Voraussetzungen und Möglichkeiten einer Lungentransplantation
Lungenerkrankungen, die eine Transplantation notwendig machen können
Verschiedenste Lungenerkrankungen im Endstadium können die Indikation für eine Lungentransplantation darstellen. Grundsätzlich sollten die Patientinnen und Patienten bei der Entscheidung für eine solche Transplantation eine auf Grund ihrer Primärerkrankung reduzierte Lebenserwartung und eine deutlich reduzierte Lebensqualität aufweisen. Darüber hinaus sollten alle konservativen Maßnahmen, darunter vor allem medikamentöse und auch chirurgischen Therapieoptionen ausgeschöpft sein und trotzdem eine kontinuierliche Verschlechterung des Zustandes zu beobachten sein. In dieser Phase leiden die Patientinnen und Patienten bereits unter geringsten Anstrengungen unter erheblicher Luftnot.
Grundsätzlich kann man zwei Gruppen von Lungenerkrankungen unterscheiden: Solche, die das Lungengewebe betreffen (parenchymatöse Erkrankungen) und Erkrankungen, die die Lungengefäße betreffen (vaskuläre Erkrankungen).
Zu den parenchymatösen Erkrankungen, die zur Lungentransplantation führen können, gehören:
- Lungenemphysem und Chronisch Obstruktive Lungenerkrankungen (COPD)
- Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
- Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF)
- Bronchiektasien
- Interstitielle Lungenerkrankungen, wie Idiopathische Lungenfibrose (IPF), Exogen allergische Alveolitis, Langerhanszell-Histiozytose (Histiozytosis X)
- Sarkoidose
- Lymphangioleiomyomatose
- Chronische Abstoßungsreaktionen nach Lungentransplantation (CLAD)
Zu den vaskulären Lungenerkrankungen, die eine Lungentransplantation indizieren können, gehören:
- Primär pulmonale Hypertonie
- Sekundär pulmonale Hypertension bei Eisenmenger Syndrom
- Sekundär pulmonale Hypertension bei chronischen pulmonalen Thromboembolien
Die meisten Patientinnen und Patienten, die auf eine Lungentransplantation warten, benötigen eine Sauerstoff–Langzeittherapie. Die eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit drückt sich im 6-Minuten-Geh-Test aus, der oft unter 400 Metern liegt.
Die obere Altersgrenze für eine Lungentransplantation beträgt in der Regel 65 Jahre. Wichtiger als das chronologische Alter ist allerdings der Allgemeinzustand der Patientinnen und Patienten und das Funktionstüchtigkeit der anderen Organsysteme.
Lungentransplantationen am Klinikum der Universität München: Aufteilung nach Grunderkrankungen (2018)
Wann kann eine Lungentransplantation nicht durchgeführt werden?
Bei einer im Körper generalisierten Infektion, und/oder beim Eindringen von Krankheitserregen in die Blutbahn (Sepsis) kann eine Lungentransplantation nicht durchgeführt werden. Auch bösartige Tumoren verbieten eine Lungentransplantation. In beiden Fällen würde die nach der Transplantation notwendige Immunsuppression zu einer unkontrollierbaren Ausbreitung der Infektion oder zu einem verstärkten Tumorwachstum führen. Zurückhaltung ist bei Patienten über 65 Jahren, fortgeschrittenen Herz-Kreislauferkrankungen, ausgeprägter Nierenschädigung, chronischem Alkoholmissbrauch, aktivem Nikotinkonsum und einer fehlenden Patientenkooperation sowie psychische Erkrankungen (z.B. schwere Depressionen oder Psychosen) geboten.
Mit der Organvermittlung ist die Eurotransplant-Stiftung mit Sitz in Leiden (Niederlande) beauftragt. Damit darf eine Organvermittlung innerhalb Deutschlands ausschließlich über diese Organisation erfolgen. Für jedes gemeldete Spenderorgan werden dort anhand der vorliegenden Patientendaten die in Frage kommenden Empfänger ermittelt. Dabei müssen Spender und Empfänger die gleiche Blutgruppe besitzen. Zusätzlich sollten Größe und/oder Gewicht von Empfänger und Spender einigermaßen übereinstimmen. Abweichungen zwischen zehn und 20 Prozent sind im Einzelfall akzeptabel. Dies hängt von verschiedenen medizinischen Gesichtspunkten ab (Dringlichkeit der Transplantation, Voroperationen).
Jeder aktiv gelistete Patient auf der Warteliste für eine Lungentransplantation erhält einen Punktwert: LAS-Score (Lung Allocation Score, Einführung 2011), nach diesem Wert richtig sich die Dinglichkeit für eine mögliche Lungentransplantation. Dieser Punktewert (0 – 100 Punkte) setzt sich aus vielen Kriterien zusammen (z.B. Grunderkrankung, aktuelle Ergebnisse der Lungenfunktions- und Blutgasanalyse, des 6-Minuten-Gehtest). Die Werte müssen, um eine Chancengleichheit zu gewährleiten, für alle Patienten auf der Lungentransplantationswarteliste genormt erhoben werden. Das Transplantationszentrum übermittelt die Daten an Eurotransplant. Werte unter 50 Punkte haben eine Gültigkeit von 90 Tagen, Werte über 50 Punkte haben eine Gültigkeit von 14 Tage und müssen dann jeweils aktualisiert werden.
Eine erste Vorentscheidung, ob ein entsprechendes Spenderangebot für den entsprechenden Empfänger passt, müssen die in diesen Dingen entsprechend erfahrenen Ärzte des Transplantationszentrums, das die Lungentransplantation durchführt, aufgrund der telefonisch übermittelten Daten treffen. Die endgültige Entscheidung über die Annahme eines Spenderorgans trifft dann das Explantationsteam vor Ort - nach Überprüfung aller dort vorliegenden Spenderdaten (z.B. Laborwerte, Röntgen, etc.), der Inspektion der Lungen und einer Bronchoskopie. Liegt ein adäquates Spenderorgan vor und ist der Empfänger zum Zeitpunkt der Organvermittlung in einem transplantationsfähigen Zustand, wird das Organ für diesen Patienten angenommen. Besteht beim Empfänger eine Kontraindikation für den geplanten Eingriff, so wird das Organ von Eurotransplant für den nächsten passenden Patienten auf der Warteliste angeboten.
Die meistern schwer lungeninsuffizienten Patienten haben zum Zeitpunkt der Lungentransplantation bereits eine lang dauernde Erkrankung hinter sich mit häufigen Arztbesuchen und regelmäßigen Klinikaufenthalten. Ziel der Lungentransplantation ist eine erhebliche Verbesserung des Allgemeinbefindens und der Lebensqualität.
Die seelischen Befindlichkeiten nach einer Transplantation sind für die Patienten kein leichter Spaziergang, aber doch ein Weg in ein besseres Leben. Die meisten Patienten akzeptieren relativ schnell, dass sie gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und in enger Anbindung an die betreuenden Transplantationsärzte leben müssen. Dies wird in der Regel sogar als ein gewisser Vorteil gesehen. Es gibt wenige Personengruppen, deren Gesundheit so engmaschig und kontinuierlich kontrolliert wird, wie transplantierte Patienten. Die neue Lunge wird als „eigen“, die Lungentransplantation als der Beginn eines neuen Lebens akzeptiert, das man nun bewusster führt als dies vielleicht vor der Transplantation der Fall war.
Lungentransplantierte haben gute Chancen, dieses neue Leben über einige Jahre zu genießen. Die Transplantationsmedizin hat im letzten Jahrzehnt enorme Fortschritte gemacht. Ziel der Forschung ist es vor allem, die Nebenwirkungen der Medikamente zu minimieren und die chronische Abstoßung (Bronchiolitis obliterans) zu reduzieren. Hier gibt es vielversprechende neue Ansätze, denn gerade letztere Erkrankung des transplantierten Organs führt über die Jahre gesehen häufig wieder zu einer langsamen Einschränkung der Lungenfunktion, die gegebenenfalls eine Re-Transplantation notwendig machen kann.
Prozentuales Überleben nach Lungentransplantation am Klinikum der Universität München (Jahre nach Lungentransplantation)