Nach der OP einer Lungentransplantation
Bei komplikationslosem Verlauf wird der Patient innerhalb von wenigen Stunden nach Ankunft auf der Intensivstation wieder wach. Zu diesem Zeitpunkt ist er noch an eine Beatmungsmaschine angeschlossen.
Sobald der Patient in der Lage ist, ausreichend zu atmen, die neue Lunge das Blut suffizient mit Sauerstoff anreichert, die Herzfunktion ohne Unterstützung von Medikamenten zufriedenstellend ist und die Niere wieder funktioniert, kann der Patient auf die Normalstation verlegt werden. Dies ist bei Patienten ohne größere Komplikation normalerweise nach drei bis sieben Tagen der Fall. Nun wird der Patient mobilisiert. Mit Hilfe und Anleitung des Pflegepersonals und Physiotherapeuten muss jeder Patient möglichst früh aus dem Bett aufstehen, sich (unter Hilfe) selber waschen und Atemübungen durchführen.
Der Empfänger wird nun noch für zwei bis drei Wochen stationär im Transplantationszentrum verbleiben. Diese Zeit wird genutzt, um die medikamentöse Therapie zu optimieren, die immunsuppressiven Medikamente individuell einzustellen und eventuelle Abstoßungen in dieser frühen postoperativen Phase zu erfassen. Sobald der Patient medikamentös gut eingestellt ist und keine weiteren Komplikationen auftreten, kann er in eine spezialisierte Rehabilitationsklinik zur Anschlussheilbehandlung verlegt werden.
Das Wichtigste für „die Zeit danach“ ist das Erlernen einer gewissen Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit. Diese Eigenverantwortung erlernt man bei der richtigen Einstellung sehr rasch. Das dazu (neben der persönlichen Einstellung) notwendige Grundwissen erhält man unter Anleitung der betreuenden Ärzte und des Pflegepersonals sehr rasch.
Postoperative Immunsuppression
Obwohl die Spenderlunge von einem blutgruppen-identischen Spender stammt, enthält es doch viele genetische Informationen, die das Immunsystem des Empfängers als fremd erkennt. Um eine Reaktion gänzlich zu vermeiden, müsste das Spenderorgan von einer genetisch identischen Person stammen, wie dies nur bei einem eineiigen Zwilling möglich wäre. Da dies bei einer Lungentransplantation in der Regel nicht der Fall ist, ist schon vor und auch während der Operation die Verabreichung von Medikamenten erforderlich, die das Erkennen des Fremdorgans abmildern und die Abstoßung soweit wie möglich verhindern sollen.
Diese sogenannten Immunsuppressiva sind aber leider nicht so spezifisch, dass sie nur die Reaktion des Körpers auf das fremde Organ verhindern; darüber hinaus wird insgesamt die Immunantwort des Körpers auf Eindringlinge von außen – also auch Bakterien, Viren oder Pilze – geschwächt. Deswegen ist die Kombination und Dosierung der Immunsuppression permanent ein Balanceakt zwischen der Unterdrückung der Abstoßungsreaktionen einerseits und dem Risiko der damit verbundenen erhöhten Infektanfälligkeit andererseits. Allerdings könne die Menge und Anzahl an immunsuppressiven Medikamenten, die notwendig sind um eine Abstoßung zu verhindern, bei den meisten Patienten im weiteren Verlauf nach Transplantation schrittweise verringert werden.
Weitere Medikamente
Neben den immunsuppressiven Medikamenten müssen zusätzliche Stoffe eingenommen werden. Diese sollen den Körper vor Infektionen schützen oder die Nebenwirkung der immunsuppressiven Therapie abmildern. Der Einsatz und die Art der Begleitmedikation variiert von Zentrum zu Zentrum und wird spezifisch an die Bedürfnisse des Patienten angepasst.
Die gängigsten Medikamente dienen der Förderung der Nierenfunktion. Die sogenannten HMG CoA-Reduktase-Hemmer senken die Cholesterinspiegel im Blut. Als blutdrucksenkende Medikamente kommen vor allem die Kalziumkanalblocker in Frage. Die Senkung des Blutzuckers ist in der Regel bei Patienten, die bereits vor Transplantation erhöhte Blutzuckerwerte aufweisen, angezeigt.
In den ersten beiden Monaten nach Lungentransplantation sind auch bakterielle Infektionen sehr häufig, deshalb wird initial eine Prophylaxe mit einem Breitbandantibiotikum, gegebenenfalls (z.B. bei Patienten mit cystischer Fibrose) nach entsprechender Testung auf Antibiotikaempfindlichkeit der vor Transplantation vorhandenen chronischen Erreger durchgeführt. Da bei Immunsuppression der Organismus auch anfälliger für verschiedene Arten von Pilzinfektionen ist, wird ein Pilzmittel (Antimykotikum) zur Prophylaxe einer Pilzinfektion gegeben. Zusätzlich wird Cotrimoxazol als präventive Maßnahme gegen eine eventuelle Lungenentzündung durch den Pilz Pneumocystis carinii nach der Transplantation verabreicht. Virostatika verhindern eine Vermehrung von Viren und damit die Ausbreitung einer Virusinfektion.
Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme
- Die Medikamente sollten regelmäßig, zur gleichen Zeit, wie vom Arzt empfohlen, eingenommen werden.
- Die Dosis sollte eingehalten werden, auch wenn man sich sehr gut fühlt oder wenn man kurzfristig unter Nebenwirkungen der Medikamente zu leiden hat.
- Wenn man versehentlich eine erheblich höhere Dosis als die empfohlene eingenommen hat oder die Medikamenteneinnahme mehr als einmal vergessen hat, sollte man den Arzt informieren.
- Wenn man die Medikamenteneinnahme nur einmal vergisst, sollte man trotzdem weiterhin den ganz normalen Einnahme-Rhythmus einhalten (und nicht bei der nächsten Einnahme die doppelte Dosis nehmen).
- Man sollte nie irgendwelche zusätzlichen Medikamente, die der behandelnde Arzt nicht verschrieben hat, in der Apotheke oder Drogerie einkaufen und einnehmen. Aufgrund des komplexen Wirkungsmechanismus der Immunsuppresiva sind erhebliche Wechselwirkungen mit anderen teils völlig harmlosen Medikamenten bekannt. So kann z. B. die Einnahme von Johanniskraut, einem häufig verwendeten rein pflanzlichen Medikament gegen Depressionen, die Serumspiegel der Immunsuppressiva stark absenken und zu Abstoßungsreaktionen führen.
- Zusätzlich sollten die Basis-Immunsuppressiva Cyclosporin und Tacrolimus nicht unter Verwendung von Grapefruitsaft eingenommen werden. Dieser wird über ein ähnliches Enzym wie die Substanzen verstoffwechselt und kann deshalb deren Abbau hemmen. Damit kann es zu erheblich gesteigertem Spiegel der Medikamente kommen, die wiederum starke Nebenwirkungen zur Folge haben können.
Postoperative Komplikationen und Abstoßungsreaktionen
Jeder Patient, der sich größeren chirurgischen Eingriffen unterzieht, kann postoperative Komplikationen erfahren. Transplantierte Patienten haben das zusätzliche Risiko der Immunsuppression, die ihr Immunsystem schwächt und damit auch die Fähigkeit, Infektionen zu bekämpfen. Die Mehrheit der Patienten nach Lungentransplantation erfahren tatsächlich auch kleinere Komplikationen in den ersten Wochen nach Transplantation. Diese sind allerdings kein Grund für ernsthafte Befürchtungen, da sie in der Regel durch die Behandlung von erfahrenen Transplantationsärzten ohne Probleme gemeistert werden können.
Neben den bei jeder Operation möglichen Komplikationen wie unter anderem Wundinfektionen, Lungenentzündung, die Möglichkeit einer Thrombose mit nachfolgender Lungenembolie sind nach einer Lungentransplantation von chirurgischer Seite die Anastomosen zwischen Spender- und Empfängerbronchus am kritischsten. Während ein Auseinanderklaffen (Dehiszenz) sehr selten ist, kann in einigen Fällen - typischerweise nach 2-6 Monaten – an dieser Stelle eine Stenose entstehen, die allerdings mittels Ballondilatation oder Stentimplantation im Rahmen einer Bronchoskopie behoben werden kann.
Bei einer Abstoßungsreaktion ist es außerordentlich wichtig, die Warnsignale zu kennen und bei deren Auftreten sofort die betreuenden Transplantationsärzte zu kontaktieren. Mögliche Zeichen einer Abstoßungsreaktion sind: Schwächegefühl, schnelles Ermüden, erhöhte Temperatur über 38,5° C über mehrere Stunden, Atemnot bei geringen Anstrengungen, permanenter Hustenreiz.
Bei Verdacht auf Abstoßung müssen zusätzliche klinische Untersuchungen durchführt werden, eine Lungenfunktionsanalyse mit Blutgasanalyse, eine Computertomographie der Lunge und eine Probenentnahme des Lungengewebes mittels Bronchoskopie gewonnen werden. Wenn eine akute Abstoßungsreaktion klinisch oder histologisch diagnostiziert wurde, wird eine zusätzliche medikamentöse Behandlung eingeleitet. Eine akute Abstoßungsreaktion kann sehr gut behandelt werden und stellt kein großes Risiko für den Patienten dar. Wichtig ist die Früherkennung. Deshalb sollte beim Auftreten von abstoßungsrelevanten Symptomen umgehend der betreuende Transplantationsarzt benachrichtigt werden.
Am Tag der Entlassung aus der Anschlussheilbehandlung erfolgt eine ambulante Vorstellung am Transplantations-Zentrum, um das weitere Procedere nach Lungentransplantation zu planen.
Zeitplan der ambulanten und stationären Verlaufskontrolle
Im ersten Jahr nach Lungentransplantation erfolgen regelhaft drei stationäre Verlaufskontrollen. Diese umfassen jeweils eine Labor- und Medikamentenspiegelkontrolle, ein Elektrokardiogramm (EKG), eine Lungenfunktionsprüfung mit Blutgasanalyse, eine Computertomographie des Thorax, sowie eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage zur anlasslosen mikrobiellen Erregerdiagnostik und transbronchialer Biopsie zur Detektion möglicher Transplantatreaktionen. Aufgrund des erhöhten Pneumothorax-Risikos nach transbronchialer Biopsie erfolgt eine stationäre Überwachung mit Röntgen-Thorax Kontrolle. Weiter erfolgt eine klinische Beurteilung, eine Anpassung der immunsuppresiven Therapie und die Detektion und Behandlung von Komplikationen, wie zum Beispiel die Behandlung einer akuten Transplantatreaktion oder auch einer eingeschränkten Nierenfunktion als eine der gängigsten Komplikation.
Zwischen den stationären Kontrollen werden ergänzend regelmäßige, ambulanten Verlaufskontrollen durchgeführt. Im ersten Jahr nach Transplantation sind drei bis sechs Termine, je nach Abstimmung mit den niedergelassenen Pneumologen, vorgesehen. Es erfolgen jeweils Labor- und Medikamentenspiegelkontrollen, ein EKG und eine Lungenfunktionsanalyse mit Blutgasanalyse. Nach dem ersten Jahr schließen sich quartalsweise ambulante Nachsorgetermine an. Regelhaft wird mindestens einmal jährlich eine Computertomographie des Thorax durchgeführt.
Die Bestimmung wichtiger Laborparameter sollte allerdings trotzdem weiterhin regelmäßig durchgeführt werden. Dies kann beim Hausarzt erfolgen. Lediglich die Bestimmung der Medikamentenspiegel erfolgt im Labor des Transplantationszentrum. Mittels Versandsets erfolgt die Übermittlung der Blutproben vom Hausarzt an das Labor. In einer eigens dafür eingerichteten Spiegelsprechstunde wird jeder Wert durch eine medizinisch-technische Assistentin kontrolliert um anschließend ärztlich besprochen und gegeben falls eine Dosis-Anpassung zu entscheiden. Die Patienten werden anschließend telefonisch informiert.