Internationale AIDS-Konferenz: Erstmals in München
Professor Johannes Bogner ist Infektiologe und Leiter der Abteilung für Infektiologie am LMU Klinikum. Er war maßgeblich an der Bewerbung des Konferenzstandorts München beteiligt.
„HIV ist noch immer ein globales Problem mit ungefähr 40 Millionen Betroffenen. Obwohl es inzwischen hervorragende Prävention und Aufklärung gibt und modernste Diagnostik inklusive Selbsttest zur Verfügung steht, sind doch jedes Jahr mehr als 1,3 Millionen neue Infektionen zu verzeichnen – in Deutschland etwa 2.000. Der Kampf gegen das HI-Virus ist also noch nicht gewonnen. Es bedarf weiterer Verbesserungen durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse und auch durch neue Medikamente.
Um hierfür den Austausch zu ermöglichen, wird vom 22. bis zum 26. Juli 2024 die 25. Welt-AIDS-Konferenz (AIDS2024) stattfinden. Ab dem 21. Juli 2024 ist das für die Öffentlichkeit kostenfrei zugängliche Global Village zu Gast. AIDS2024 ist die wichtigste politische und wissenschaftliche Konferenz im Kampf gegen HIV und wird von der Welt-AIDS-Gesellschaft (IAS) veranstaltet. Wir sind stolz und glücklich, dass es uns zusammen mit Professor Christoph Spinner von der Technischen Universität München gelungen ist, diese Konferenz erstmals nach München zu holen.
In über 40 Symposien werden aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in sechs verschiedenen Kategorien geteilt und diskutiert. Es werden um die 15.000 Delegierte erwartet und auch der ein oder andere namhafte Politiker, Vertreterinnen des öffentlichen Lebens sowie Künstler werden auf der Konferenz und im Global Village anzutreffen sein.“
Impfstoffe gegen HIV
Dr. Arne Kroidl ist Facharzt für Innere Medizin und Leiter der Unit HIV und Koinfektionen am Institut für Infektions- und Tropenmedizin.
„Die Entwicklung eines Schutzimpfstoffs gegen HIV ist ein wichtiges Präventionsziel im weltweiten Kampf gegen die HIV/AIDS-Pandemie. Trotz mehr als 30 Jahren Forschung gibt es jedoch noch immer kein wirksames HIV-Vakzin. Bislang konnte nur eine einzige Studie eine moderate Schutzwirkung unter Verwendung eines HIV-Impfschemas aus viralen Vektoren und rekombinanten Proteinen nachweisen. Seither wurden umfassende Studien zur Wirksamkeit von Impfstoffen mit verschiedenen viralen Vektor-/Protein-basierten Verfahren in HIV-Hochrisikopopulationen durchgeführt, die jedoch aufgrund mangelnder Wirksamkeit vorzeitig abgebrochen wurden. Dazu gehört auch die jüngste, kürzlich eingestellte DNA-/Virusvektor-/Protein-basierte PrePVacc-Wirksamkeitsstudie, deren Ergebnisse auf der AIDS-Konferenz in München vorgestellt werden.
Das Tropeninstitut beteiligt sich seit über 20 Jahren an der HIV-Impfstoffforschung in Afrika in Zusammenarbeit mit europäischen, US-amerikanischen und afrikanischen Partnern, die zur Gründung des PrePVacc-Netzwerks geführt hat. Die Zusammenarbeit umfasst die Durchführung klinischer Studien und die immunologische Analyse von Zusammenhängen zwischen Impfstoffimmunität und Impfschutz, die an unseren afrikanischen Partnereinrichtungen durchgeführt werden.“
Die Lage im Globalen Süden
Professor Michael Hoelscher ist Direktor des Instituts für Infektions- und Tropenmedizin am LMU Klinikum.
„Nach mehr als vier Jahrzehnten des Kampfes gegen HIV/AIDS sind wir immer noch mit der Aufgabe konfrontiert, für Länder mit knappen Ressourcen Unterstützung zu mobilisieren sowie die Prävention und Therapien zu verbessern, insbesondere für die am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Das Tropeninstitut München setzt sich weiterhin für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Globalen Süden ein.
In den vergangenen 35 Jahren haben wir gemeinsam mit unseren langjährigen Partnern in Tansania, Äthiopien und Mosambik zahlreiche Studien durchgeführt, um bessere monoklonale Antikörper, Impfstoffe, Diagnoseinstrumente und Behandlungsprotokolle für Mütter und ihre Neugeborenen zu entwickeln. Außerdem konzentrieren wir uns auf die Verbesserung der Behandlung von Tuberkulose, der häufigsten Todesursache bei HIV-Infizierten.
Unsere Forschung zielt auch darauf ab, bisher unbekannte Risikofaktoren wie etwa Infektionen mit parasitären Würmern aufzudecken, die zur Ansteckung mit HIV beitragen. Durch die Behandlung dieser Koinfektionen können wir die HIV-Belastung möglicherweise verringern. Das Tropeninstitut München führt diese wichtige Arbeit in Zusammenarbeit mit globalen Partnern durch, darunter das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) in Deutschland sowie Institutionen in ganz Europa und den Vereinigten Staaten.“
HIV bei Kindern
Arne Kroidl: „Das Ziel der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung sieht vor, dass es bis 2030 keine neuen HIV-Infektionen bei Kindern mehr geben soll. Die HIV-Neuinfektionen bei Kindern sind von 2010 bis 2020 um mehr als die Hälfte zurückgegangen, was in erster Linie auf die verstärkte Bereitstellung einer antiretroviralen Therapie für schwangere und stillende Frauen, die mit HIV leben, und die postnatale prophylaktische Behandlung von Säuglingen zurückzuführen ist. Nach wie vor leben schätzungsweise 1,5 Millionen Kinder im Alter bis zu 14 Jahren mit HIV, und noch immer werden jedes Jahr 130.000 Säuglinge neu infiziert. Ohne sofortigen Zugang zu lebensrettender HIV-Behandlung ist die Säuglingssterblichkeit hoch.
Das Tropeninstitut München leitet das Netzwerk LIFE – in Zusammenarbeit mit afrikanischen und europäischen Partnern werden klinische Studien für HIV-infizierte Mütter und ihre Säuglinge in Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung in Tansania und Mosambik durchgeführt. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf dezentrale neonatale HIV-Tests und -Therapien, die Identifizierung von Hochrisikofällen für eine vertikale HIV-Übertragung und die Senkung der Kleinkindsterblichkeit. Außerdem werden neue präventive und therapeutische Strategien im Zusammenhang mit der Entwicklung von breit neutralisierenden Antikörpern untersucht.“