Nach der OP einer Lebertransplantation
Bei komplikationslosem Verlauf wird der Patient innerhalb von wenigen Stunden nach Ankunft auf der Intensivstation wieder wach. Zu diesem Zeitpunkt ist er noch an eine Beatmungsmaschine angeschlossen.
Sobald der Patient ausreichend atmet, die Herzfunktion ohne Unterstützung von Medikamenten zufriedenstellend ist und die neue Leber und die Nieren funktionieren, kann der Patient auf die Normalstation verlegt werden. Dies ist bei Patienten ohne größere Komplikation normalerweise nach zwei bis sieben Tagen der Fall sein. Mit Hilfe und Anleitung des Pflegepersonals und Physiotherapeuten muss jeder Patient möglichst früh aus dem Bett aufstehen, sich (unter Hilfe) selber waschen und Atemübungen durchführen.
Der Patient wird nun noch für ein bis zwei Wochen stationär im Transplantationszentrum verbleiben. Diese Zeit wird genutzt, um die medikamentöse Therapie zu optimieren, die immunsuppressiven Medikamente individuell einzustellen und eventuelle Abstoßungen in dieser frühen postoperativen Phase zu erfassen. Sobald der Patient medikamentös gut eingestellt ist und keine weiteren Komplikationen auftreten, kann er in eine Nachsorgeklinik verlegt werden.
Das Wichtigste für „die Zeit danach“ ist das Erlernen einer gewissen Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit. Diese Eigenverantwortung erlernt man bei der richtigen Einstellung sehr rasch. Das dazu (neben der persönlichen Einstellung) notwendige Grundwissen erhält man unter Anleitung der betreuenden Ärzte und des Pflegepersonals sehr rasch.
Postoperative Immunsuppression
Obwohl die Spenderleber von einem blutgruppen-identischen Spender stammt, enthält sie doch viele genetische Informationen, die das Immunsystem des Empfängers als fremd erkennt. Um eine Reaktion gänzlich zu vermeiden, müsste das Spenderorgan von einer genetisch identischen Person stammen, wie dies nur bei eineiigen Zwillingen der Fall wäre. Da dies bei einer Lebertransplantation in der Regel nicht der Fall ist, ist schon vor und auch während der Operation die Verabreichung von Medikamenten erforderlich, die das Erkennen des Fremdorgans abmildern und die Abstoßung soweit wie möglich verhindern sollen.
Diese sogenannten Immunsuppressiva sind aber leider nicht so spezifisch, dass sie nur die Reaktion des Körpers auf das fremde Organ verhindern, darüber hinaus wird die Immunantwort des Körpers auf Eindringlinge von außen – also auch Bakterien, Viren oder Pilze – insgesamt geschwächt.
Deswegen ist die Kombination und Dosierung der Immunsuppression permanent ein Balanceakt zwischen der Unterdrückung der Abstoßungsreaktionen einerseits und dem Risiko der damit verbundenen erhöhten Infektanfälligkeit andererseits. Allerdings kann die Menge und Anzahl an immunsuppressiven Medikamenten, die notwendig sind um eine Abstoßung zu verhindern, bei den meisten Patienten im weiteren Verlauf nach Transplantation schrittweise verringert werden.
Medikamente
Neben den immunsuppressiven Medikamenten müssen zusätzliche Stoffe eingenommen werden. Diese sollen den Körper vor Infektionen schützen oder die Nebenwirkung der immunsuppressiven Therapie abmildern. Der Einsatz und die Art der Begleitmedikation variiert von Zentrum zu Zentrum und wird spezifisch auf an die Bedürfnisse des Patienten angepasst.
Die gängigsten Medikamente dienen der Förderung der Nierenfunktion. Die sogenannten HMG CoA-Reduktase-Hemmer senken die Cholesterinspiegel im Blut. Als blutdrucksenkende Medikamente kommen vor allem die Kalziumkanalblocker in Frage. Die Senkung des Blutzuckers ist in der Regel bei Patienten, die bereits vor Transplantation erhöhte Blutzuckerwerte aufweisen, angezeigt. Säurehemmer oder -blocker werden eingenommen, um die Säureproduktion im Magen zu reduzieren oder gebildete Magensäure zu binden.
Da bei Immunsuppression der Organismus anfälliger für verschiedene Arten von Pilzinfektionen ist, wird ein lokal wirksames Pilzmittel (Antimykotica) zur Prophylaxe einer Pilzinfektion im Magen-Darm-Bereich gegeben. Virostatika verhindern eine Vermehrung von Viren und damit die Ausbreitung einer Virusinfektion. Bei einem Cytomegalievirus positiven Organ wird für die ersten 3 Monate die prophylaktische Gabe einer antiviralen Medikation empfohlen (z.B. Valgancilclovir). Auch bei anderen viralen Erkrankungen wie zum Beispiel der Hepaitis B und C muss auch nach der Lebertransplantation weiterhin eine antivirale Therapie eingenommen werden, um Rückfälle zu vermeiden. Medikamente gegen Bakterien werden nur bei entsprechenden Infektionen verordnet. Eine Prophylaxe gegen eine Pneumocystis carinii Infektion wird für die ersten 4–6 Monate empfohlen.
Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme
Zusammengefasst sollten folgende Regeln bei der Medikamenteneinnahme unbedingt beachtet werden:
- Die Medikamente sollten regelmäßig, zur gleichen Zeit, wie vom Arzt empfohlen, eingenommen werden.
- Die Dosis sollte eingehalten werden, auch wenn man sich sehr gut fühlt oder wenn man kurzfristig unter Nebenwirkungen der Medikamente zu leiden hat.
- Wenn man versehentlich eine erheblich höhere Dosis als die empfohlene eingenommen hat oder die Medikamenteneinnahme mehr als einmal vergessen hat, sollte man den Arzt informieren.
- Wenn man die Medikamenteneinnahme nur einmal vergisst, sollte man trotzdem weiterhin den ganz normalen Rhythmus einhalten (und nicht bei der nächsten Einnahme die doppelte Dosis nehmen).
- Man sollte nie irgendwelche zusätzlichen Medikamente, die der behandelnde Arzt nicht verschrieben hat, in der Apotheke oder Drogerie einkaufen und einnehmen. Aufgrund des komplexen Wirkungsmechanismus der Immunsuppresiva sind erhebliche Wechselwirkungen mit anderen teils völlig harmlosen Medikamenten bekannt. So kann z. B. die Einnahme von Johanniskraut, einem häufig verwendeten rein pflanzlichen Medikament gegen Depressionen, die Serumspiegel der Immunsuppressiva stark absenken und zu Abstoßungsreaktionen führen.
- Zusätzlich sollten die Basis-Immunsuppressiva Cyclosporin und Tacrolimus nicht unter Verwendung von Grapefruitsaft eingenommen werden. Dieser wird über ein ähnliches Enzym wie die Substanzen verstoffwechselt und kann deshalb deren Abbau hemmen. Damit kann es zu erheblich gesteigertem Spiegel der Medikamente kommen, die wiederum starke Nebenwirkungen zur Folge haben können.
Jeder Patient, der sich größeren chirurgischen Eingriffen unterzieht, kann postoperative Komplikationen erfahren. Transplantierte Patienten haben das zusätzliche Risiko der Immunsuppression, die ihr Immunsystem schwächt und damit auch die Fähigkeit, Infektionen zu bekämpfen. Die Mehrheit der Patienten erfahren tatsächlich auch kleinere Komplikationen in den ersten Wochen nach Transplantation. Diese sind allerdings kein Grund für ernsthafte Befürchtungen, da sie in der Regel durch die Behandlung von erfahrenen Transplantationsärzten ohne Probleme gemeistert werden können.
Neben den bei jeder Operation möglichen Komplikationen wie unter anderem Wundinfektionen, Lungenentzündung, die Möglichkeit einer Thrombose mit evtl. nachfolgender Lungenembolie birgt eine Lebertransplantation auch einige typische Komplikationsmöglichkeiten.
Die wesentlichen frühen Komplikationen nach Lebertransplantation bestehen in einer primären Nichtfunktion der Transplantatleber, welche unter Umständen eine notfallmäßige Retransplantation notwendig macht. Aufgrund der teilweise schlechten Blutgerinnung durch die Lebererkrankung und der notwendigen Gefäßnähte besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko. In 1-2% der Transplantationen kommt es zu einem Verschluss (Thrombose) der Leberarterie, die langfristig eine erneute Lebertransplantation nötig machen kann. An der neu angelegten Gallengangsverbindung kann es zu einem Leck oder Verengungen (Stenosen) kommen. Das Infektionsrisiko, besonders hinsichtlich Pilz- und Virusinfektionen, ist durch die notwendige Immunsuppression erhöht.
Bei einer Abstoßungsreaktion ist es außerordentlich wichtig, die Warnsignale zu kennen und bei deren Auftreten sofort die betreuenden Transplantationsärzte zu kontaktieren. Mögliche Zeichen einer Abstoßungsreaktion sind: Schwächegefühl, schnelles Ermüden, erhöhte Temperatur über 37,5° C über mehrere Stunden, Appetitlosigkeit, Schmerzen im Bauchraum, lehmfarbener Stuhl, dunkler Urin und Gelbfärbung von Augenskleren und Haut.
Die Diagnose einer akuten Abstoßung wird anhand klinischer, laborchemischer und histologischer Kriterien (Nadelbiopsie) gestellt.
Die Therapie der akuten Abstoßung besteht in der Applikation von hochdosiertem Kortison (Methylprednisolon (500mg) an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Gleichzeitig wird die Basisimmunsuppression erhöht und ggf. ein zusätzliches immunsuppressives Präparat dazugegeben. Beim Vorliegen einer kortisonresistenten Abstoßung erfolgt die Therapie mit einer gegen T-Zellen gerichteten Antikörpertherapie über 3 bis maximal 10 Tage. Aufgrund der Verbesserung in der Immunsuppression wird die chronische Abstoßung nach Lebertransplantation nur noch selten beobachtet.
Spätkomplikationen nach Lebertransplantation beinhalten die Wiederkehr der Grunderkrankung (Hepatitis, Lebertumor), ein erneutes (chronisches) Leberversagen mit der Notwendigkeit einer erneuten Leber(re)transplantation. Das allgemeine Tumorrisiko ist durch die Immunsuppression auf das ca. 3-fache erhöht. Weiterhin können die notwendigen Medikamente gegen Abstoßung zu Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Bluthochdruck (Hypertonie) und langsamen Nierenversagen (mit evtl. späterer Dialysepflichtigkeit) führen.
Nach Abschluss der stationären Behandlung erfolgt in der Frühphase nach Transplantation zunächst einmal pro Woche eine ambulante Kontrolle. Dabei werden Blut-, Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen gemacht sowie gegebenenfalls eine Feinnadelbiopsie der Leber durchführt. Bei stabiler Transplantatfunktion werden dann die Abstände zwischen den Kontrollen im weiteren Verlauf immer länger.
Die Bestimmung wichtiger Laborparameter sollte allerdings trotzdem weiterhin regelmäßig (ca. alle vier Wochen) durchgeführt werden. Dies kann beim Hausarzt erfolgen. Lediglich die Bestimmung der Medikamentenspiegel muss in einem Speziallabor durchgeführt werden. Dieses übermittelt die Werte dann dem Transplantationszentrum, das gegebenenfalls eine Adaptierung der Dosis dem Patienten telefonisch mitteilt.