Nach der OP einer Dünndarmtransplantation
Bei komplikationslosem Verlauf wird der Patient innerhalb von wenigen Stunden nach Ankunft auf der Intensivstation wieder wach. Zu diesem Zeitpunkt ist er noch an eine Beatmungsmaschine angeschlossen.
Sobald der Patient ausreichend atmet, die Herzfunktion ohne Unterstützung von Medikamenten zufriedenstellend ist und bei einer kombinierten Transplantation die neue Leber funktioniert, kann der Patient auf die Normalstation verlegt werden. Dies ist bei Patienten ohne größere Komplikation normalerweise nach fünf bis sieben Tagen der Fall sein. Mit Hilfe und Anleitung des Pflegepersonals und Physiotherapeuten muss jeder Patient möglichst früh aus dem Bett aufstehen, sich (unter Hilfe) selber waschen und Atemübungen durchführen.
Der Kostaufbau beginnt unmittelbar postoperativ nach dem eigens für die Dünndarmtransplantation erstellten Ernährungsstandard:
In den ersten Tagen nach der OP erhalten Sie eine parenterale Ernährung, also über eine Vene. Um den Darm möglichst schnell zu konditionieren beginnen wir in der Regel bereits am 1. Tag nach der OP mit einer geringen Zufuhr an Sondennahrung.
Die Nahrung ist speziell angereichert mit Glutamin, eine Aminosäure die einen wichtigen Baustein darstellt für die Darmschleimhaut.
Je nach Ihrem Zustand wird nach ca. 1 Woche der Kostaufbau begonnen, zunächst mit einer Zucker-, Fett- und Ballaststoffarmen Kost.
Die Ernährung über Vene und die Sonde werden individuell angepasst und aufeinander abgestimmt, um den Körper einerseits nicht zu überfordern und andererseit zu vermeiden, dass Sie zu wenig Nährstoffe erhalten.
2. Ernährungsempfehlungen nach Transplantation / bei Immunsuppression
Da Ihr Immunsystem unterdrückt ist, besteht ein höheres Risiko, eine Lebensmittelinfektion zu erleiden. Daher gelten hier besondere Vorsichtsmassnahmen. Auf rohes Fleisch, Fisch, Eier und Rohmilchprodukte muss verzichtet werden. Der hygienische Umgang mit Lebensmitteln sowie die richtige Lagerung und Zubereitung sind wichtige Schutzmassnahmen.
Des weiteren kommt es zu Wechselwirkungen zwischen bestimmten Lebensmitteln und Medikamenten sowie zu einem Einfluss der Medikamente auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel.
Wir haben einen Leitfaden für Patienten nach Organtransplantation erstellt, in dem wir Sie umfassend darüber aufklären. Natürlich werden Sie auch persönlich beraten.
3. Beratung bei Komplikationen
Nach der Transplantation kann es zu Komplikationen wie Durchfall, zu schneller Darmpassage und somit hohen Nährstoffverlusten kommen. In diesen Fällen können Quellstoffe wie Pektin oder Guar helfen, den Stuhl einzudicken und somit die Passagezeit zu verlängern.
Es kann zu Magenentleerungsstörungen kommen, was zu Übelkeit und Erbrechen führt.
Nach Dünndarmtransplantation können Lebensmittelunverträglichkeiten wie Lactosemalabsorption (Milchzuckerunverträglichkeit) oder Glutenunverträglichkeit auftreten.
All diese Faktoren können dazu führen, dass Sie nach der Transplantation nicht ausreichend Nährstoffe aufnehmen können. Dies führt zu Gewichtsverlust und Beeinträchtigt Ihre Regeneration und Wundheilung. In diesem Fall steht Ihnen eine Ernährungsberaterin zur Seite, um das Ernährungsregime entsprechend anzupassen.
Der Patient wird nun noch für zwei bis drei Wochen stationär im Transplantationszentrum verbleiben. Diese Zeit wird genutzt, um die medikamentöse Therapie zu optimieren, die immunsuppressiven Medikamente individuell einzustellen und eventuelle Abstoßungen in dieser frühen postoperativen Phase zu erfassen. Sobald der Patient medikamentös gut eingestellt ist und keine weiteren Komplikationen auftreten, kann er in eine Nachsorgeklinik verlegt werden.
Das Wichtigste für „die Zeit danach“ ist das Erlernen einer gewissen Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit. Diese Eigenverantwortung erlernt man bei der richtigen Einstellung sehr rasch. Das dazu (neben der persönlichen Einstellung) notwendige Grundwissen erhält man unter Anleitung der betreuenden Ärzte und des Pflegepersonals sehr rasch.
Postoperative Immunsuppression
Obwohl die Spenderorgane von einem blutgruppen-identischen Spender stammen, enthalten sie doch viele genetische Informationen, die das Immunsystem des Empfängers als fremd erkennt. Um eine Reaktion gänzlich zu vermeiden, müsste die Spenderorgane von einer genetisch identischen Person stammen, wie dies nur bei einem eineiigen Zwilling der Fall wäre. Da dies bei einer Dünndarm- oder Multiviszeralen Transplantation in der Regel nicht der Fall ist, ist schon vor und auch während der Operation die Verabreichung von Medikamenten erforderlich, die das Erkennen des Fremdorgans abmildern und die Abstoßung soweit wie möglich verhindern sollen.
Diese sogenannten Immunsuppressiva sind aber leider nicht so spezifisch, dass sie nur die Reaktion des Körpers auf das fremde Organ verhindern; darüber hinaus wird insgesamt die Immunantwort des Körpers auf Eindringlinge von außen – also auch Bakterien, Viren oder Pilze – geschwächt. Deswegen ist die Kombination und Dosierung der Immunsuppression permanent ein Balanceakt zwischen der Unterdrückung der Abstoßungsreaktionen einerseits und dem Risiko der damit verbundenen erhöhten Infektanfälligkeit andererseits. Allerdings kann die Menge und Anzahl an immunsuppressiven Medikamenten, die notwendig sind um eine Abstoßung zu verhindern, bei den meisten Patienten im weiteren Verlauf nach Transplantation schrittweise verringert werden.
Medikamente
Neben den immunsuppressiven Medikamenten müssen zusätzliche Stoffe eingenommen werden. Diese sollen den Körper vor Infektionen schützen oder die Nebenwirkung der immunsuppressiven Therapie abmildern. Der Einsatz und die Art der Begleitmedikation variiert von Zentrum zu Zentrum und wird spezifisch auf an die Bedürfnisse des Patienten angepasst.
Die gängigsten Medikamente dienen der Förderung der Nierenfunktion. Die sogenannten HMG CoA-Reduktase-Hemmer senken die Cholesterinspiegel im Blut. Als blutdrucksenkende Medikamente kommen vor allem die Kalziumkanalblocker in Frage. Die Senkung des Blutzuckers ist in der Regel bei Patienten, die bereits vor Transplantation erhöhte Blutzuckerwerte aufweisen, angezeigt. Säurehemmer oder Säureblocker werden eingenommen, um die Säurebildung im Magen zu hemmen oder Magensäure zu binden.
Da bei Immunsuppression der Organismus anfälliger für verschiedene Arten von Pilzinfektionen ist, wird ein lokal wirksames Pilzmittel (Antimykotica) zur Prophylaxe einer Pilzinfektion im Magen-Darm-Bereich gegeben. Virostatika verhindern eine Vermehrung von Viren und damit die Ausbreitung einer Virusinfektion. Bei einem Cytomegalievirus positiven Organ wird für die ersten 3 Monate die prophylaktische Gabe einer antiviralen Medikation empfohlen (z.B. Valgancilclovir). Medikamente gegen Bakterien werden nur bei entsprechenden Infektionen verordnet. Eine PCP Prophylaxe gegen eine Pneumocystis carinii wird für die ersten 4-6 Monate empfohlen.
Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme
Zusammengefasst sollten folgende Regeln bei der Medikamenteneinnahme unbedingt beachtet werden:
- Die Medikamente sollten regelmäßig, zur gleichen Zeit, wie vom Arzt empfohlen, eingenommen werden.
- Die Dosis sollte eingehalten werden, auch wenn man sich sehr gut fühlt oder wenn man kurzfristig unter Nebenwirkungen der Medikamente zu leiden hat.
- Wenn man versehentlich eine erheblich höhere Dosis als die empfohlene eingenommen hat oder die Medikamenteneinnahme mehr als einmal vergessen hat, sollte man den Arzt informieren.
Wenn man die Medikamenteneinnahme nur einmal vergisst, sollte man trotzdem weiterhin den ganz normalem Rhythmus einhalten (und nicht bei der nächsten Einnahme die doppelte Dosis nehmen).
Man sollte nie irgendwelche zusätzlichen Medikamente, die der behandelnde Arzt nicht verschrieben hat, in der Apotheke oder Drogerie einkaufen und einnehmen. Aufgrund des komplexen Wirkungsmechanismus der Immunsuppresiva sind erhebliche Wechselwirkungen mit anderen teils völlig harmlosen Medikamenten bekannt. So kann z. B. die Einnahme von Johanniskraut, einem häufig verwendeten rein pflanzlichen Medikament gegen Depressionen, die Serumspiegel der Immunsuppressiva stark absenken und zu Abstoßungsreaktionen führen.
Zusätzlich sollten die Basis-Immunsuppressiva Cyclosporin und Tacrolimus nicht unter Verwendung von Grapefruitsaft eingenommen werden. Dieser wird über ein ähnliches Enzym wie die Substanzen verstoffwechselt und kann deshalb deren Abbau hemmen. Damit kann es zu erheblich gesteigertem Spiegel der Medikamente kommen, die wiederum starke Nebenwirkungen zur Folge haben können.
Jeder Patient, der sich größeren chirurgischen Eingriffen unterzieht, kann postoperative Komplikationen erfahren. Transplantierte Patienten haben das zusätzliche Risiko der Immunsuppression, die ihr Immunsystem schwächt und damit auch die Fähigkeit, Infektionen zu bekämpfen. Die Mehrheit der Patienten erfahren tatsächlich auch kleinere Komplikationen in den ersten Wochen nach Transplantation. Diese sind allerdings kein Grund für ernsthafte Befürchtungen, da sie in der Regel durch die Behandlung von erfahrenen Transplantationsärzten ohne Probleme gemeistert werden können.
Neben den bei jeder Operation möglichen Komplikationen wie unter anderem Wundinfektionen, Lungenentzündung, die Möglichkeit einer Thrombose mit nachfolgender Lungenembolie birgt eine Dünndarm oder Multiviszeraltransplantation auch einige typische Komplikationsmöglichkeiten. Die wesentlichen frühen Komplikationen bestehen in einer primären Nichtfunktion der transplantierten Organe, welche unter Umständen eine notfallmäßige Retransplantation notwendig macht. Aufgrund der teilweise schlechten Blutgerinnung durch die oft begleitende Lebererkrankung, der großen Wundfläche und der notwendigen Gefäßnähte besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko. Aufgrund der oft bestehenden Gefäßproblematik kommt es zu einer höheren Rate von Gefäßverschlüssen aufgrund technischer Ursachen oder Thrombose.
Eines der größten Probleme nach Dünndarmtransplantation ist aber die hohe Abstossungsrate des transplantierten Darms, so dass es sogar zu einem Verlust des Transplantats durch eine massive Abstoßungsreaktion kommen kann. Bei einer Abstoßungsreaktion ist es außerordentlich wichtig, die Warnsignale zu kennen und bei deren Auftreten sofort die betreuenden Transplantationsärzte zu kontaktieren. Mögliche Zeichen einer Abstoßungsreaktion sind: Schwächegefühl, schnelles Ermüden, erhöhte Temperatur über 37,5° C über mehrere Stunden, Appetitlosigkeit, Schmerzen im Bauchraum, lehmfarbener Stuhl, dunkler Urin und Gelbfärbung von Augenskleren und Haut.
Die Diagnose einer akuten Abstoßung wird anhand klinischer, laborchemischer und histologischer Kriterien (endoskopische Biopsie) gestellt. Die Therapie der akuten Abstoßung besteht in der Applikation von hochdosiertem Kortison (Methylprednisolon (500mg) an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Gleichzeitig wird die Basisimmunsuppression erhöht und ggf. ein zusätzliches immunsuppressives Präparat dazugegeben. Beim Vorliegen einer kortisonresistenten Abstoßung erfolgt die Therapie mit einer gegen T-Zellen gerichteten Antikörpertherapie über 3 bis maximal 10 Tage. Aufgrund der Verbesserung in der Immunsuppression wird die chronische Abstoßung nach Lebertransplantation nur noch selten beobachtet.
Das Infektionsrisiko, besonders hinsichtlich Pilz- und Virusinfektionen, ist durch die notwendige Immunsuppression erhöht.
Das allgemeine Tumorrisiko ist durch die Immunsuppression auf das ca. 3-fache erhöht. Weiterhin können die notwendigen Medikamente gegen Abstoßung zu Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), zu Bluthochdruck (Hypertonie) und zum langsamen Nierenversagen mit letzten Endes Dialysepflichtigkeit führen.
Nach Abschluss der stationären Behandlung erfolgt in der Frühphase nach Transplantation zunächst einmal pro Woche eine ambulante Kontrolle. Dabei werden Blut-, Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen gemacht sowie gegebenenfalls eine endoskopische Biopsie des Dünndarms durchführt. Bei stabiler Transplantatfunktion werden dann die Abstände zwischen den Kontrollen im weiteren Verlauf immer länger.
Die Bestimmung wichtiger Laborparameter sollte allerdings trotzdem weiterhin regelmäßig (ca. alle vier Wochen) durchgeführt werden. Dies kann beim Hausarzt erfolgen. Lediglich die Bestimmung der Medikamentenspiegel muss in einem Speziallabor durchgeführt werden. Dieses übermittelt die Werte dann dem Transplantationszentrum, das gegebenenfalls eine Adaptierung der Dosis dem Patienten telefonisch mitteilt.