Tiefe Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen
Was versteht man unter Tiefer Hirnstimulation (THS)?
Die Tiefe Hirnstimulation (THS), umgangssprachlich als „Hirnschrittmacher“ bezeichnet, ist eine etablierte Therapieoption für Bewegungsstörungen. Seit ihrer Einführung in den späten 1980er Jahren wurde die THS weltweit bei ca. 85.000 Patienten angewendet. Für die Behandlung mit THS liegen also umfangreiche Erfahrungen vor. Für die Hirnstimulation werden dem Patienten mit einem stereotaktischen Zielgerät eine oder zwei dünne Elektroden implantiert. Diese Elektroden sind mit unter der Haut verlegten Kabeln mit einem Impulsgeber im Bereich der Brust verbunden. Der Impulsgeber gibt dauerhaft elektrische Impulse an die Zielregion im Gehirn ab, wodurch diese in ihrer Funktion moduliert wird und überaktive Gehirnareale dauerhaft elektrisch beruhigt werden.
Neurostimulator-kl
Abbildung 1: Schematische Darstellung eines vollständig
implantierten THS-Systems zur Neurostimulation.
Für welche Patienten kommt die THS in Frage?
Die THS ist zur Behandlung vieler neurologischer Erkrankungen zugelassen. Etabliert hat sich die THS weltweit zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung. Daneben werden am LMU Klinikum Patienten mit essentiellem Tremor sowie mit schwerwiegenden Dystonien mittels THS behandelt. In Einzelfällen kommt die THS zudem bei der Huntington-Erkrankung (Chorea Huntington) sowie bei ausgewählten Tic-Störungen (Tourette-Syndrom) in Frage.
Wie ist die Wirkungsweise der THS?
Bei der THS handelt es sich um eine sogenannte symptomatische Behandlung. Das bedeutet, dass die THS im Idealfall die Symptome der zu Grunde liegenden Krankheit deutlich bessert. Zum Beispiel kann mittels THS bei Patienten mit M. Parkinson eine bessere Beweglichkeit erreicht werden und das Muskelzittern gemindert oder mitunter sogar vollständig ausgeschaltet werden. Analog kann durch die THS das Zittern beim essentiellen Tremor oder die Überbeweglichkeit oder Gelenkfehlstellung bei der Dystonie häufig deutlich gebessert werden. Somit kann in aller Regel eine deutliche Reduktion der notwendigen Medikamentendosis erreicht werden, insbesondere bei der Parkinson-Krankheit. Sobald die THS ausgeschaltet wird, treten die ursprünglichen Beschwerden allerdings erneut auf. Die THS führt also nicht zu einer Heilung der jeweiligen Erkrankung.
Wie erfolgt die Indikationsstellung?
Wenn Sie sich unverbindlich informieren wollen, ob in Ihrem Fall eine THS in Frage kommt, können Sie sich jederzeit in der Ambulanz für Tiefe Hirnstimulation vorstellen. In einem Gespräch mit dem zuständigen THS-Arzt werden wir dort Ihre Krankengeschichte (Anamnese) erheben und Ihre Befunde (MRT, CT u.a.) auswerten. Bitte bringen Sie dazu alle Ihnen vorliegen Voruntersuchungen mit. In einem nächsten Schritt erfolgt eine interdisziplinäre Besprechung in unserem THS-Board, um die Indikation in Ihrem individuellen fall zu überprüfen und mögliche Risiken sorgfältig abzuwägen. Sollten Sie für eine THS-OP in Frage kommen, erhalten Sie einen zeitnahen Aufnahmetermin auf unsere Spezialstation für THS.
Wie verläuft die Behandlung?
Die eigentliche Operation erfolgt bei uns in zwei Schritten. Im ersten Schritt werden dem Patienten durch 2 kleine Bohrlöcher im Schädelknochen Elektroden in das Gehirn eingeführt und - je nach Erkrankung - an den jeweils für die optimale Wirkung besten Zielpunkt platziert. Um mit Hilfe von verschiedenen Tests die Wirksamkeit der Stimulation noch während der OP überprüfen zu können, bleiben die Patienten in der Regel wach und benötigen keine Narkose. Selbstverständlich sind sie jedoch so durch Anästhesisten betreut, dass sie während des Eingriffes schmerzfrei sind. Der Impulsgenerator (Hirnschrittmacher) wird in der Regel im Rahmen einer zweiten, kurzen Operation an einem Folgetag implantiert. Im Anschluss werden die Patienten auf unserer Spezialstation überwacht und weiterbehandelt. Der Impulsgeber ist durch die Haut programmierbar und wird einige Tage nach der Operation erstmals eingeschaltet. Die Anpassung der Stimulationsparameter erfolgt langsam und über einen Zeitraum von mehreren Tagen. Die Weiterbehandlung nach dem stationären Aufenthalt erfolgt in der Regel in einer Rehabilitationseinrichtung. Anschließend sind die Patienten regelmäßig in ambulanter Kontrolle in unserer Spezialambulanz für die Hirnschrittmachertherapie.
An wen können Sie sich wenden und wer behandelt Sie?
Eine erfolgreiche Behandlung mittels THS erfordert eine enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachgebieten einschl. der Neurologie, Neurochirurgie, Neuroradiologie und Psychiatrie/Neuropsychologie. Alle diese Disziplinen sind am LMU Klinikum vertreten, um die Ihrem Fall bestmögliche Therapie festzulegen. Sollte bei Ihnen eine THS durchgeführt werden, werden Sie während Ihres Aufenthaltes in der Neurologischen Klinik betreut. Die Operation erfolgt durch die Kollegen der Neurochirurgie unter der Leitung von PD Dr. J.H. Mehrkens (Leiter der Abtl. für Stereotaktische Neurochirurgie) in Zusammenarbeit mit der Neurologischen Klinik (Dr. Th. Köglsperger). Die Ambulanz für THS wird von Prof. J. Levin (Neurologische Klinik) geleitet.
Wenn Sie sich informieren möchten, ob für Sie eine Behandlung mittels THS in Frage kommt, oder wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit der THS haben, vereinbaren Sie bitte einen Termin in der Ambulanz für Tiefe Hirnstimulation (Tel.: 089-4400-73690). Alternativ können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen via E-Mail:
thomas.koeglsperger@med.uni-muenchen
jan.mehrkens@med.uni-muenchen.de