Am 14. September 2024 von 10 bis 16 Uhr präsentiert sich die LMU Medizin beim Tag der Offenen Tür am Campus Großhadern mit einem vielfältigen Programm für die gesamte Familie: mit Vorträgen, Führungen, Infoständen und Mitmach-Aktionen. Dazu gibt es ein buntes und spannendes Rahmenprogramm mit prominenten Gästen, Aktivitäten für Kinder, Foodtrucks und Musik.
MEDIZIN
KRANKE AORTA - DER WEG ZUR GENESUNG
Wie ein Patient nach einer lebensgefährlichen Ärzteodyssee im Universitären Aortenzentrum des LMU Klinikums wieder neuen Lebensmut schöpfte
Viele Jahre lang hat Harald Reiter nicht gewusst, dass er praktisch permanent in Lebensgefahr schwebte. „Alles begann vor etwa 20 Jahren damit, dass ich körperlich nicht mehr so belastbar war“, erinnert sich der heute 56-Jährige. Er, der bis dahin jede Woche mindestens 60 Kilometer gelaufen war, fand plötzlich alltägliche Aktivitäten wie Treppensteigen extrem anstrengend. „Chronisches Erschöpfungssyndrom“ lautete schließlich die ärztliche Diagnose – eine organische Ursache hatte man nicht feststellen können. Im Februar 2018 war Harald Reiter plötzlich querschnittsgelähmt. Aus der Klinik, in die er als Notfall eingeliefert worden war, wurde er jedoch kurze Zeit später wieder entlassen – der Verdacht „Bandscheibenvorfall“ hatte sich nicht bestätigt. Dass Harald Reiter eigentlich umgehend auf den OP-Tisch des Herzchirurgen gehört hätte, blieb unentdeckt – ein Irrtum, der ihn fast das Leben gekostet hätte. Stattdessen quälten ihn weitere zehn Tage heftigste Rückenschmerzen, bis der neue Hausarzt einen Aortenriss für möglich hielt. Die eilig anberaumte CT-Untersuchung bestätigte: Im oberen (thorakalen) Abschnitt der Aorta, direkt hinter dem Herzen, war ganz deutlich ein Riss zu sehen.
Die Aorta, die vom Herzen durch Brustkorb und Bauch bis zu ihrer Aufteilung in die Beckenarterien zieht, ist das zentrale Gefäß des Körperkreislaufs – und sie wird neuerdings als eigenständiges Organ eingestuft: „Von der Aorta hängt die gesamte Versorgung des Körpers mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut ab, deshalb auch die Bezeichnung ‚Hauptschlagader‘“, erklärt der Direktor der Abteilung für Gefäßchirurgie Prof. Nikolaos Tsilimparis. Erkrankungen der Aorta sind oft eine Alterskrankheit – dass auch schon deutlich Jüngere wie Harald Reiter betroffen sind, ist eher selten. Gefürchtet sind vor allem sackartige Ausbuchtungen der Gefäßwand. Ein solches Aneurysma tritt häufig im Aortenabschnitt des Bauchraums, aber auch im aufsteigenden Anteil der Aorta auf, verursacht in der Regel keine Beschwerden und bleibt daher oft lange Zeit unbemerkt. Dadurch steigt jedoch die Gefahr, dass das strapazierte Gefäß dem Druck des Blutstroms irgendwann nicht mehr standhalten kann und plötzlich platzt.
Seltener, aber ebenfalls potenziell lebensbedrohlich, ist ein Riss in der inneren Schicht der Aorta, eine Aortendissektion. Hiervon ist häufig die Brustaorta betroffen – und je näher zum Herzen, desto gefährlicher für den Betroffenen. Reißt die äußerste Aortenwandschicht ebenfalls ein, kommt es zu einer Aortenruptur. „Wird nicht umgehend notoperiert, verblutet der Betroffene innerhalb kürzester Zeit innerlich“, sagt der stellvertretende Direktor der Herzchirurgischen Klinik des LMU Klinikums, Prof. Maximilian Pichlmaier, der gemeinsam mit Professor Tsilimparis das Universitäre Aortenzentrum leitet.
Aber auch dann, wenn die äußere Haut der Aorta noch intakt ist, gelangt bei einer Aortendissektion Blut aus dem innersten Gefäßschlauch nach außen in die Wand der Aorta. Bei Harald Reiter hatte sich diese Wühlblutung in der Aortenwand in Richtung Wirbelsäule vorgearbeitet und sich dort als Blutsack angesammelt. „Dass der Blutsack genau gegen die Wirbelsäule drückte, hat mein Leben gerettet. Nur deshalb ist das äußere Aortenhäutchen nicht auch noch gerissen – und nur deshalb bin ich nicht daran gestorben“, sagt Harald Reiter. Den Ärzten gelang es, die Aortenwand in einer Notoperation zu stabilisieren. Aber es hatte sich gezeigt, dass auch andere Gefäßabschnitte vergrößert waren: „Wie eine Rübenknolle sah meine Aorta aus“, erinnert sich Harald Reiter.
Ein derart ausgeprägtes Krankheitsbild, das im Fall von Harald Reiter vermutlich aufgrund einer genetisch bedingten Bindegewebsschwäche hervorgerufen wurde, verlangt nach einer spezialisierten Betreuung in einem Kompetenzzentrum, wo Herzchirurgie und Gefäßchirurgie eng vernetzt sind. Deshalb wandte sich Harald Reiter an die Aortenchirurgie des LMU Klinikums. Prof. Pichlmaier fand schließlich auch den Grund für die chronische Kraftlosigkeit, die so lange seine Lebensqualität beeinträchtigt hatte: eine ausgeprägte Herzschwäche als Folge abgenickter Koronararterien und einer defekten Aortenklappe, die durch eine aufgeweitete Aortenbasis undicht geworden war.
Inzwischen hat Harald Reiter viele weitere Operationen überstehen müssen. Die Aortenklappe seines Herzens wurde in einem aufwändigen Eingriff am offenen Herzen und mit Herz-Lungenmaschine rekonstruiert, die aufsteigende Aorta vollständig ersetzt, der linke Arm wird nach einer Bypass-Operation nun von der Halsschlagader versorgt und immer wieder musste ein geweitetes Segment der Hauptschlagader chirurgisch mithilfe von Stents stabilisiert werden. Im November 2023 erfolgte eine weitere Operation, von der Harald Reiter hofft, dass dies nun der letzte gefäßchirurgische Eingriff gewesen ist: Über einen offenen Bauchschnitt wurde die aufgeweitete Bauchaorta durch eine spezielle Gefäßprothese ersetzt. „Der Eingriff war aufwändig und riskant. Aber das erste Mal seit Jahren blicke ich zuversichtlich in die Zukunft.“
DIE WELTWEIT ERSTE PATIENTIN
Leonora Krasnici wurde wegen systemischer Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie erfolgreich behandelt
Die Münchnerin Leonora Krasnici ist 37 Jahre alt, sieht toll aus und hat als Managerin eines Restaurants einen fordernden
Beruf. Wenn man sie heute trifft, kann man sich kaum vorstellen, dass sie im Herbst letzten Jahres nicht einmal mehr eine Bluse zuknöpfen konnte.
Sie litt an systemischer Sklerose, einer seltenen und potenziell tödliche Autoimmunerkrankung.
Was das bedeutet? Das Immunsystem greift in einem von dauerhaften Entzündungen begleiteten Prozess körpereigene Gewebe an. In diesem Falle vor allem die gesamte Haut: Sie vernarbt und verhärtet. „Es ist, als ob der Körper eingemauert wird“, sagt Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, Leiter der Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie an der Medizinischen Klinik IV. Bei dem Rheumatologen war Leonora Krasnici nach einer Ärzteodyssee schließlich gelandet. „Ich stand immer mitten im Leben, aber Ende letzten Jahres konnte ich mich kaum noch bewegen, ich war wirklich verzweifelt“, erzählt Leonora. Zudem hatte die Vernarbung bereits in einem inneren Organ begonnen – im Herzen.
Eine ursächliche Behandlung für die systemische Sklerose hat die moderne Medizin bisher nicht. Seit geraumer Zeit aber haben Forschende Hinweise darauf, dass die sogenannten B-Zellen ausgeprägt an den Attacken des Immunsystems beteiligt sind. Und so wurde am LMU Klinikum interdisziplinär eine Therapie erarbeitet: Prof. Dr. Michael Bergwelt, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III, Prof. Dr. Marion Subklewe, Spezialistin für Immuntherapie an der Klinik, Prof. Dr. Alla Skapenko, leitende Immunologin der Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, sowie Prof. Schulze-Koops beschlossen, die B-Zellen der Patientin aus ihrem Blut zu entfernen. Dafür steht seit längerem der Wirkstoff „Blinatumomab“ zur Verfügung. Krebsmediziner wie Subklewe und von Bergwelt nutzen ihn zur „B-Zell-Depletion“ bei Patienten mit einer bestimmten Leukämie.
Leonora Krasnici bekam das Medikament über Neujahr 2023/2024 intravenös über fünf Tage niedrig dosiert, vier Wochen später nochmal. Danach wurde die Behandlung in höherer Dosierung zweimal wiederholt. Das Ergebnis bis jetzt: „Es geht mir drastisch besser“, so Leonora Krasnici. „Es kommt mir vor wie ein Wunder.“ Und die Nebenwirkungen? „Bisher habe ich die Therapie wirklich gut vertragen“, sagt die Patientin. Es kam nicht zum gefürchteten „Zytokinsturm“, also einer überschießenden lebensgefährlichen Immunantwort.
Geheilt ist Leonora Krasnici noch nicht, aber falls sie wieder Symptome der systemischen Sklerose bekommt, ist eine erneute Therapie mit Blinatumomab möglich. Darüber hinaus wollen die Münchner Forschenden die neue Therapie jetzt bei weiteren Patienten mit seltenen Autoimmunerkrankungen testen. Krasnici ist jedenfalls überglücklich. „Ich verdanke Professor Schulze-Koops so wahnsinnig viel, als Arzt und als Mensch. Überhaupt dem ganzen Team werde ich das unglaubliche Engagement nie vergessen.“
EINE GEFÄHRLICHE KOMBINATION!
Welche Auswirkungen Energy Drinks und Alkohol auf das Herzkreislaufsystem junger, gesunder Erwachsener haben untersucht die „Rhythm-of-the-Night“ Studie.
Junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren trinken ziemlich häufig Energy Drinks. Und über 70 Prozent der jungen Menschen, die regelmäßig Energy Drinks konsumieren, mischen diese auch noch mit Alkohol (z.B. „Wodka-Bull“). Meistens werden diese Mischgetränke in Bars oder Clubs ausgeschenkt oder zum „Vorglühen“ am Abend konsumiert.
„Einige Berichte aus Notaufnahmen haben bereits angedeutet, dass die Kombination aus Energy Drinks und Alkohol nicht gerade gut für das Herz und den Kreislauf ist, dies gilt insbesondere für Menschen mit geringfügigen zusätzlichen Erkrankungen. Sogar der alleinige Konsum von Energy Drinks oder Alkohol kann unerwünschte Auswirkungen auf das Herz haben“, sagt Prof. Nikolaus Haas, Leiter der Abteilung für Kinderkardiologie am LMU Klinikum. „Insbesondere Energy Drinks haben einen schädlichen Effekt auf das Herz-Kreislauf-System. Zu diesem Thema gab es schon Untersuchungen in unserer Abteilung an gesunden Kindern und Jugendlichen, die nach dem Energy-Drink-Konsum unter anderem einen erhöhten Blutdruck, steifere Gefäße und Herzrhythmusstörungen hatten.“
Energy Drinks können erhöhten Blutdruck und Herzrhythmusstörungen verursachen
Was die Forschenden aber nicht genau wissen ist, wie sich der Konsum auf junge, gesunde Erwachsene auswirkt. Daher soll das nun in einer Studie unter standardisierten Bedingungen untersucht werden. Das Projekt „Rhythm of the Night“ geht der interessanten Frage nach: Was passiert eigentlich mit unserem Herz-Kreislauf-System, wenn wir Energy Drinks und Alkohol gleichzeitig trinken? Diese Frage wurde noch nie in einer Studie wissenschaftlich untersucht. „Im Rahmen unserer Studie werden die Probanden für drei Tage begleitet“, erklärt Prof. Haas.
Mitmachen kann im Prinzip jeder, der gesund und zwischen 18 und 29 Jahren alt ist. Am ersten Tag findet ein ausführliches Aufnahme- und Aufklärungsgespräch statt. Außerdem bekommt jeder Proband einen persönlichen Check-up, bei dem unter anderem die Vitalparameter wie Blutdruck, Herzfrequenz und vieles mehr erhoben werden. Im Zuge der körperlichen Untersuchung wird auch ein Herzultraschall und ein EKG durchgeführt.
Wenn die Untersuchungen in Ordnung sind, dürfen die Probanden an der Studie teilnehmen. Sie bekommen entweder an Studientag 2 das Energy Drink/Alkohol-Mischgetränk und an Studientag 3 das Placebo/Alkohol-Mischgetränk zum Trinken (mit jeweils 120 ml Wodka) oder umgekehrt. Die Einteilung erfolgt dabei zufällig, weder Teilnehmer noch das Studienteam wissen, welches Getränk konsumiert wird. Anschließend erfolgt eine Beobachtung über 4 Stunden. „In dieser Zeit erheben wir verschiedene Daten, die uns helfen, die Auswirkungen des Getränkekonsums auf das kardiovaskuläre System zu beurteilen“, sagt Prof. Haas. Ziel der Studie ist es, die Auswirkungen des simultanen Konsums von Alkohol und Energy Drinks auf die Herzkreislauffunktion junger Erwachsener zu untersuchen. Aus den erhobenen Daten könnten potentiell präventive Maßnahmen für den Erhalt der Gesundheit von jungen Erwachsenen abgeleitet werden.
Studie mit 30 jungen Männern und Frauen
In die Studie werden insgesamt 30 junge Männer und Frauen eingeschlossen. Auch wenn „Rhythm of the Night“ noch nicht abgeschlossen ist, zeichnen sich bereits erste Ergebnisse ab: „Man kann schon jetzt sagen, dass die Kombi aus Alkohol und Energy Drink keine gute Idee ist und negative Auswirkungen auf die Herzgesundheit hat“, so Prof. Haas. „Und wir wissen aus anderen Veröffentlichungen, dass schwerwiegende Komplikationen auftreten können. Wir sind auf die genaue Auswertung unserer Daten gespannt, die von uns zusammen mit zwei Doktoranden durchgeführt wird.“
„ES BEWEGT SICH WAS IN DIE RICHTIGE RICHTUNG“
Der Bauchspeicheldrüsenkrebs hat bisher zu den aggressivsten Tumoren überhaupt gezählt. Doch nun gibt es endlich Fortschritte in der Therapie.
Eins steht fest: „Früherkennung könnte gerade beim Bauchspeichelkrebs viele Leben entscheidend verlängern“, sagt Prof. Dr. Julia Mayerle, Direktorin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II in Großhadern. Denn Zahlen belegen: Beim lokalen Tumor ausschließlich in der Bauchspeicheldrüse beträgt die Fünfjahresüberlebensrate über 40 Prozent, sinkt aber auf Werte um die 10 Prozent bei fortgeschrittenen bzw. Tumoren mit Tochtergeschwulsten im Körper.
Bisher aber fehlen verlässliche Tests, um die Früherkennung des Bauchspeicheldrüsenkrebs voranzubringen. Das könnte sich nun ändern. Ein Team um die Münchner Gastroenterologin hat einen neuen Test entwickelt, der ein Pankreaskarzinom in Risikogruppen ausschließt – etwa bei Patienten mit dauerhafter Bauchspeicheldrüsenentzündung, mehr als zwei Angehörigen ersten Grades, die an einem Bauchspeicheldrüsenkrebs verstorben sind oder mit einem neu festgestellten Diabetes mellitus nach dem 50. Lebensjahr.
„In bisherigen Studien hat sich gezeigt, dass dieser Test mit hoher Sicherheit einen bösartigen Pankreastumor ausschließen kann“, erklärt Mayerle, „die regelmäßige Überwachung dieser Risikopatienten mit unserem minimal-invasiven Test könnte eine frühzeitige Erkennung eines Pankreaskarzinoms und damit eine rechtzeitige Behandlung der Patienten gewährleisten.“ Sie rechnet mit einem baldigen Einsatz in der Patientenversorgung.
Es wäre ein Fortschritt in der Therapie eines Tumors, der noch immer schwer zu behandeln ist. Immerhin stieg die Fünfjahresüberlebensrate in jüngster Zeit auf insgesamt mehr als 10 Prozent. „Es bewegt sich was in die richtige Richtung“, betont Mayerle. Zu verdanken ist das vor allem zwei Entwicklungen. Zum einen wurden neue Strategien der Chemotherapie entwickelt, „die mittlerweile Standard sind für Patienten mit einem guten Allgemeinzustand“, wie die Klinikdirektorin sagt. Sie drängen den Krebs teilweise über viele Jahre zurück.
Zum zweiten „haben sich die Möglichkeiten der Chirurgie in den vergangenen 15 Jahren stark verbessert“, erklärt Prof. Dr. Jens Werner, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie in Großhadern. „Dank neuer Operationstechniken sind wir bei der Operation radikaler geworden“, betont Werner, „dadurch ist die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Tumors lokal geringer geworden. Das ist jedoch nur in großen Zentren möglich, was durch die zunehmende Zentralisierung und Mindestmengenvorgaben in Deutschland häufiger wird.“
Überlebensraten mindestens verdoppelt
Außerdem können die Chirurgen heute doppelt so viele Patienten mit Pankreastumoren operieren wie vor 15 Jahren. Der Grund: Patienten mit nicht oder nur sehr schwer operablen Krebsherden werden zunächst so mit einer Chemotherapie vorbehandelt, dass der Tumor kleiner und für die Operation zugänglicher wird. Etwa 30 bis 40 Prozent aller Patienten mit Pankreastumoren können derzeit operiert werden. Voraussetzung ist aber, dass der Krebs noch nicht gestreut hat. „Die komplette Entfernung des Tumorgewebes ist die Voraussetzung für eine potentielle Heilung“, sagt Jens Werner, der inzwischen über 2.000 solcher Tumoren behandelt hat. Derlei umfangreiche Erfahrung ist die zwingende Voraussetzung dafür, dass der anspruchsvolle Eingriff erfolgreich und mit nur geringen Komplikationsraten verlaufen kann.
Unterm Strich haben die Mediziner in den vergangenen zehn bis 15 Jahren „in jedem Tumorstadium die Überlebensraten mindestens verdoppelt“, schätzt Werner: Aber das ist erst der Anfang, so der Chirurg: „Wir werden auf jeden Fall weitere Fortschritte machen bei Patienten, die schon initial Tochtergeschwulste haben. Das sind ungefähr 55 bis 60 Prozent aller Patienten. Da können wir auch im Spätstadium die Patienten viel länger bei guter Lebensqualität behandeln.“
Julia Mayerle hofft auf Innovationen im Feld der sogenannten zielgerichteten Medikamente und auf neue Ansätze in der Immuntherapie, die unter anderem auch am LMU Klinikum entwickelt werden. Bisher hilft beispielsweise die Behandlung mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren nur zwei Prozent der Patienten mit bestimmten molekularen Merkmalen der Krebszellen Mayerle: „Das wollen wir auf jeden Fall verbessern.“
10 JAHRE OPZ – HERZSTÜCK DER HOCHLEISTUNGSMEDIZIN
Das Klinikum Großhadern hat auf dem Gebiet der Organtransplantation Medizingeschichte geschrieben. Zahlreiche Kliniken und Institute sowie Ärzte und Forschende waren – und sind – daran beteiligt
Als am Campus Großhadern das neue Operationszentrum, das OPZ, vor genau zehn Jahren in Betrieb ging, waren sich die Experten einig, dass eines der modernsten OP-Zentren Europas entstanden war – ein Herzstück der Hochleistungsmedizin. Daran hat sich nichts geändert: „Auch eine Dekade später setzt das OPZ Maßstäbe, indem es zum Beispiel für viele Bauprojekte dieser Art als Referenz gilt“, sagt der Leiter der Stabsstelle OP-Management PD Dr. Thomas Koperna. Das einzigartige Konzept von damals hat sich bis heute bestens bewährt: Durch die räumliche Nähe von Diagnostik, Therapie und Intensivbetreuung sind kurze Wege, weniger Wartezeiten und die schnelle Versorgung der Patienten gewährleistet, speziell die der Notfallpatienten. Alle Einrichtungen liegen nah beieinander: von der interdisziplinären Zentralen Notaufnahme über die unterschiedlichen OP-Bereiche und Intensivstationen bis hin zur Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP). Und: Alle operierenden Fächer am Campus Großhadern arbeiten im OP-Gebäude zusammen.
Und auch dies gilt heute genauso wie damals: Neben der modernen Technik zeichnet sich das OPZ vor allem durch eine gute Arbeitsatmosphäre aus: „Durch ein innovatives Logistikkonzept werden die Pflegemitarbeitenden entlastet und können sich ganz der Betreuung ihrer Patientinnen und Patienten widmen. So müssen sie sich zum Beispiel auch nicht selbst um die tägliche Bereitstellung des OP-Materials kümmern“, erklärt Prof. Bernhard Heindl, der die Inbetriebnahme und den Bezug des neu gebauten OP-Zentrums am Campus Großhadern begleitete und das OPZ als erster OP-Manager von 2011 bis 2021 leitete.
„Aber nicht nur diese innovativen Unterstützungsprozesse, sondern auch die besondere Architektur tragen zur angenehmen Arbeitsatmosphäre der Mitarbeitenden bei“, betont Iris Baier, die alle Operationsbereiche am OPZ (wie auch in den Innenstadtkliniken) als Pflegebereichsleitung verantwortet – und dies von Beginn an. Auch Licht, Luft und Helligkeit würden eine große Rolle spielen: „Hier bekommen durch die großzügigen Fensterflächen die OP-Säle und Sterilflure Tageslicht, mit Blick entweder nach draußen oder zu einem der begrünten Innenhöfe“, führt Iris Baier aus. Und PD Dr. Koperna ergänzt: “Es wurde wirklich alles so organisiert, dass sich die Pflegekräfte ganz auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können – nämlich auf die Betreuung ihrer Patientinnen und Patienten“.
Das OPZ auf einen Blick
- Im OPZ werden jährlich mehr als 23.000 Operationen durchgeführt, in allen zentralen OP-Bereichen des LMU Klinikums sind es etwa 40.000 Eingriffe pro Jahr.
- Das OPZ verfügt über 32 OP-Säle für stationäre Patientinnen und Patienten auf zwei Ebenen. Hinzu kommen vier OP-Säle im Ambulanten OP-Zentrum. Hier werden minimal-invasive OP-Techniken und moderne Narkoseverfahren so kombiniert, dass die Patientinnen und Patienten morgens operiert werden und abends wieder nach Hause gehen können.
- Damals wie heute eine Besonderheit: die beiden Hybrid-OPs des OPZ mit einem fahrbaren CT, das gewährleistet, dass die Patienten während der OP nicht umgelagert oder bewegt werden müssen.
- Das hochmoderne Video- und Kommunikationssystem dient dem Austausch von Experten verschiedener Fachrichtungen, aber auch der Lehre.
- 70 Intensivbetten der Intensivstation (unter Leitung von PD Dr. Michael Irlbeck) verteilen sich auf fünf Stationen, um so Schwerkranke und Schwerverletzte rund um die Uhr überwachen zu können.
- In der interdisziplinären Notaufnahme (unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Klein) werden alle Notfallpatienten interdisziplinär erstbehandelt und diagnostiziert.
- In der zentralen Notaufnahme stehen 18 Untersuchungsplätze, in der „Schwerstverletztenstraße“ zwei Schockräume, ein Angiographie-Raum sowie ein Eingriffsraum zur Verfügung. 40.000 Notfallpatienten werden hier jährlich von Ärztinnen und Ärzten aller Disziplinen fachgerecht versorgt.
- Die Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP, früher Zentrale Sterilgut- versorgungsabteilung) im Untergeschoss des Gebäudes gehört zu den modernsten und größten Aufbereitungseinheiten für Medizinprodukte in Deutschland, der hohe Qualitätsstandard der AEMP wurde gerade erneut durch die fünfte Re-Zertifizierung bestätigt. Pro Jahr erfolgt hier die Sterilgut-Aufbereitung für rund 57.000 Operationen.
DIGITALER ASSISTENT FÜR DEN OP
Die Abläufe rund um eine Operation sind an einem Universitätsklinikum der maximalen Versorgungsstufe komplex und erfordern neben einer guten Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen eine effiziente OP-Koordination. Genau hier setzt das neue digitale Assistenzsystem an. Die App-basierte Anwendung wurde im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft mit dem Startup sqior Medical GmbH für den OP-Bereich entwickelt.
TUBERKULOSE: WELTWEITE HERAUSFORDERUNG
21 MILLIONEN FÜR ALZHEIMER-FRÜHERKENNUNG
APOE4: DAS ALZHEIMER IN DEN GENEN
ADERHAUTMELANOM – NEUE THERAPIEANSÄTZE
Mit bis zu 600 Neuerkrankungen im Jahr tritt ein Aderhautmelanom oder Uveamelanom vergleichsweise selten auf. Dennoch gehört der Augentumor, der sich aus pigmentierten Zellen der Aderhaut entwickelt, zu den oft aggressiv verlaufenden Krebserkrankungen.
Therapeutisch spielen strahlenbasierte Verfahren wie die Brachytherapie oder Radiochirurgie eine wichtige Rolle: „Seit kurzem setzen wir die modernste Form der Radiochirurgie, die ZAP-X-Technologie, ein, die sich unter anderem durch eine Präzision im Submillimeterbereich auszeichnet“, erklärt der Oberarzt der Augenklinik des LMU Klinikums Dr. Paul Foerster. Dadurch ist es möglich, gezielt das Tumorgewebe zu bekämpfen und das umliegende gesunde Gewebe zu schonen.
Allerdings: Nicht jedes Aderhautmelanom spricht gleichermaßen gut auf eine strahlenbasierte Therapie an. „Liegt er zum Beispiel sehr nah am Sehnerv, kommen nicht alle Formen der Strahlentherapie infrage“, so Dr. Foerster. Mit dem Ziel, das Therapiespektrum gerade für flache, sehnervnahe Tumore zu erweitern, nimmt die Augenklinik gerade an einer internationalen Studie mit einem völlig neuartigen Therapieansatz teil, bei dem virusähnliche Partikel (virus- like-particles) zum Einsatz kommen. Diese Partikel ahmen zwar die Struktur von Viruspartikeln nach, ohne jedoch das infektiöse genetische Material zu enthalten.
Das Besondere ist die bispezifische Eigenschaft dieser virusähnlichen Partikel: Zum einen binden sie sich ganz gezielt – und nur dort – an die Oberfläche der Tumorzellen, zum anderen sind sie mit einem zweiten Teil ausgestattet (konjugiert), der durch Laserlicht aktiviert wird. Erst wenn der Tumor gezielt beleuchtet wird, tritt die Wirkung ein. „Nun gibt es ein Medikament, das genau dort wirkt,woesauchwirkensoll“,sagt Dr. Foerster.
Das Studiendesign sieht eine mehrwöchige Behandlung in kurzen Intervallen vor: Das Medikament wird ambulant und in Lokalanästhesie mit einem etwa ein Millimeter langen Injektor in den Spalt zwischen Leder- haut und Aderhaut eingebracht. „Das Ganze klingt martialischer als es ist. Die Betroffenen spüren von dieser Behandlung nichts“, beruhigt der Augenspezialist.
TAVI AUCH FÜR DIE JÜNGEREN (UNTER DEN ÄLTEREN)
Minimal-invasiv mit dem Herzkatheter statt einer großen Operation: die schonende Art des Ersatzes der Herz-Aortenklappe, die sogenannte TAVI, hat schon vielen Patienten geholfen. Bislang kamen fast nur sehr alte Betroffene ab 75 Jahren, für die der Stress einer OP zu groß wäre, in den Genuss der Behandlung.
Nun hat eine Studie aus Deutschland gezeigt: Das schonende Verfahren kann guten Gewissens auch für jüngere Patienten ab etwa Mitte 60 eingesetzt werden. An der Studie beteiligt war auch die Klinik und Poliklinik I des LMU Klinikums. Deren Direktor Prof. Dr. Steffen Massberg sagt: „Die Ergebnisse werden dazu führen, dass wir künftig auch bei jüngeren Patienten die TAVI als Alternative zur Operation erwägen.
Bislang nutzen die Mediziner vor allem das Patientenalter, um zu entscheiden, ob sie mit dem Katheter oder dem Skalpell behandeln. Nun, so Massberg, „werden beispielsweise anatomische Merkmale in den Fokus der Therapieentscheidung kommen, und die Ent- scheidung OP oder TAVI wird bei Niedrigrisikopatienten primär davon abhängen, mit welchem Ansatz wir das beste Ergebnis erwarten.“
KARDIOVASKULÄRE PRÄVENTION BEI KINDERN
Der plötzliche Herztod wird in der Regel nur für ältere Menschen als Risiko angesehen, dagegen werden Kinder und Jugendliche nur sehr selten mit kardiologischen Krankheiten in Verbindung gebracht. Tatsächlich sterben aber ein bis zwei Jugendliche unter 18 Jahren pro Tag in Deutschland am plötzlichen Herztod. „Viele mögliche Veränderungen, die entweder bereits im Kindes- und Jugendalter ein Risiko darstellen oder die Entstehung von Krankheiten im Erwachsenenalter fördern, kann man anhand von gezielten Untersuchungen bzw. Tests herausfinden“, sagt Prof. Nikolaus Haas, Leiter der Abteilung für Kinderkardiologie des LMU Klinikums.
Um diesen einfach durchzuführenden Check-up auch im jungen Alter zu etablieren, rief Haas in Zusammenarbeit mit der Nicolas-May-Stiftung die Pilotstudie „Hand aufs Herz – Die Orlando Herzwochen“ ins Leben. Seit April werden etablierte Herz-Kreislauf-Tests und -Untersuchungen an Kindern und Jugendlichen in München durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler nehmen alle freiwillig teil und durchlaufen verschiedene Untersuchungsstationen.
Für alle Teilnehmer wird ein individuelles Gesundheitsprofil er- stellt, zusätzlich erfolgt neben der Einzelauswertung eine anonyme, wissenschaftliche Gesamtauswertung, um eine Datengrundlage zu schaffen, damit die kardiovaskuläre Vorsorgeuntersuchung gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik durchgesetzt werden kann.
NVZ-LMU - Hochspezialisierte Versorgung für eine optimale Therapie
Gespräch mit dem Stellvertretenden Leiter und Koordinator des Zentrums Prof. Dr. Lars Kellert über das neu gegründete Neurovaskuläre Zentrum am LMU Klinikum (NVZ-LMU)
KLINIKUM aktuell: Herr Prof. Kellert, warum wurde das Neurovaskuläre Zentrum gegründet?
Prof. Dr. Lars Kellert: Neurovaskuläre Erkrankungen sind sehr komplexe und häufig zeitkritische Krankheitsbilder. Umso wichtiger ist es für eine erfolgreiche Behandlung, die spezialisierte Expertise aller relevanter Fachdisziplinen multidisziplinär zu bündeln und mit standardisierten Abläufen dafür zu sorgen, dass diese Kooperation reibungs- los und ohne Zeitverlust funktioniert. Diesem Anspruch trägt das NVZ-LMU Rechnung – und hier nimmt es zugleich eine Vorreiterrolle ein.
Prof. Dr. Lars Kellert: Das NVZ-LMU vereinigt die gesamte diagnostische und therapeutische Kompetenz von zehn Einrichtungen einer der größten Universitätskliniken Deutschlands. Ihnen steht eine hochmoderne klinische Infrastruktur zur Verfügung, die neben den verschiedenen Intensivstationen auch Intermediate Care-Stationen und eine zertifizierte Stroke-Unit an beiden Standorten des LMU Klinikums umfasst.
Prof. Dr. Lars Kellert: Wir behandeln alle neurovaskulären Erkrankungen bei Erwachsenen und Kindern: von Notfällen wie Schlaganfall oder Subarachnoi- dalblutungen bis hin zu Erkrankungen und Fehlbildungen der Gehirngefäße, z.B. Aneurysmen oder arteriovenöse Malformationen. Aber auch Erkrankungen, die wie Gefäßstenosen oder Herzfehler mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergehen, werden in unserem Zentrum behandelt. Welches Therapiekonzept individuell erfolgversprechend ist, besprechen wir im neurovaskulären Board. Dieser interdisziplinäre Austausch ermöglicht uns, jeder einzelnen Patientin und jedem einzelnen Patienten eine optimale Behandlung bieten zu können.
Neurologie
Prof. Dr. Günter Höglinger, Prof. Dr. Lars Kellert
Neurochirurgie
Prof. Dr. Christian Schichor, Prof. Dr. Niklas Thon
Neuroradiologie
Prof. Dr. Thomas Liebig
Gefäßchirurgie
Prof. Dr. Nikolaos Tsilimparis, PD Dr. Barbara Rantner
Radiologie
Prof. Dr. Jens Ricke
Kardiologie
Prof. Dr. Steffen Massberg, Prof. Dr. Stefan Kääb
Anästhesie
Prof. Dr. Bernhard Zwißler, Dr. Henning Laven
Strahlentherapie
Prof. Dr. Claus Belka
Pädiatrie
Prof. Dr. Christoph Klein, PD Dr. Lucia Gerstl
Zentrale Notaufnahme (Neurologische Klinik)
Prof. Dr. Matthias Klein
Neurologische Intensimedizin
Prof. Dr. Konstantinos Dimitriadis
Neurovaskuläres Netzwerk Südwestbayern (NEVAS)
PD Dr. Florian Schöberl
PFLEGE
FIT4KIDS - FORTBILDUNGSREIHE FÜR PFLEGEFACHPERSONEN IN DER PÄDIATRIE
Ein neues Traineeprogramm vermittelt pflegespezifische Kompetenzen für den Umgang mit den kleinen und kleinsten Patienten
Das Traineeprogramm ist modular aufgebaut und besteht aus verschiedenen Elementen wie Skills-Training oder Präsenzveranstaltungen
Seit der Reform der Pflegeausbildung im Jahr 2020 steht die Pflegebranche vor neuen Anforderungen und Chancen. Die generalistische Pflegeausbildung zielt darauf ab, Pflegefachpersonen umfassend für die Versorgung aller Altersgruppen in den verschiedenen Bereichen (Klinik, ambulante Pflege, Pflegeeinrichtung) zu qualifizieren. In diesem Kontext gewinnt die kontinuierliche Weiterbildung an Bedeutung, um Pflegefachpersonen auf dem neuesten Stand zu halten und spezialisierte Kompetenzen zu fördern. Vor diesem Hintergrund präsentiert sich die Fortbildungsreihe „Fit4Kids“ als ein innovatives Bildungsangebot, das am LMU Klinikum speziell für Pflegepersonen konzipiert wurde, die in der Pädiatrie arbeiten. „Fit4Kids“ richtet sich vor allem an generalistisch ausgebildete Pflegefachpersonen, Kolleginnen und Kollegen ohne pädiatrische Erfahrung sowie an Wiedereinsteigerinnen und Widereinsteiger in die Pflegepraxis.
„Fit4Kids“ ist im Januar 2024 als wissenschaftlich begleitetes Programm in der Pädiatrie gestartet und wird durch das Institut für Pflegewissenschaft ausgerichtet. Die Fortbildung umfasst eine Kombination aus Präsenzveranstaltungen, E-Learning-Modulen, praxisnahen Skills-Trainings und Praktika auf pädiatrischen Stationen. Diese strukturierte und vielseitige Fortbildungsreihe ermöglicht es den Teilnehmenden, ihre Fähigkeiten gezielt weiterzuentwickeln und sich auf die besonderen Anforderungen der Pflege von Kindern und Jugendlichen vorzubereiten.
Erste Resultate der pflegewissenschaftlichen Begleitung zeigen, dass vor allem für generalistisch ausgebildete Pflegefachpersonen ohne pädiatrische Vertiefung ein breites Angebot an pflegerelevanten Themen für die Sicherheit in der pflegerischen Versorgung der Kinder und Ihrer Eltern wichtig ist. Zudem besteht Bedarf an fachspezifischen Themen, wie zum Beispiel die Beatmung von Kindern und Unterstützung stillender Mütter. Eine weitere Modulreihe findet im Herbst 2024 statt und wird anschließend nochmals evaluiert.
WISSEN
(K)EIN FALL FÜR DEN ARZT
Warum Fieber bei Kindern oft harmlos ist und welche Medikamente helfen
Fieber selbst ist keine Krankheit. Es ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass der Körper auf Krankheitserreger reagiert und seine Abwehrkräfte mobilisiert. Denn bei hohen Körpertemperaturen können sich Viren und Bakterien nicht so gut vermehren und Abwehrprozesse laufen besser und effizienter ab. Trotzdem sind die Eltern von Säuglingen und Kleinkindern oft beunruhigt, wenn der Nachwuchs plötzlich fiebert. KLINIKUM aktuell sprach mit Prof. Dr. Johannes Hübner, Leiter der Abteilung für pädiatrische Infektiologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital am LMU Klinikum, u.a. darüber, wann Fieber ein Fall für den Kinderarzt ist.
Prof. Johannes Hübner: Bei Kindern ist eine Körpertemperatur zwischen 36,5 und 37,5 Grad normal. Bis zu 38,4 Grad sprechen wir von erhöhter Temperatur und ab 38,5 von Fieber. Allerdings kommen Jungen und Mädchen mit Fieber sehr oft viel besser zurecht als wir Erwachsenen, das sehen wir im klinischen Alltag immer wieder. Einige Kinder spielen und sind eigentlich kaum beeinträchtigt, auch wenn das Thermometer 39 Grad und darüber zeigt. Wichtig für Eltern von Neugeborenen und sehr jungen Säuglingen ist es zu wissen, dass die Fähigkeit, mit Fieber zu reagieren, eventuell noch nicht voll ausgeprägt ist. Daher kann bei Messung „normaler“ oder nur „leicht erhöhter“ Temperaturen dennoch eine schwere Infektion vorliegen. Deshalb wird bei Säuglingen in den ersten Lebenswochen schon ab 38° Celsius von Fieber gesprochen.
Prof. Johannes Hübner: Für möglichst genaue Werte empfehlen wir, die Körpertemperatur bei Säuglingen und Kleinkindern rektal zu messen. Dabei ist ein vorsichtiger Umgang mit dem Thermometer wichtig, damit es schmerzfrei ist. Auch elektrische Thermometer, die im Ohr messen, sind sehr zuverlässig.
Prof. Johannes Hübner: Wenn das Kind munter ist und ausreichend trinkt, muss man Fieber gar nicht behandeln und kann erst einmal abwarten. Denn: Durch die Fiebersenkung werden zwar die Beschwerden gelindert, nicht aber die eigentliche Ursache des Fiebers beseitigt. Essen ist nicht so wichtig, das kann auch ein paar Tage reduziert ausfallen. Wenn Säuglinge und Kinder aber apathisch sind, wenig trinken und sehr beeinträchtigt sind, sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen, der dann schaut, ob die kleinen Patienten nicht Flüssigkeit von außen brauchen, also zum Beispiel in Form einer Infusion. Bei fiebernden Kindern sollte man regelmäßig Flüssigkeit anbieten, am besten auch etwas, das gerne getrunken wird wie z.B. Limonade oder Saft. Falls zum Fieber auch Durchfall und Erbrechen kommt, sind Elektrolyt-Lösungen aus der Apotheke sinnvoll.
Prof. Johannes Hübner: Wenn das Fieber nur ein, zwei Tage anhält und die Kinder wenig beeinträchtigt sind, würde ich wie schon erwähnt gar nichts geben. Es geht immer mehr darum, wie es dem Kind geht, als wie hoch das Fieber ist. Wenn aber die Körpertemperatur hoch, und das Kind eher weinerlich und beeinträchtigt ist, sind Medikamente sinnvoll: Entweder Paracetamol oder Ibuprofen in der altersgerechten Dosis. Und normalerweise nicht häufiger als drei Mal am Tag. Die von Erwachsenen oft eingenommene Acetylsalicylsäure soll bei fiebernden Kindern nicht angewendet werden.
Prof. Johannes Hübner: Da würde ich eher Medikamenten den Vorzug geben, die senken das Fieber zuverlässiger. Und haben bei kurzfristiger Einnahme keine Nebenwirkungen, die man fürchten muss, wenn man die richtige Dosis beachtet und vor allem die Häufigkeit der Gabe.
Prof. Johannes Hübner: Auf jeden Fall sollten fiebernde Jungen und Mädchen nicht in die Kita, den Kindergarten oder die Schule gehen, auch um die anderen nicht anzustecken. Aber selbst wenn die Kinder munter sind, sollten man es ruhiger angehen lassen. Eher vorlesen und ruhige Dinge spielen als viel Bewegung. In der Regel verschwindet Fieber so schnell wie es gekommen ist. Und das ist die gute Botschaft: Nur sehr, sehr selten steckt eine ernsthafte Erkrankung hinter dem Symptom.
PERSPEKTIVE
LEBEN RETTEN DURCH ORGANSPENDE
Die Arbeit der Transplantationsbeauftragten am LMU Klinikum
PD Dr. Thomas Weig, Transplantationsbeauftragten am Campus Großhadern
Mehr als 8.500 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein neues Organ. Ein Teil von ihnen wird auf der Warteliste sterben, denn es gibt pro Jahr nur etwa 850 Organspenderinnen und Organspender. Bei uns müssen die Angehörigen zustimmen, wenn ihr verstorbenes Familienmitglied keinen Organspendeausweis hat. Das Transplantationsgesetz schreibt vor, dass alle Krankenhäuser mindestens einen Transplantationsbeauftragten (TXB) bestellen müssen. Am LMU Klinikum sind zwei Oberärzte der Anaesthesie federführend verantwortlich: PD Dr. Thomas Weig für den Standort Großhadern und Dr. Ludwig Ney in der Innenstadt. KLINIKUM aktuell sprach mit beiden.
Dr. Ludwig Ney, Transplantationsbeauftragten am Campus Innenstadt
Dr. Thomas Weig: Wir sind die wichtigsten Ansprechpersonen für alle Belange der Organspende – sowohl für die Kliniken als auch für die Koordinatorinnen und Koordinatoren der DSO (Deutsche Stiftung Organspende). Wir unterstützen bei der konkreten Durchführung einer Organspende, wir bieten Weiterbildungen und Informationen an und wir haben administrative Aufgaben wie die gesetzliche Pflicht zur Meldung möglicher Organspender. Eine wichtige Aufgabe ist vor allem auch die Begleitung der Angehörigen von Organspendern in dieser belastenden Situation.
Dr. Thomas Weig: Voraussetzung ist der eingetretene Hirntod, also der unwiederbringliche Ausfall aller Hirnfunktionen. Bei der Frage, wer nach einem Hirntod wirklich Organe spenden kann, gibt es viele Vorurteile, die nicht stimmen. So spielt zum Beispiel das Alter keine Rolle: Der älteste Spender in Deutschland war über 90 Jahre, und ich selbst habe eine 83-jährige Organspenderin betreut. Die Leber ging an eine 16-jährige Patientin. Auch eine zurückliegende bösartige Tumorerkrankung ist nicht zwingend eine Kontraindikation zur Organspende. Letztes Jahr hat eine Frau gespendet, die einige Jahre zuvor wegen eines Gebärmutterkrebses behandelt wurde. Unser Ziel ist es, dass bei jeder Patientin und jedem Patienten, die aufgrund einer schweren Verletzung oder Erkrankung des Gehirns tief bewusstlos sind, über die Option der Organspende nachgedacht wird. Diese Überlegungen finden meist auf der Intensivstation statt. Aber eigentlich müssen wir noch früher, nämlich bereits bei der Notfallaufnahme im Schockraum, daran denken. Wir stehen als Transplantationsbeauftragte für Rückfragen immer zur Verfügung.
Dr. Ludwig Ney: Es gibt klare Hinweise auf einen eingetretenen oder drohenden Hirntod wie beispielsweise fehlende Lichtreflexe der Pupillen und vor allem die tiefe Bewusstlosigkeit. Diese Kriterien werden in Anlehnung an einen etablierten Algorithmus der DSO klinikumsweit automatisch über die digitale Intensivkurve QCare abgefragt. Wir nehmen dann mit dem Behandlungsteam Kontakt auf und können den Fall individuell besprechen. Das funktioniert sehr gut und wird sehr gut angenommen. Allerdings erkennen wir damit leider nicht die potentiellen Spender, bei denen bereits im Schockraum oder unmittelbar nach Intensiv-Aufnahme die Therapie eingestellt wird. Da jeder einzelne Spender und jede einzelne Spenderin bis zu sechs Menschen das Leben retten kann, müssen wir unabhängig von der digitalen Lösung wachsam bleiben!
Dr. Thomas Weig: Den idealen Zeitpunkt für ein solches Gespräch zu finden, ist sehr schwierig. Während vor 20 Jahren noch galt, dass man erst nach einem eingetretenen Hirntod das Thema ansprechen sollte, hat sich die Meinung dazu in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Mittlerweile haben Patientenverfügungen
breiten Einzug in den klinischen Alltag gehalten, und das ist auch gut so! Aufgrund der Patientenverfügungen fragen Angehörige sehr viel früher nach der Prognose und gleichen diese mit dem formulierten Patientenwillen ab. Ist eine Gehirnverletzung so schwer, dass ein irreversibler Hirnfunktionsausfall (IHA) droht und damit die neurologische Prognose extrem schlecht ist, kommt die Patientenverfügung zum Tragen. In einer solchen Situation sprechen wir die Option einer möglichen Organspende auch bereits vor dem Nachweis des Hirntodes an. Die Frage nach dem möglichen Wunsch einer Organspende ist übrigens ein Recht des Patienten. Es wäre schlimm, wenn man sich wünscht Organspender zu sein und einem dieser Wunsch verwehrt wird, nur weil sich niemand getraut hat, die Angehörigen danach zu fragen.
Dr. Ludwig Ney: Unser Ziel ist, jeden möglichen Spender zu identifizieren! Dafür müssen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Akutbereichen des Klinikums, also in den Nothilfen und Intensivstationen, bezüglich Organspende sensibilisiert und gut informiert sein – das ist eine unserer Aufgaben. Und wie Thomas Weig gesagt hat: Wir müssen immer erreichbar sein. Daher stellen wir unser Team breiter auf. Neben uns beiden sind Prof. Konstantinos Dimitriadis aus der Neurologie sowie unsere Kolleginnen aus der Anaesthesiologie PD Dr. Daniela Hauer und Dr. Antonia Fritz mit dem Thema befasst. Und für die pädiatrischen Fragen ist Dr. Florian Hey von der Haunerschen Kinderklinik der richtige Ansprechpartner.
DER GLANZ GANZ BESONDERER GÄSTE
Der diesjährige Jahresempfang drehte sich rund um das 50-jährige Jubiläum des zweiten Standorts der LMU Medizin.
GEMEINSAM, FÜRSORGLICH, BUNT
Etwa 200 Mitarbeitende und Studierende des LMU Klinikums liefen beim Christopher-Street-Day (CSD) in München mit.
EXTRA
CHEFARZTVISITE MIT DEN KLINIKCLOWNS
Bei Visiten auf der Kinderstation sind die Botschaften oft ernst, doch Lachen hilft in jedem Fall...
Regelmäßige Visiten der Clowns vom Verein KlinikClowns Bayern e.V., die den kleinen Patientinnen und Patienten eine schwere Zeit erleichtern und zur Genesung beitragen, haben sich in bayerischen Kinderkliniken etabliert. Ihr Nutzen hat sich langjährig bewährt. Doch jetzt gibt es eine neue Form der kindgerechten Visite, die Prof. Oliver Muensterer im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München zusammen mit den KlinikClowns „Dr. Mücke Mücke“ und „Dr. Ilsebill“ etabliert hat: die kombinierte Chefarzt-Klinikclown-Visite.
Die Wirkung der KlinikClowns auf kranke Kinder hat den Leiter der LMU Kinderchirurgie im Dr. von Haunerschen Kinderspital so überzeugt, dass er seine Visiten einmal im Monat von ihnen begleiten lässt. Den Wert dieser besonderen Chefarztvisiten erklärt er so: „Bei den kombinierten Chefarzt-Klinikclown-Visiten gehen wir als ärztliches Team zusammen mit unseren beiden KlinikClowns auf die Station. Die Clowns unterstützen uns Ärzte, indem sie die Patientinnen und Patienten bei der körperlichen Untersuchung und im Anschluss daran ablenken. So können wir problem- und mühelos wichtige Befunde eruieren und uns auch in aller Ruhe mit den Eltern zur Anamnese unterhalten.“ Muensterers positives Fazit: „Die KlinikClowns sind Teil unseres Teams geworden, und ich bin stolz darauf, dass wir bei den Chefarztvisiten Vorreiter sind. Für mich ist das angewandte, ganzheitliche Medizin. Ich kann es allen Kolleginnen und Kollegen nur wärmstens empfehlen!”
Seit 1998 führt der Verein Klinik-Clowns Bayern e.V. regelmäßige „Visiten“ professioneller Clowns in Kliniken und Pflegeheimen durch. Von Aschaffenburg bis Garmisch-Partenkirchen sind 70 Clowns in 115 Einrichtungen tätig.
BIENEN-PROJEKT AM HAUNERSCHEN KINDERSPITAL
30.000 neue Mitarbeiterinnen für die Kinderchirurgie
Das Schild in einem Blumenbeet ist natürlich nicht ganz ernst gemeint: „Vorsicht vor dem Imker. Die Bienen sind harmlos“ steht da. Was es damit auf sich hat? Am Dr. von Haunerschen Kinderspital des LMU Klinikums gibt es seit letztem Sommer zwei Bienenstöcke. Circa 15.000 Bienen gehören zu jedem Schwarm, also quasi 30.000 neue Mitarbeiterinnen für die Kinderchirurgie.
Der erste Schwarm konnte im Sommer 2023 einziehen – nach dreieinhalb Jahren Planung wurde das Herzensprojekt der Kinderchirurgischen Klinik endlich Realität. Betreut werden die beiden Schwärme von Dr. Jakob Mühling, der nicht nur Assistenzarzt in der Kinderchirurgischen Klinik des Hauner ist, sondern auch passionierter Imker.
Ziel des Projekts ist es, Bienen in der Innenstadt ein Zuhause zu geben und damit zur Nachhaltigkeit beizutragen. Außerdem möchte das Team am Hauner die Kinder von ihrem Krankenhausaufenthalt ablenken und neue Impulse liefern. Deswegen gibt es regelmäßig Führungen, bei denen die kleinen Patienten eine Wabe halten oder auch einen Löffel Honig probieren dürfen. „Wenn von unseren Begehungen die Kinder und Eltern zurück ins Zimmer oder nach Hause gehen und sagen: „Jetzt haben wir was gelernt, und es hat Spaß gemacht!“, dann macht mich das richtig glücklich“, erzählt Jakob Mühling.
AUSGEZEICHNET
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SPEKTRUM
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