Voraussetzungen und Möglichkeiten einer Lebertransplantation
Die häufigsten Lebererkrankungen, die eine Transplantation notwendig machen
Fortgeschrittene irreversible Leberkrankheiten mit Ausbildung einer Leberzirrhose:
- Primäre biliäre Zirrhose
- Primär sklerosierende Cholangitis
- Sekundär-sklerosierende Cholangitis
- Alkoholische Lebererkrankung
- Nicht alkoholische Steatohepatitis
- Chronisch aktive Virushepatitis (Hepatitis B, C, D)
- Verschluss der Lebervenen (Budd-Chiari-Erkrankung)
Auf die Leber begrenzte bösartige Tumoren:
- Hepatozelluläres Karzinom
- Cholangiozelluläres Karzinom (in Einzelfällen)
- Andere seltene Tumoren
Angeborene Fehlbildungen:
- Extrahepatische Gallengangsatresie
Stoffwechselstörungen:
- Wilson´sche Erkrankung
Akuter Leberausfall:
- Virushepatitis
- Medikamentöse Ursache
- Toxisch: z. B. Knollenblätterpilzvergiftung, Paracetamolvergiftung
Die Evaluation zur Transplantation gründet sich auf eine Reihe unterschiedlicher Kriterien, die europaweit standardisiert sind. Nicht in jedem Fall ist das Ergebnis einer derartigen Evaluation die sofortige Entscheidung zur Transplantation. Vielmehr ist es häufig sinnnvoll, den weiteren Verlauf der Lebererkrankung engmaschig zu verfolgen, um den optimalen Transplantationszeitpunkt festzulegen. Wir verfügen über eine große klinische Erfahrung in der Festlegung eines geeigneten Zeitpunktes zur Listung zur Lebertransplantation.
Wird anhand dieser Kriterien eine Transplantation für notwendig und durchführbar erachtet, wird der Patient in die Transplantationswarteliste aufgenommen. Die Zuteilung eines Spenderorgans erfolgt dann zentral durch Eurotransplant nach international festgelegten Richtlinien.
Erkrankungen wie schwere Infektionen, schwere Herz-Kreislauferkrankungen, oder eine fehlenden Patientenkooperation können dazu führen, dass eine Lebertransplantation nicht möglich ist. In jedem Fall prüfen wir detailliert, ob im individuellen Fall eine Transplantation sinnvoll und erfolgversprechend ist.
Mit der Organvermittlung in Deutschland (und in sieben weiteren europäischen Ländern) ist die Eurotransplant-Stiftung mit Sitz in Leiden (Niederlande) beauftragt. Damit darf eine Organvermittlung innerhalb Deutschlands ausschließlich über diese Organisation erfolgen. Für jedes gemeldete Spenderorgan werden dort anhand der vorliegenden Patientendaten und der mittels eines Score-Systems gemeldeten Dringlichkeit die in Frage kommenden Empfänger ermittelt. Dabei müssen Spender und Empfänger die gleiche Blutgruppe besitzen. Zusätzlich sollten Größe und/oder Gewicht von Empfänger und Spender einigermaßen übereinstimmen. Abweichungen zwischen zehn und 20 Prozent sind im Einzelfall akzeptabel. Dies hängt von verschiedenen medizinischen Gesichtspunkten ab (z.B. Dringlichkeit der Transplantation, Voroperationen).
Eine erste Vorentscheidung, ob ein entsprechendes Spenderangebot für den entsprechenden Empfänger passt, müssen die in diesen Dingen erfahrenen Ärzte des Transplantationszentrums aufgrund der telefonisch übermittelten Daten treffen. Die endgültige Entscheidung über die Annahme eines Spenderorgans trifft dann das Explantationsteam vor Ort - nach Überprüfung aller dort vorliegenden Spenderdaten (z.B. Laborwerte) und Inspektion und Palpation (Tastbefund) der Leber.
Liegt ein adäquates Spenderorgan vor und ist der Empfänger zum Zeitpunkt der Organvermittlung in einem transplantationsfähigen Zustand, wird das Organ für diesen Patienten angenommen. Besteht beim Empfänger eine Kontraindikation für den geplanten Eingriff, kann die Transplantation nicht durchgeführt werden und das Organ wird von Eurotransplant für den nächsten passenden Patienten auf der Warteliste angeboten.
Eine Alternative zur Transplantation einer Leber nach postmortaler Spende ist die Teilleber-Lebendspende. Darunter versteht man die altruistische Spende eines Leberteilstücks eines lebenden Menschen: Da die Leber eine hohe Regenerationsfähigkeit hat, kann man einen Leberlappen bei einem gesunden Spender entnehmen und diesen einem Leberkranken transplantieren. Dieses Verfahren kommt für Kinder (Spende des linken Leberlappens) und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Erwachsene in Frage (Spende des rechten Leberlappens). Nach der Entnahme wächst die verbleibende Leber beim Spender nahezu zur Ausgangsgröße wieder nach. Das gleiche gilt auch für das verpflanzte Leberteilstück, auch dieses wächst auf Normalgröße an.
Die Lebendspende (vornehmlich für Nieren, aber auch für Teillebern) ist im Transplantationsgesetz genau geregelt, der Kreis der Patienten, die für einen bestimmten Empfänger gesetzlich in Frage kommen, ist genau definiert. Dabei handelt es sich um Verwandte 1. oder 2. Grades, um verheiratete Partner, Verlobte oder Personen, die nachgewiesenermaßen dem Spender in persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen.
Die Lebendspende ist selbstverständlich vollkommen freiwillig, der Spender muss volljährig sein und nach kompletter Aufklärung über die Art und den Umfang des Eingriffes sowie dessen mögliche Spätfolgen der Spende schriftlich zustimmen.
Die Altersgrenzen für eine Teilleber-Lebendspende liegen ca. zwischen 20 und 60 Jahren. Aufgrund der vergleichsweise großen Operation für den Spender kommen nur absolut gesunde Spender in Frage. Medizinische Voraussetzungen sind unter anderem eine gesunde Leber, ein gut funktionierendes Herz, normale Gefäße, kein Bluthochdruck und kein Blutzucker.
Die Blutgruppe zwischen Spender und Empfänger muss identisch sein, der Empfänger muss nach den allgemeinen Kriterien für eine Lebertransplantation geeignet und dem entsprechend auf die Warteliste aufgenommen sein.
Die Möglichkeit der Spende zwischen Eltern und Kindern mit diesem Verfahren wird relativ häufig in Erwägung gezogen. Da die Mindestgröße der Restleber nach der Entnahme beim Spender mindestens 30% des ursprünglichen Gesamtvolumens betragen muss, sowie aufgrund ungeeigneter Leberanatomie einiger Spender werden allerdings nur 25 % aller anderweitig geeigneten Kandidaten auch potentielle Spender.
Wie jede Operation kann natürlich auch die Entnahme eines Leberteilstücks bei einem Lebendspender zu Komplikationen führen. Häufiger sind hierbei Wundheilungsstörungen und reaktive Temperaturerhöhungen. Da es sich dabei um einen relativ großen operativen Eingriff im rechten Oberbauch handelt, gibt es darüber hinaus noch weitere potentielle Komplikationen wie vorübergehendes (temporäres) Leberversagen, an der Schnittstelle Nekrosen des Lebergewebes und Gallenlecks, Entzündungen des Gallensystems (Cholangitis), Pneumonie oder Pleuraerguß.
In den meisten Fällen bilden sich diese Komplikationen zurück oder heilen aus und sind im Langzeitverlauf ohne Bedeutung. Insgesamt kann der Spender mit der verbleibenden Leber sehr gut leben. Sie übernimmt voll die Funktion des entfernten Leberteilstücks. Darüber hinaus werden Lebendspender sehr engmaschig nachkontrolliert – eine Funktionseinschränkung der verbleibenden Leber kann frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden.
Die Teilleber-Lebendspende hat für den Empfänger viele Vorteile. Die lange Wartezeit auf eine Leber eines Verstobenen kann beträchtlich verkürzt werden, die Operation ist vom zeitlichen Ablauf her genau planbar und das Organ hat eine sehr kurze Konservierungszeit da beide Operationen (Explantation beim Spender, Implantation beim Empfänger) in der Regel im gleichen Zentrum durchgeführt werden. Manchmal ist die Teilleberspende für einen Patienten auch die einzige Möglichkeit ein Spenderorgan zu bekommen.
Aufgrund des relativ großen Eingriffs für den Spender muss dieser detailliert über die möglichen Komplikationsmöglichkeiten, verbunden mit einer Mortalität von 0,3%, aufgeklärt werden und sich damit intensiv auseinandersetzen.
Die meistern schwer leberinsuffizienten Patienten haben zum Zeitpunkt der Lebertransplantation bereits eine lang dauernde Erkrankung hinter sich mit häufigen Arztbesuchen und regelmäßigen Klinikaufenthalten. Die Lebertransplantation führt zu einer erheblichen Verbesserung des Allgemeinbefindens und der Lebensqualität.
Die körperlichen Befindlichkeiten und ggf. auch die psychischen Belastungen nach einer Transplantation stellen für manche Patienten keinen leichten Spaziergang dar, sind aber in der Regel doch nur vorübergehende Beschwernisse auf dem Weg in ein besseres Leben. Die meisten Patienten akzeptieren relativ schnell, dass sie gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und in enger Anbindung an die betreuenden Transplantationsärzte leben müssen. Dies wird in der Regel sogar als ein gewisser Vorteil gesehen. Es gibt wenige Personengruppen, deren Gesundheit so engmaschig und kontinuierlich kontrolliert wird, wie transplantierte Patienten. Die neue Leber wird als „eigen“ angenommen, die Lebertransplantation als der Beginn eines neuen Lebens akzeptiert, das man nun bewusster führt als dies vielleicht vor der Transplantation der Fall war.
Lebertransplantierte haben gute Chancen, dieses neue Leben über lange Zeit zu genießen. Durch ständige Verbesserung der Technik und Forschung auf dem Gebiet der Immuntherapie (Immunsuppression) steigt die Überlebensrate stetig an. Gegenwärtig werden Einjahres-Überlebensraten von über 90%, 5-Jahres-Überlebensraten von über 80% und 10-Jahres-Überlebensraten von über 70% erreicht. Die Überlebensquoten sind jedoch stark abhängig von der Grunderkrankung sowie dem Gesamtzustand, Folge- und Begleiterkrankungen des Patienten. Aus verschiedenen Gründen kann es jedoch zu einem langfristigen Versagen des Transplantates kommen und eine erneute Transplantation ("Retransplantation") notwendig sein.