Diagnostische Forschung: Vernachlässigte Mykobakterielle Erkrankungen
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LeitungProf. Dr. med. Gisela BretzelOberärztin, Laborleitung (diagnostische Labore)TeamDr. med. Marcus BeißnerAffiliierter WissenschaftlerKerstin HelfrichBTA, stellv. leitende TA, stellv. QMBProf. Dr. med. KH. Herbingerexterner Mitarbeiter, affiliierter WissenschaftlerMalkin SaarMSc, QMB+49 (0)89 2180-3512Ogäolu/RggpvimenfulGvfiuyzSiusmiLaufende PromotionenMalkin SaarMSc, QMB+49 (0)89 2180-3512Ogäolu-RggpYvim/ful_vfiuyziu miTamaz TsulajaDoktorandAlumniAbgeschlossene Promotionen/PhDsDr. Dominik MüllerDr. Anna Wöstemeier
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Laufende Projekte
Point of care test for Buruli ulcer: Development and evaluation of a dry-reagent based LAMP test to detect M. ulcerans (Buruli DRB-LAMP)Projektleiter: Dr. med. Marcus Beißner
Buruli Ulcus (BU), die dritthäufigste Mykobakterienerkrankung nach Tuberkulose und Lepra, wurde bisher aus 35 Ländern weltweit gemeldet, der Fokus der Erkrankung liegt dabei in West- und Zentralafrika. BU ist eine Erkrankung der Haut und des subkutanen Fettgewebes, auch Knochenbeteiligung ist möglich. Durch Narbenbildung und Kontrakturen können schwerste Behinderungen entstehen, daher sind die frühe Diagnose und Behandlung essentiell. Die Therapie erfolgt mittels achtwöchiger antimykobakterieller Kombinations- therapie durch Rifampicin und Clarithromycin, ggf. in Kombination mit chirurgischen Maßnahmen. Die WHO fordert die Laborbestätigung von 70% aller BU-Fälle weltweit. Diese erfolgt vorzugsweise mittels PCR, einer hochsensitiven und –spezifischen Diagnostik-methode, wobei ein in >200 Kopien im Bakteriengenom vorhandenes Insertionselement (IS2404) nachgewiesen wird. Die Anwendung der PCR ist allerdings auf entsprechend ausgestattete Referenzlabore beschränkt. Um den Zugang der betroffenen, meist in ländlichen Gebieten lebenden Bevölkerung zur Diagnostik zu verbessern, erörterte ein Expertengremium der WHO und der „Foundation for Innovative Diagnostics (FIND)“ die Einführung feldtauglicher Point of Care Diagnostikmethoden in dezentralen Laboren endemischer Länder. Eine vielversprechende Technologie auf der Agenda von WHO und FIND ist hierbei die loop-mediated isothermal amplification (LAMP), eine einfache, robuste und schnelle Methode, die keine hochspezialisierten Laborgeräte benötigt. In Zusammenarbeit mit FIND, dem Noguchi Memorial Institute für Medical Research (NMIMR), Accra, Ghana, und der Firma AmplexDiagnostics, entwickelte, optimierte und validierte die Arbeitsgruppe um Herrn Dr. Beißner den Prototyp einer trockenreagenz-basierten (DRB-) IS2404 LAMP, durchführbar mittels eines portablen Fluorimeters. In einem Folgeprojekt sollen nun die Leistungsmerkmale des Assays sowie seine Eignung für dezentrale Labore in einer Feldstudie in Togo überprüft werden. Zu diesem Zweck werden diagnostische Proben von 187 BU-Verdachtsfällen in einem dezentralen Labor und im togoischen BU-Referenzlabor mittels IS2404-DRB-LAMP und IS2404 real time qPCR (der in Togo standardmäßig durchgeführten Testmethode) simultan getestet. Bewährt sich die IS2404-DRB-LAMP unter Feldbedingungen, wird der Assay routinemäßig in dezentralen Laboren Westafrikas eingesetzt. Eine vergleichbare Studie wird derzeit von unseren Kooperationspartnern in Ghana durchgeführt.
Trockenreagenzbasierte (DRB) LAMP zum Nachweis von M. lepraProjektleiterin: Malkin Saar, MSc
Nach der Ridley-Jopling Klassifikation, die u.a. auf bakteriologischen Befunden beruht, wird die Lepra in tuberkuloide, borderline und lepromatöse Formen eingeteilt. Gemäß einer vereinfachten, feldbasierten WHO Klassifikation werden lediglich nach der Zahl der Läsionen paucibazilläre Formen (≤5 Läsionen) und multibazilläre Formen (>5 Läsionen) unterschieden, die unterschiedlich therapiert werden. Ohne bakteriologischen Nachweis kann es bei dieser vereinfachten Einteilung jedoch zu fehlerhafter Einstufung, und in Folge zu inadäquater Therapie kommen. Diverse Studien evaluierten den bakteriologischen Nachweis von M. leprae aus Hautbiopsien, „skin smears“ und Nasenabstrichen mittels verschiedener PCR-basierter Methoden zur Diagnostik und Klassifikation der Erkrankung. Trotz der deutlichen Überlegenheit der PCR gegenüber anderen diagnostischen Methoden wird die Anwendung der PCR aufgrund der Komplexität der Methode, des Bedarfs an geschultem Personal und des Fehlens standardisierter, kommerzieller Testkits von der WHO derzeit nicht empfohlen. Die LAMP-Technologie würde hier Abhilfe schaffen. Basierend auf den Erfahrungen mit der oben beschriebenen trockenreagenzbasierten Buruli-DRB-LAMP entwickelte und validierte unsere Arbeitsgruppe einen Lepra DRB-LAMP Assay zum Nachweis des lepraspezifischen repetitiven Elementes RLEP aus Nasenabstrichen. Die klinische Validierung des Assay wird derzeit anhand von Patientenproben aus Togo durchgeführt.
Untersuchungen zur Transmission der Lepra in TogoProjektleiter: Dr. med. Marcus Beißner
Doktorandinnen: Anna Wöstemeier (abgeschlossen), Malkin Saar, MSc (laufend)
Mehr als 200.000 Neuinfektionen pro Jahr sprechen für eine nach wie vor andauernde Transmission der Lepra, wobei von einer aerogenen Übertragung über Tröpfcheninfektion via Mund- und Nasenschleimhaut auszugehen ist. Zur Detektion, Quantifizierung und dem Nachweis der Viabilität von M. leprae in der Nasenschleimhaut von Patienten und deren Kontaktpersonen, entwickelte und validierte die Arbeitsgruppe einen kombinierten RLEP real time qPCR/16 S rRNA RT qPCR Assay (Nachweis und Quantifizierung von M. leprae DNA/ Nachweis mykobakterieller RNA≙Viabilität). Der sensitive und spezifische Assay wird bei Patienten unserer Ambulanz zur frühzeitigen Laborbestätigung von Verdachtsfällen und der Kontrolle des Behandlungserfolges eingesetzt und erlaubt darüber hinaus epidemiologische Untersuchungen zur Transmission des Erregers.
Eine Studie in Togo sollte den Anteil infizierter Personen unter Kontaktpersonen von Leprapatienten ermitteln und die Bedingungen klären unter denen Transmission stattfindet. Zunächst wurden Nasenabstriche von 80 Lepraverdachtsfällen mittels des kombinierten Assays untersucht. 52 Fälle (65%) wurden laborbestätigt, 24 von 46 untersuchten laborbestätigten Fällen (52%) hatten einen positiven Viabilitätsnachweis.
Von 36 laborbestätigten und als Indexpatienten rekrutierten Patienten (davon 68% mit positivem Viabilitätsnachweis) wurden 255 enge Kontaktpersonen (meist Haushaltskontakte, bis zu zehn pro Indexpatient) rekrutiert und ebenfalls mittels des kombinierten Assays getestet. Bei 11% (n=27) aller Kontaktpersonen konnte mittels Nasenabstrich M. leprae DNA nachgewiesen werden (alle positiv getesteten Kontaktpersonen stammten aus dem Umfeld von nur 14 der 36 Indexpatienten), eine Kontaktperson hatte auch einen positiven Viabilitätsnachweis (0.39% aller Kontaktpersonen).
Indexpatienten mit hoher Bakterienlast (>10.000 Bakterien/Nasenabstrich) und viablen Bakterien im Nasenabstrich hatten in der Regel mehr positive Kontaktpersonen als Indexpatienten mit geringerer Bakterienlast und fehlendem Nachweis viabler Bakterien. Ebenso fanden sich in Familien mit mehreren Leprafällen mehr positive Kontaktpersonen als in Familien mit nur einem Krankheitsfall.
BU LabnetProjektpartner: Prof. Dr. Gisela Bretzel, Dr. Marcus Beißner
Im Hinblick auf fehlende Standardisierung molekularbiologischer Diagnostikmethoden und abnehmende Zahlen laborbestätigter Buruli Ulkus Fälle wurde im Oktober 2019 anlässlich eines Meetings im Institute Pasteur, Kamerun, unter Schirmherrschaft der WHO das BU-Labnet, ein Zusammenschluss von 11 PCR-Diagnostiklaboren aus 9 afrikanischen Ländern, gegründet. Ziele des Netzwerks sind die Schaffung einheitlicher Qualitätsstandards mittels standardisierter Methoden, Reagenzien und Labormaterialien, sowie interner und externer Qualitätskontrolle durch Ringversuche und Laborsupervisionen in Verbindung mit Trainingsmaßnahmen. Das Netzwerk bietet mittelfristig Perspektiven zur Akkreditierung der beteiligten Laboratorien sowie eine Plattform für internationale Forschungskooperationen im Bereich des Buruli Ulkus und anderer vernachlässigter tropischer Erkrankungen.
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- Kwame Nkrumah University of Science and Technology (Komfo Anokye Teaching Hospital & Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine), Kumasi, Ghana
- Deutsche Lepra und Tuberkulosehilfe e.V., Würzburg, Deutschland
- Deutsche Lepra und Tuberkulosehilfe e.V., Länderbüro Togo, Lomè, Togo
- Insititut National d’Hygiène, Lomè, Togo
- Global Buruli Ulcer Initiative, World Health Organization, Geneva, Switzerland
- BU-Labnet, Institute Pasteur, Yaounde Kamerun
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RLEP LAMP for the laboratory confirmation of leprosy: towards a point-of-care test.
Saar M, Beissner M, Gultekin F, Maman I, Herbinger KH, Bretzel G.
BMC Infect Dis. 2021;21:18.Weitere Publikationen, siehe Gesamtübersicht: