch nicht für den klinischen Routineeinsatz verfügbar sind. Aus diesem Grund wird in der ECTU eine 24/7-Überwachung mit modernster Technik zur Beobachtung der Arzneimittelwirkungen durchgeführt, um höchste Präzision und Sicherheit für die Proband:innen zu gewährleisten.
So ermöglichen frühe klinische Studien die kontrollierte Erprobung innovativer Therapien, die oft auf völlig neuen therapeutischen Strategien beruhen. Dies gilt insbesondere für Krankheiten, für die es keine vielversprechenden symptomatischen oder kausalen Therapiemöglichkeiten gibt.
Diese Studien in den frühen klinischen Phasen der Arzneimittelentwicklung sind im Wesentlichen in speziellen Einrichtungen in hochspezialisierten Krankenhäusern durchführbar. Die wichtigen ersten Schritte bei der Erprobung neuer Substanzen direkt an betroffenen Patient:innen betreffen die Bestimmung der Sicherheit und Verträglichkeit (Phase I, oft erste Studien am Menschen) und erster Hinweise auf die Wirksamkeit (Phase II). Dies erfordert eine intensive Überwachung und Betreuung der Patient:innen. Unter dem Dach eines ausgefeilten Sicherheitssystems liegt der Schwerpunkt in unserer ECTU auf der Erforschung neuer Wirkmechanismen und der qualitätsgesicherten Arzneimittelentwicklung.
In unserer Studienzentrale werden darüber hinaus auch Studien zur Prüfung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit an größeren Patientenkollektiven (Phase III-Studien) sowie zur weiteren Risiko-Nutzen-Abschätzung nach Zulassung und Bestimmung des therapeutischen Stellenwertes (Phase IV) durchgeführt. Hierfür ist in der Regel ein ambulantes oder normalstationäres Setting ausreichend.
In der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Klinikum der LMU kann je nach Art und Entwicklungsstand der zu prüfenden Studienmedikation eine Untersuchung im Rahmen einer klinischen Studie ambulant in unserem Studienzentrum oder stationär erfolgen. Hierfür stehen neben unserer neurologischen Studienambulanz 2 Betten auf einer neurologischen Normalstation sowie 2 ECTU-Betten auf unserer neurologischen Intensivstation zur Verfügung, die je nach Studienbedarf belegt werden können. Der ECTU-Bereich verfügt über alle notwendigen personellen und strukturellen Voraussetzungen, die für die Durchführung von frühen klinischen Studien notwendig und vorgeschrieben sind. Um standardisierte Abläufe zu gewährleisten, wird stets gemäß eigens für die Studiendurchführung festgelegten SOPs (Standard Operating Procedures) gearbeitet.
Die Verabreichung bzw. Einnahme kann als Tablette (oral), als Infusion intravenös oder subkutan bzw. intrathekal erfolgen. Unser erfahrenes und speziell geschultes pflegerisches, ärztliches und nichtärztliches Studienpersonal (Study Nurses, Studienkoordinator) überwacht unsere Patient:innen vor und nach der Medikamentengabe (z.B. Blutdruck, Sauerstoffsättigung, EKG) und entnimmt bei Bedarf auch Blutproben gemäß Studienprotokoll. Im Falle einer Medikamentennebenwirkung können unmittelbar entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Darüber hinaus sind alle Bereiche, die die Patientensicherheit gewährleisten, wie die Notaufnahme und die Intensivstation, sofort verfügbar.
Die Principal Investigators (PI) der jeweiligen Studien arbeiten eng mit dem ECTU-Studienteam zusammen. Das ECTU-Team unterstützt die klinischen Prüfärzt:innen und Projektleiter:innen bereits in der Phase der Projektinitiierung für alle in der Klinik für Neurologie des LMU-Klinikums geplanten Auftragsstudien. Es werden Fragen der klinischen Machbarkeit geprüft und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen des LMU-Klinikums (insbesondere Radiologie, Nuklearmedizin, Kardiologie, Pulmologie) organisiert, die für die Durchführung der Studien unerlässlich ist. Wird die frühe klinische Prüfung dann in unserer ECTU durchgeführt, wird die wissenschaftliche Projektleitung auch bei der Planung und Durchführung aller operativen, medizinischen und wissenschaftlichen Aufgaben im Rahmen der Studiendurchführung und Studiendokumentation durch hochqualifiziertes Studienpersonal unterstützt. Die ECTU ist beauftragt, die Projektleitung bei der Gesamtorganisation des Projektes zu unterstützen, um einen reibungslosen Projektablauf und die Einbindung aller notwendigen Studienaktivitäten des Projektes in die Qualitätssicherungssysteme der LMU und des Neurologischen Studienzentrums zu gewährleisten.
Nicht zuletzt sind wir ein kompetenter Ansprechpartner für Sponsoren aus dem akademischen Bereich und der forschenden pharmazeutischen Industrie mit langjähriger Erfahrung in der Durchführung von klinischen Studien aller Phasen im gesamten Spektrum neurologischer Indikationen.
Die Entscheidung über die Teilnahme an einer klinischen Studie müssen die einwilligungsfähigen Patient:innen treffen, nachdem sie ausführlich über Zweck, Ablauf und mögliche Risiken der Studie aufgeklärt wurden. Um sicherzustellen, dass Patient:innen und ihre Angehörigen diese Entscheidung treffen können, werden sie vor der Aufnahme in eine klinische Studie ausführlich über das geplante Therapieverfahren und die bisher bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen informiert. Durch die Teilnahme an einer frühen klinischen Studie haben Patient:innen die Möglichkeit, von vielversprechenden, innovativen, auf ihre individuelle Krankheitssituation zugeschnittenen Therapieansätzen zu profitieren, die sonst auf dem Arzneimittelmarkt noch nicht verfügbar wären. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Studien in der Regel placebokontrolliert sind, d. h. das Risiko einer Behandlung mit einem Placebo besteht. Darüber hinaus ist das Risikoprofil einer neuen Therapie in frühen klinischen Studien noch nicht vollständig bekannt. Daher ist eine intensive Überwachung und Unterstützung notwendig. Dies wird durch unser erfahrenes ECTU-Team und die Kolleg:innen der Ambulanzen gemäß den Studienrichtlinien und unseren eigenen sehr hohen Standards sichergestellt. Teilnehmer:innen einer klinischen Studie erhalten so nicht nur eine intensive und individuelle Betreuung, sondern tragen auch zur Entwicklung und Weiterentwicklung neuer Therapien bei, die später auch anderen Patient:innen mit dem jeweiligen Krankheitsbild zugutekommen könnten. Ziel ist es, zukünftig eine individualisierte, effektivere Therapie neurologischer Erkrankungen zu ermöglichen und potenziell kurative bzw. verlaufsmodifizierende Therapieoptionen zu entwickeln, insbesondere im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen, bei denen derzeit überwiegend symptomatische Therapien zum Einsatz kommen. In unserem neurologischen Studienzentrum informieren wir potenzielle, interessierte Studienteilnehmer:innen individuell und umfassend über die Behandlungsmöglichkeiten.
Leitung: Prof. Dr. med. Günter U. Höglinger, FEAN
Koordination: Prof. Dr. med. Konstantin Dimitriadis
Oberarzt: Prof. Dr. med. Lars Kellert