Vorbereitung einer Nierentransplantation und Warteliste
Vor Aufnahme auf die Wartelisten müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Nicht rückbildungsfähige angeborene oder erworbene Erkrankung des Nierengewebes, die eine Dialysebehandlung erforderlich machen oder in Kürze erforderlich machen werden
- Chronisches Transplantatversagen im Langzeitverlauf nach bereits in der Vergangenheit erfolgter Nierentransplantation
- Die Entscheidung zur Aufnahme auf die Warteliste sollten der behandelnde Nephrologe, einer der die Transplantation durchführenden Abdominalchirurgen und die Patientin bzw. der Patient gemeinsam treffen. Zusätzlich werden Narkoseärzte (Anästhesisten) hinzugezogen, um die Operabilität der Patientin bzw. des Patienten aus anästhesiologischer Sicht zu beurteilen.
- Ein Arzt aus dem Transplantationszentrum führt vor Aufnahme auf die Warteliste mit der Patientin bzw. dem Patienten ein ausführliches Aufklärungsgespräch, welches folgende Punkte umfasst:
- Risiken und Aussichten der Transplantation
- Operativ technische Vorgehensweise und mögliche Risiken des Eingriffs
- Medizinische, soziale und psychische Auswirkungen
- Immunsuppression (Medikamente zur Unterdrückung der körpereigenen Abwehrkräfte) und deren Nebenwirkungen
- Notwendigkeit und Häufigkeit regelmäßiger Kontrolluntersuchungen nach erfolgter Transplantation
- Aktuell vorliegenden bösartigen Erkrankungen (Krebs), die nicht vollständig geheilt werden konnten. Ausnahme hiervon sind auf die Nieren begrenzte Tumoren. Bei in der Vergangenheit durchgemachten Krebserkrankungen ist eine Transplantation in Einzelfällen abhängig von der Krebserkrankung und der krebsfreien Zeit möglich. Dies entscheidet das Transplantationszentrum anhand der gültigen, von den Fachgesellschaften festgelegten Leitlinien.
- Klinisch manifesten chronischen Infektionserkrankungen
- Schwerwiegenden zusätzlichen Erkrankungen (z.B. schwere Herz- oder Lebererkrankungen), die ein lebensbedrohliches Risiko für den Erfolg der Transplantation darstellen.
Während der Wartezeit sollte an folgende Punkte gedacht werden:
- Regelmäßige Überprüfung der Indikation zur Transplantation im Rahmen von ambulanten Kontrolluntersuchungen (idealerweise alle 12–24Monate)
- Sofortige Mitteilung der Patientin bzw. des Patienten an das Transplantationszentrum, falls sie/er ihre/seine Zustimmung zur Transplantation zurückziehen möchte.
- Sofortige Meldung beim Transplantationszentrum, falls ein temporärer (vorübergehender) Hinderungsgrund für die Transplantation vorliegt (z.B. Krankheit, familiäre Gründe oder eine nicht verschiebbare Reise)
Sonstiges:
- Die Patientin bzw. der Patient sollte immer über ihren/seinen Status auf der Warteliste (T für „transplantabel“ /NT für „derzeit nicht transplantabel“) informiert sein.
- Eine Patientin/ein Patient, die/der als transplantabel auf der Warteliste geführt wird, sollte vom Zeitpunkt ihrer/seiner Meldung bei Eurotransplant bei Tag und Nacht, telefonisch über Mobilfunk oder Festnetz erreichbar sein. Dies kann entscheidend für eine Transplantation sein. Eine nicht erreichbare Patientin bzw. ein nicht erreichbarer Patient verpasst womöglich die Chance auf eine Transplantation und damit auf ein „zweites Leben“. Aus diesem Grunde ist es auch außerordentlich wichtig, dass die Patientin/der Patient jede Änderung der Telefonnummern sofort dem Transplantationszentrum mitteilt. Allerdings ist das Transplantationszentrum bei Nichterreichbarkeit der Patientin/des Patienten im Falle eines Organangebotes auch hartnäckig und wird unter Umständen auch andere Möglichkeiten nutzen, um die Patientin/den Patienten zu erreichen (z.B. durch Angehörige oder Polizei).
Vor Aufnahme auf die Warteliste ist es wichtig, zu klären, ob die Patientin/der Patient aus medizinischer Sicht (abgesehen von der schweren Nierenerkrankung) für die Transplantation geeignet ist. Diese muss mit einem vertretbaren Risiko durchgeführt werden können. Dies muss immer auch vor dem Hintergrund kritisch geprüft werden, dass mit der Dialyse ein weiteres Nierenersatzverfahren zur Verfügung steht.
Neben der eingehenden Untersuchung des Herz- und Kreislaufsystems wird die Funktion der Lungen getestet und manchmal auch eine Magen- Darmspiegelung durchgeführt. Zudem sind häufig eine röntgenologische Darstellung der Nierengefäße, eine Sonographie, eine Computertomographie oder eine Kernspintomographie des Bauchraums notwendig und der gesamte körperliche Zustand wird analysiert. Umfangreiche Untersuchungen des Blutes dienen zum Ausschluss latenter Tumorerkrankungen und chronischer Infektionen.
Auch psychiatrische und psychosomatische Erkrankungen werden untersucht, beurteilt und gegebenenfalls behandelt. Sind alle Untersuchungen abgeschlossen, werden die Ergebnisse zusammengestellt und dem Transplantationszentrum übergeben. Dort entscheidet die interdisziplinäre Transplantationskonferenz bestehend aus einem Nephrologen, einem Chirurgen und einem Arzt, der nicht in den Transplantationsprozess eingebunden ist, ob die Patientin/der Patient – falls dies ihr/sein Wunsch ist – auf die Warteliste aufgenommen werden kann und soll.
Während der Wartezeit müssen regelmäßig, je nach Zustand des Patienten, etwa alle 3 Monate, Kontrolluntersuchungen vom betreuenden Nephrologen durchgeführt werden. Darüber hinaus sollte sich der Patient alle 6 ¬– 24 Monate im Transplantationszentrum vorstellen, abhängig von den Begleiterkrankungen des Patienten. Sollte sich aus diesen Untersuchungen eine Veränderung des Status des Patienten ergeben (z. B. Kurzfristig wegen einer Infektion oder eines akuten Herzinfarktes), wird dies zwischen den Spezialisten des Transplantationszentrums und dem Patienten ausführlich besprochen. Vorübergehende Erkrankungen, wie z. B. ein fieberhafter Infekt oder eine Bronchitis, Magengeschwür oder eine Verletzung durch einen Unfall müssen unverzüglich dem Transplantationszentrum gemeldet werden. Das Transplantationszentrum kann dann die Schwere dieser Erkrankung bewerten und den Patienten gegebenenfalls als nicht transplantabel melden. Während dieser „Nicht-Transplantabel“ (NT)-Zeit erhält der Patient keine Organangebote. Die NT-Zeit führt zu keinem Verlust der Wartezeit, da diese in der Regel ab dem Beginn der Dialyse gerechnet wird. Die Wartezeit kann zwischen wenigen Tagen und Wochen (äußerst selten) bis zu mehreren Jahren (auf Grund des Spendermangels häufig) dauern.
Die Wartezeit kann vor allem dann nur von kurzer Dauer sein, wenn für den Patienten ein so genanntes Fullhouse-Angebot vorliegt. Unter einem Fullhouseangebot versteht man eine Niere, die in den untersuchten Gewebemerkmalen zu 100 % zwischen Spender und Empfänger übereinstimmt. Auch wenn ein Fullhouseangebot selten zustande kommt, so sehen wir dies immer wieder in einem großen Zentrum wie der LMU.
Patienten können auch während der Wartezeit einen Beitrag zum Erfolg der zukünftigen Transplantation leisten: Der Verzicht auf übermäßigen Alkohol und auf Nikotin verhindert zusätzliche Leber- oder Lungenschäden. Das Vermeiden von größeren Menschenansammlungen vermindert die Gefahr grippaler Infekte - vor allem im Winter. Zudem konnten verschiedene Studien zeigen, dass sich die körperliche Aktivität des Patienten sehr positiv auf den späteren Transplantationserfolg auswirkt. Deshalb halten wir unsere Patienten auf der Warteliste an körperlich aktiv zu bleiben durch regelmäßiges Spazierengehen, Gymnastik treiben oder Fahrradfahren.