Instrumente
...für die Hausarztpraxis
Bevor Messinstrumente in der hausärztlichen Versorgung eingesetzt werden können, müssen sie auf die Genauigkeit und Sicherheit in diesem Kontext geprüft werden, damit sie z. B. nicht zu falschen Ergebnissen führen. Hier finden Sie eine Auswahl von uns - in der Anwendung in der Hausarztpraxis evaluierten - Messinstrumenten.
"ASRS-5 – Screening von ADHS bei Erwachsenen"
Das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) assoziieren viele mit dem Bild des kleinen Zappelphilipps. Studien zeigen, dass mehr dahinter steckt. Man vermutet, dass ca. 3,1-4,7% der Erwachsenen in Deutschland von ADHS betroffen sind. Die Symptome haben weitreichende Folgen für die Betroffenen. Wie können wir diese Patient/innen erkennen, um ihnen eine adäquate Behandlung zukommen zu lassen? Gemeinsam mit dem Entwickler Ronald Kessler validieren wir eine deutsche Version der Adult ADHD Self-Report Screening Scale for DSM-5 (ASRS-5). Das kurze Screening-Instrument besteht aus nur 6 Fragen. Eignet es sich für die Anwendung in der Hausarztpraxis? Wenn Sie es mit uns gemeinsam herausfinden wollen, wenden Sie sich bitte an Cora.Ballmann@med.uni-muenchen.de
Quelle: Ballmann C, Kölle MA, Bekavac-Günther I, Wolf F, Pargent F, Barzel A, Philipsen A, Gensichen J. Evaluation of the German Version of the Adult Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder Self-Report Screening Scale for DSM-5 as a Screening Tool for Adult Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder in Primary Care. Front. Psychol. 2022;13:858147. doi: 10.3389/fpsyg.2022.858147.
"P4 - vier Fragen zur Suizidalität"
Bei bis zu 13% der Patienten, die sich ambulant vorstellen, können auch Suizidgedanken bestehen. Vielen fällt es schwer darüber zu sprechen. Im Gespräch mit dem Patienten können möglicherweise vier Fragen zur Vergangenheit, zu Plänen, zur Wahrscheinlichkeit dies umzusetzen und zu möglichen Schutzfaktoren, helfen. Aktuell validieren wir mit Prof Kurt Kroenke eine deutsche Version. Wenn Sie an dieser wichtigen Arbeit mitwirken wollen, wenden Sie sich bitte an Karoline.Lukaschek@med.uni-muenchen.de
Quelle: Schluessel S, Halfter K, Haas C, Kroenke K, Lukaschek K, Gensichen J on behalf of the POKAL-Group. Validation of the German Version of the P4 Suicidality Tool. J. Clin. Med. 2023; 12(15):5047. https://doi.org/10.3390/jcm12155047
Bindungsstile: Der ECR-RD 12 - Experience of Close Relationships-Revised
Die Bindungstheorie kann u. a. eine als Erklärungsperspektive für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Erkrankungen sowie der Arzt-Patient Beziehung herangezogen werden. Der Experience of Close Relationships-Revised (ECR-R) ist ein international etabliertes Instrument zur Erfassung von partnerschaftsbezogener Bindung (Fraley 2000). Die deutschsprachige Version ECR-RD (Ehrenthal 2009) umfasst 36 Items und wurde bereits an einer klinischen und nicht-klinischen Stichprobe evaluiert, wobei die guten psychometrischen Eigenschaften der Originalversion bestätigt werden konnten. Es wurde eine 12 Items umfassende praktikable Kurzversion für die Primärversorgung entwickelt.
Quelle: Brenk-Franz K, Ehrenthal J, Freund T, Schneider N, Strauß B, Tiesler F, Schauenburg H, Gensichen J. Evaluation of the short form of "Experience in Close Relationships" (Revised, German Version "ECR-RD12") - A tool to measure adult attachment in primary care. PLoS One. 2018 Jan 23;13(1):e0191254. DOI: 10.1371/journal.pone.0191254. eCollection 2018.
Gesundheit und Patientenautonomie: Der HCCQ-D - Health Care Climate Questionnaire
Der Health Care Climate Questionaire (HCCQ) ist ein Instrument zur Erfassung der Atmosphäre der Gesundheitsversorgung sowie der Patientenautonomie in der ärztlichen Beratung (Williams, Grow 1996). Es wurde eine valide deutsche Übersetzung und kulturelle Anpassung des HCCQ für die Primärversorgung bereitgestellt.
Quelle: Schmidt K, Gensichen J, Petersen JJ, Szecsenyi J, Walther M, Williams G, Freund T. Autonomy support in primary care-validation of the German version of the Health Care Climate Questionnaire. J Clin Epidemiol. 2012;65(2):206-11.
Patientenaktivierung: Der PAM13-D - Patient Activation Measure
Eine aktive Beteiligung der Patienten ist sowohl bei der Gesundheitsförderung und Prävention als auch bei der Behandlung insbesondere chronischer, aber auch akuter Erkrankungen notwendig und effektiv. Insbesondere in der primärmedizinischen Versorgung spielen eine aktive Beteiligung der Patienten sowie das Selbstmanagement von Gesundheit und Krankheit eine entscheidende Rolle. Die Förderung und Ermöglichung dieser aktiven Beteiligung ist eine der Aufgaben des Hausarztes (Hollnagel 1995). Es wurde eine deutschsprachige Version für die Primärversorgung entwickelt und evaluiert.
Quelle: Brenk-Franz K, Hibbard JH, Herrmann WJ, Freund T, Szecsenyi J, Djalali S, Steurer-Stey C, Sönnichsen A, Tiesler F, Storch M, Schneider N, Gensichen J. Validation of the German Version of the Patient Activation Measure 13 (PAM13-D) in an International Multicentre Study of Primary Care Patients. PLoS One. 2013;8(9):e74786.
Arzt-Patienten-Beziehung: Der PRA - Patient Reactions Assessment
Zur Charakterisierung der Arzt-Patient-Beziehung wird häufig ein kognitiv orientierter Ansatz (cognitive care) im Gegensatz zu einem emotionalen Ansatz mit Schwerpunkt auf Empathie (emotional care) diskutiert (DiBlasi 2001). Patient Reaction Assessment (PRA) ist ein im englischen Sprachraum etabliertes und valides Instrument zur Erhebung der wahrgenommenen Qualität der Arzt-Patient-Beziehung. Der 15 Items umfassende Fragebogen unterscheidet die 3 Subskalen: Information, affektives Verhalten und Kommunikation (Galassi 1992). Es wurde eine deutschsprachige Version für die Primärversorgung entwickelt und evaluiert.
Quelle: Brenk-Franz K, Hunold G, Galassi JP, Tiesler F, Herrmann W, Freund T, Steurer-Stey C, Djalali S, Sönnichsen A, Schneider N, Gensichen J. [Quality of the physician-patient relationship – evaluation of the German version of the Patient Reactions Assessment (PRA-D)]. Qualität der Arzt-Patienten-Beziehung – Evaluation der deutschen Version des Patient Reactions Assessment Instruments (PRA-D). Z Allg Med. 2016;92(3):103-8.
Unterstützung durch die Hausarztpraxis: Der PACIC - Patient Assessment of Chronic Illness Care
Patienten mit chronischen Erkrankungen werden von Hausärzten und ihre Praxisteams neben Diagnosestellung und Therapieindikation in zahlreichen Bereichen unterstützt, wie z.B. beim Umgang mit der Erkrankung. Der PACIC ist ein aus des dem Chronic Care Model (Wagner 1998, Glasgow 2005) abgeleitetes Messwerkzeug, das diese Praxisunterstützung gut abbilden kann. Es wurden eine deutschsprachige vollumfängliche Version (a) und eine Kurzversion (b) erstellt und für die Primärversorgung evaluiert.
Quelle a: Rosemann T, Laux G, Droesemeyer S, Gensichen J, Szecsenyi J. Evaluation of a culturally adapted German version of the Patient Assessment of Chronic Illness Care (PACIC 5A) questionnaire in a sample of osteoarthritis patients. J Eval Clin Pract. 2007 Oct;13(5):806-13.
Kurzversion - Unterstützung durch die Hausarztpraxis: Patient Assessment of Chronic Illness Care - PACIC short
Quelle b: Goetz K, Freund T, Gensichen J, Miksch A, Szecsenyi J, Steinhaeuser J. Adaptation and psychometric properties of the PACICshort form. Am J Manag Care. 2012 Feb 1;18(2):e55-60. PMID: 22435885.
Selbstvertrauen im Umgang mit chronischer Krankheit: Die SES6G - Self-Efficacy Scale
Insbesondere chronisch erkrankte Patienten sehen sich der Herausforderung gegenüber, tagtäglich mit ihrer Krankheit im Alltag zurechtkommen zu müssen. Dabei zeigt sich, dass die Zuversicht eines Patienten, konkrete Aspekte der Selbstsorge tatsächlich durchführen zu können, ein wichtiges Maß für einen erfolgreichen Umgang mit chronischer Krankheit darstellt. Mit der SES6G liegt eine für den deutschen Sprachraum validierte Übersetzung der Self-efficacy for chronic illness scale von Kate Lorig et al. vor. Das Instrument enthält 6 Items mit 10-stufiger Likert-Skala. Die Reliabilität beträgt 0.93 (Cronbach's Alpha).
Quelle: Freund T, Gensichen J, Goetz K, Szecsenyi J, Mahler C. Evaluating self-efficacy for managing chronic disease: psychometric properties of the 6-item Self-Efficacy Scale in Germany. J Eval Clin Pract. 2011 Aug 23. doi: 10.1111/j.1365-2753.2011.01764.x. [Epub ahead of print]
Chronische Erkrankungen und Mortalität: Der medCDS – medication-based Chronic Disease Score
Auf der Grundlage aktueller Behandlungsleitlinien wurde ein medikationsbasierter Chronic Disease Score (medCDS) entwickelt und validiert sowie dessen Zusammenhang mit der Gesamtmortalität älterer ambulanter Patienten getestet. Bei der Entwicklung des Scores wurden sowohl die häufigsten chronischen Erkankungen in der älteren deutschen Bevölkerung berücksichtigt als auch evidenzbasierte Medikamente zu deren Behandlung. Die Ergebnisse einer Kohortenstudie zeigten, dass der neue medCDS die Mortalität älterer ambulanter Patienten signifikant besser vorhersagt als bereits bestehende Scores (z. B. RxRisk, CDS). Er kann als Tool zum Vergleich der morbiditätsbezogenen Krankheitslast und Überlebensaussichten verschiedener Populationen und Settings (z. B. Primärversorgung und Public Health) dienen.
Quelle: Quinzler R, Freitag MH, Wiese B, Beyer M, Brenner H, Dahlhaus A, Döring A, Freund T, Heier M, Knopf H, Luppa M, Prokein J, Riedel-Heller SG, Schäfer I, Scheidt-Nave C, Scherer M, Schöttker B, Szecsenyi, Thürmann P, van den Bussche H, Gensichen J, Haefeli WE. A novel superior medication-based chronic disease score predicted all-cause mortality in independent geriatric cohorts. J Clin Epidemiol. 2019 Jan; 105:112-124. DOI: 10.1016/j.jclinepi.2018.09.004. Epub 2018 Sep 22.
Depression: Die DeMol - Depressions-Monitoring-Liste
Über 60 Prozent der Patienten mit Depression werden in Hausarztpraxen behandelt. Ein regelmäßiges und strukturiertes Monitoring hilft hier der verlässlichen und rechtzeitigen Erfassung möglicher Komplikationen sowie der Patientenadherence. Mit der für die hausärztliche Arbeit entwickelten, deutschsprachigen DeMol können mit einem Ampelschema klinisch wichtige Hinweise rasch dem behandelnden Hausarzt bereitgestellt werden. Er kann dann rechtzeitig handeln.
Quelle: Gensichen J, Peitz M, Torge M, Mosig-Frey J, Wendt-Hermainski H, Rosemann T, Gerlach FM, Löwe B. The "Depression Monitoring list" (DeMoL) with integrated PHQ-D-Rationale and design of a tool for the case management for depression in primary care. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2006;100(5):375-82. German.
Angst: Die JaMol - Jena-Angst-Monitoring-Liste
Patienten mit Angst oder Panik sind häufig in Hausarztpraxen in Behandlung. Ein regelmäßiges und strukturiertes Monitoring hilft hier der verlässlichen und rechtzeitigen Erfassung möglicher Komplikationen sowie der Patientenadherence. Mit der für die hausärztliche Arbeit entwickelten, deutschsprachigen JaMol können mit einem Ampelschema klinisch wichtige Hinweise rasch dem behandelnden Hausarzt bereitgestellt werden. Er kann dann rechtzeitig handeln.
Quelle: Hiller TS, Freytag A, Breitbart J, Teismann T, Schöne E, Blank W, Schelle M, Vollmar HC, Margraf J, Gensichen J; für die Jena-PARADISE Study Group. The Jena Anxiety Monitoring List (JAMoL) - a tool for the evidence-based treatment of panic disorder with or without agoraphobia in primary care. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2018 Apr;131-132:28-37. DOI: 10.1016/j.zefq.2018.02.003. Epub 2018 Mar 13.
Arthritis: Die ArthMol - Arthritis-Monitoring-Liste
Patienten mit Arthritis erleiden eine komplex-chronische Erkrankung und sind häufig in Hausarztpraxen in Behandlung. Ein regelmäßiges und strukturiertes Monitoring hilft hier einer verlässlichen Erfassung der Komplikationen. Mit der für die hausärztliche Arbeit entwickelten, deutschsprachigen ArthMol können u. a. mit einem Ampelschema die klinisch wichtigen Hinweise rasch dem behandelnden Hausarzt bereitgestellt werden. Er kann dann die Therapie rechtzeitig anpassen.
Quelle: Rosemann T, Körner T, Wensing M, Gensichen J, Muth C, Joos S, Szecsenyi J. Rationale, design and conduct of a comprehensive evaluation of a primary care based intervention to improve the quality of life of osteoarthritis patients. The PraxArt-project: a cluster randomized controlled trial [ISRCTN87252339]. BMC Public Health. 2005 Jul 19;5:77.
Herzinsuffizienz: Die HiMol - Herzinsuffizienz-Monitoring-Liste
Patienten mit Herzinsuffizienz brauchen ein regelmäßiges Beobachten der klinischen Symptome. Das strukturierte Monitoring mit einem verlässlichen Messwerkzeug kann mögliche Komplikationen sowie die Patientenadherence rechtzeitig erfassen. Mit der für die hausärztliche Arbeit entwickelten, deutschsprachigen HiMol können mit einem Ampelschema die wichtigen Hinweise knapp dem behandelnden Hausarzt bereitgestellt werden. Er kann dann rechtzeitig Schlimmeres verhindern.
Quelle: Freund T, Baldauf A, Muth C, Gensichen J, Szecsenyi J, Peters-Klimm F. Practice-based home visit and telephone monitoring of chronic heart failure patients: rationale, design and practical application of monitoring lists in the HICMan trial]. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2011;105(6):434-45. DOI: 10.1016/j.zefq.2010.06.027. Epub 2010 Jul 21. German. PMID: 21843846.
Schwersterkrankung: Die SepMol - Sepsis-Monitoring-Liste
Um eine effiziente Nachsorge für Patienten, die auf der Intensivstation z.B. mit einer Sepsis behandelt wurden, auch in der Hausarztpraxis sicherzustellen, empfiehlt sich, ein regelmäßiges Monitoring der Folgen im Praxisteam einzuführen. Mit Hilfe eines Ampelschemas werden die sechs Hauptkomplikationen (Schmerz, Kachexie, Depression, Posttraumatische Belastung, Critical Illness Myopathie und - Neuropatie) nach einer Sepsis auf Symptomebene mit validierten Messinstrumenten regelmäßig erhoben, und entsprechende Handlungsempfehlungen in Abhängigkeit vom Schweregrad angeboten. Das für die Primärversorgung entwickelte Instrument hilft auch bei der internen Praxisabstimmung.
Quelle: Schmidt K, Worrack S, Von Korff M, Davydow D, Brunkhorst F, Ehlert U, Pausch C, Mehlhorn J, Schneider N, Scherag A, Freytag A, Reinhart K, Wensing M, Gensichen J; SMOOTH Study Group. Effect of a Primary Care Management Intervention on Mental Health-Related Quality of Life Among Survivors of Sepsis: A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2016 Jun 28;315(24):2703-11. DOI: 10.1001/jama.2016.7207.
Angststörungen: Die OASIS-D - Overall Anxiety Severity and Impairment Scale
Die „Overall Anxiety Severity and Impairment Scale“ (OASIS) ist ein angloamerikanischer Kurzfragebogen zur Schweregradbestimmung bei Angststörungen, der für den Bereich der Primärversorgung entwickelt und validiert wurde (Norman et al. 2011). Mit fünf Fragen erfasst der OASIS klinische Größen, die bei allen Angststörungen (ICD-10: F40-F43) wichtig sind: Die Häufigkeit und Intensität von Angst, die Häufigkeit von angstbedingtem Vermeidungsverhalten sowie das Ausmaß resultierender Beeinträchtigungen in beruflichen wie sozialen Lebensbereichen. Der Patient beurteilt der Patient seinen Zustand für den Zeitraum der vergangenen Woche. Der OASIS stellt somit eine effektive Hilfe bei der klinischen Diagnostik und Beurteilung dar. Unsere Validierung in deutschen Hausarztpraxen zeigt gut psychometrische Kenngrößen, sodass wir auch die deutsche OASIS-D-Version empfehlen können.
Quelle: Hiller TS, Hoffmann S, Teismann T, Lukaschek K, Gensichen J. Psychometric evaluation and Rasch analyses of the German Overall Anxiety Severity and Impairment Scale (OASIS-D). Sci Rep. 2023;13:6840. https://doi.org/10.1038/s41598-023-33355-0