Junge Erwachsene und Krebs
Jedes Jahr erkranken etwa 16.000 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs. Man verwendet für die Gruppe der jungen Krebsbetroffenen auch den Begriff „Adolescents and young adults (AYA)“.
Eine Krebserkrankung trifft junge Erwachsene in einer besonders sensiblen Lebensphase und beeinflusst auch die Zukunftsplanung. Mit den spezifischen Herausforderungen in diesem Lebensabschnitt wie zum Beispiel Ausbildung und Studium, Berufseinstieg oder Familienplanung unterscheiden sich die Betroffenen von älteren oder jüngeren Patienten und Patientinnen.
Auf dieser Seite finden Sie Anlaufstellen und Links mit wichtigen Informationen und Unterstützungsangeboten rund um das Thema „Junge Erwachsene und Krebs“.
Sprechstunde für junge Erwachsene mit Krebs am LMU Klinikum
In der AYA-Sprechstunde für junge Erwachsene mit Krebs am LMU Klinikum bieten wir jungen Erwachsenen (bis 39 Jahren) mit oder nach Krebsdiagnose eine zentrale Anlaufstelle. Junge Erwachsene, welche im Kindes- und Jugendalter an einer Tumorerkrankung erkrankt waren, können sich ebenfalls in der Sprechstunde vorstellen.
Dabei konzentrieren wir uns nicht nur auf akute oder chronische medizinische Fragestellungen, sondern wollen gezielt durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Fachabteilungen, Sozialarbeitern, Psychologen, Ernährungsberatern etc. in medizinischen, sozialen und finanziellen Fragen unterstützen.
Fruchtbarkeitserhalt
Krebsbehandlungen wie Chemotherapie, Bestrahlung und operative Eingriffe oder auch der Tumor selbst können die Fruchtbarkeit bei Frauen und Männern beeinträchtigen oder dauerhaft einschränken. Fruchtbarkeitserhalt, auch Fertilitätsprotektion genannt, ist ein wichtiges Thema für Betroffene, die sich trotz einer Krebsdiagnose die Möglichkeit auf eine (zukünftige) Familiengründung bewahren möchten.
Dabei gibt es spezielle Verfahren, um die Fortpflanzungsfähigkeit vor Beginn der Therapie zu sichern. Sprechen Sie Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren Arzt darauf an. Diese können Sie an geeignete Ansprechpartner:innen verweisen.
Am LMU Klinikum können Sie sich an das Team der Andrologie der Urologischen Klinik und Poliklinik oder an das Kinderwunschzentrum der Frauenklinik wenden. Auf der Webseite des Netzwerks FertiProtekt e.V. finden Sie weitere Zentren in Ihrer Nähe.
Fruchtbarkeitserhalt bei Frauen: Methoden
Für den Fruchtbarkeitserhalt bei Frauen vor einer Krebstherapie gibt es verschiedene Möglichkeiten. Welche Möglichkeit gewählt wird, hängt von mehreren Faktoren ab, zum Beispiel von der Art der Therapie, dem Zeitfenster bis zum Beginn der onkologischen Therapie, dem Wunsch der Patientin und/oder dem Alter.
Zu den Methoden der Fertilitätsprotektion gehören:
- Medikamentöser Schutz der Eierstöcke durch sogenannte GnRH-Agonisten
- Entnahme von Eizellen nach hormoneller Stimulation der Eierstöcke und anschließendes Einfrieren (sogenannte Kryokonservierung)
- Entnahme und Kryokonservierung von Eierstockgewebe
- Verlagerung der Eierstöcke (sogenannte Ovariopexie)
Gut zu wissen: Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Stimulation, Entnahme und Kryokonservierung von Eizellen und Eierstockgewebe. Die Studienlage zum medikamentösen Schutz der Eierstöcke ist uneindeutig. Die Behandlung mit GnRH-Agonisten kann also die Kryokonservierung von Eizellen oder Eierstockgewebe nicht ersetzen.
Fruchtbarkeitserhalt bei Männern: Methoden
Bei Männern ist die Entnahme und Kryokonservierung (Einfrieren) von Samenzellen vor Beginn der Behandlung die häufigste Methode, um die Chance auf spätere Vaterschaft zu erhalten. In manchen Fällen, etwa wenn eine direkte Samengewinnung nicht möglich ist, kann Hodengewebe entnommen und eingefroren werden, um später Spermien daraus zu gewinnen. Die Kosten werden bei beiden Optionen von den Krankenkassen übernommen.
Ausführliche Informationen zu den Methoden bei Frauen und Männern gibt es bei der Deutschen Stiftung Junge Erwachsene mit Krebs oder beim Krebsinformationsdienst.
Familie und Kinder
Wenn junge Erwachsene mit Kindern an Krebs erkranken, ist immer die ganze Familie betroffen. Es stellen sich Fragen zur Kinderbetreuung und zur Unterstützung im Haushalt sowie darüber, wie man mit Kindern über die Krebserkrankung spricht.
Der Verein lebensmut e.V. bietet in München Familiensprechstunden und spezielle Gruppen-Angebote für Kinder und Jugendliche an. Dazu gehören die Unterstützung der Eltern für das Gespräch mit dem Kind, Familiengespräche, Krisenintervention und die therapeutische Begleitung der Kinder und Jugendlichen.
Weitere Informationen zum Thema Krebs in jungen Familien gibt es bei der Deutschen Stiftung Junge Erwachsene mit Krebs:
Sexualität und Intimität
Bei AYApedia finden Sie eine Übersicht über die häufigen Probleme der Betroffenen und mögliche Schritte, die einen positiven Zugang zu Liebe, Intimität und Sexualität mit und nach einer Krebserkrankung ermöglichen.
Sozialberatung
Eine Krebserkrankung und eine damit zusammenhängende länger andauernde Behandlung werden im sozialen und finanziellen Bereich viele Fragen auf und es ist wichtig zu wissen, auf welche Sozialleistungen Sie einen gesetzlichen Anspruch haben, welche Ämter zuständig sind und welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Eine Sozialberatung kann dabei helfen, Fragen und Ansprüche zu klären.
Während eines Krankenhausaufenthaltes kann die Sozialberatung des jeweiligen Krankenhauses beraten. Auch Krebsberatungsstellen oder die Beratungsstellen der Studierendenwerke können weiterhelfen.
Informationen zu sozialrechtlichen Angelegenheiten finden Sie auf unserer Seite zur Sozialberatung.
Selbsthilfegruppen für junge Erwachsene
Jung.Krebs.Kontakt ist ein Netzwerk aus jungen Krebsbetroffenen, das Events in München, Ingolstadt, Augsburg und Regensburg organisiert. Auf der Webseite gibt es auch eine Auflistung von Reha-Kliniken für junge Erwachsene.
Weitere Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland finden Sie auf der Webseite der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs.
Recht auf Vergessenwerden
Dank der Fortschritte in der Diagnostik und Therapie können mehr als 80 Prozent der jungen Erwachsenen und Kinder mit Krebserkrankungen heutzutage geheilt werden. Das heißt, es gibt eine steigende Anzahl von Langzeitüberlebenden (sogenannte „Cancer Survivors“).
Obwohl junge Betroffene nach wissenschaftlichen Standards längst als geheilt gelten, erleben viele von ihnen auch Jahre später noch Benachteiligungen. Sie erleben zum Beispiel Schwierigkeiten beim Abschluss von Versicherungen (zum Beispiel Ablehnung bei Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherungen), der Kreditvergabe, der Verbeamtung oder bei Adoptionsverfahren.
In einigen europäischen Ländern gibt es bereits das sogenannte „Recht auf Vergessenwerden“, welches bedeutet, dass digitale Informationen einer Person über eine frühere Krebserkrankung nicht dauerhaft gespeichert, sondern nach einer bestimmten Zeit gelöscht werden. In Deutschland wird die gesetzliche Bestimmung der EU allerdings noch nicht umgesetzt.
Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. und die Deutsche Stiftung für Junge Erwachse mit Krebs setzen sich für eine Einführung des „Rechts auf Vergessenwerden“ und gegen die Diskriminierung von Cancer Survivors in Deutschland ein.