Zytogenetik
Im zytogenetischen Labor werden die Chromosomen auf mikroskopisch sichtbare Veränderungen hin untersucht. Zu diesen Veränderungen gehören zahlenmäßige und strukturelle Chromosomenveränderungen.
Bei der klassischen Zytogenetik werden konventionelle Chromosomenanalysen (Karyotypisierungen) durchgeführt, während sich die molekulare Zytogenetik vorwiegend der FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) bedient.
Vorgeburtliche Chromosomenuntersuchungen
Vorgeburtliche Chromosomenuntersuchungen an Zellen des ungeborenen Kindes werden aus Chorion- bzw. Plazentazottenzellen, Fruchtwasserzellen oder aus Lymphozyten (Nabelschnurblut) durchgeführt. Mögliche Anläße sind ein erhöhtes mütterliches Alter, Auffälligkeiten im Ultraschall oder bekannte familiäre Chromosomenstörungen.
Vorgeburtliche Chromosomenanalysen werden aus Chorionzotten, Amnionzellen oder (seltener) Nabelschnurblut durchgeführt. Mögliche Indikationen für die Durchführung einer solchen vorgeburtlichen Chromosomenanalyse sind:
- Erhöhtes mütterliches Alter
- Erhöhte Nackentransparenz/auffällige Serumbiochemie
- Auffälliger Ultraschallbefund/Fehlbildungen
- Vorangegangenes Kind mit Chromosomenstörung
- Familiär bekannte Chromosomenstörung
Nach der Chorionzottenbiopsie (ab ca. 12. Schwangerschaftswoche) wird, falls genügend Biopsat entnommen wurde, zunächst eine Direktpräparation der fetalen Zellen mit anschließendem FISH-Schnelltest bezüglich der häufigsten zahlenmäßigen Chromosomenstörungen (z.B. Trisomie 21, Down-Syndrom) durchgeführt. Das Ergebnis liegt nach 24-36 Stunden vor. Weiterhin werden mehrere Zell-Kulturen angelegt, deren Chromosomenanalyse nach ca. 2-3 Wochen vorliegt. Hierbei lässt sich sowohl die Chromosomenzahl als auch die Chromosomenstruktur beurteilen.
Nach der Amniocentese (Fruchtwasserpunktion) ab der ca. 15.-16. Schwangerschaftswoche werden mehrere Zell-Kulturen angelegt, deren Chromosomenanalyse nach etwa 2-3 Wochen vorliegt. Hierbei lässt sich sowohl die Chromosomenzahl als auch die Struktur der Chromosomen beurteilen. Falls gewünscht, kann zusätzlich ein pränataler Schnelltest mittels FISH durchgeführt werden, welcher bereits 24-36 Stunden nach der Amniocentese ein vorläufiges Ergebnis bezüglich der häufigsten zahlenmäßigen Chromosomenstörungen bringt (z.B. Trisomie 21, Down-Syndrom).
Probenentnahme und Probenversand:
Amniocentese: Es werden etwa 15-20 ml Fruchtwasser benötigt, welches uns nach der Punktion umgehend mittels Boten oder Eilpost ungekühlt zugeschickt werden sollte.
Die Chorionzottenbiopsie erfordert die vorherige Anmeldung, damit am Punktionstag gegebenenfalls eine unserer technischen Mitarbeiter/innen vor Ort die Präparation der Chorionzotten und den anschließenden Transport übernehmen kann. Benötigt werden 10-20 mg Zottengewebe; falls zusätzlich eine DNA-Gewinnung für eine spezielle molekulargenetische Diagnostik geplant ist, werden 30 mg benötigt. (siehe hierzu auch Probennahme/Versand).
Pränataler FISH-Schnelltest
Die Methode der FISH wird in der vorgeburtlichen Diagnostik vor allem für den pränatalen Schnelltest mittels FISH (FISH = Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) nach Amniocentese eingesetzt. Hierbei wird an unkultivierten Fruchtwasserzellen (Interphasezellen) nach Hinweisen für das Vorliegen der häufigsten zahlenmäßigen Chromosomenstörungen (beispielsweise Trisomien der Chromosomen 13, 18, 21) gesucht. Auf Wunsch ist zusätzlich auch eine Bestimmung der Geschlechtschromosomen X und Y möglich. Die Ergebnisse dieses Tests liegen nach 24-36 Stunden vor. Sie geben zumeist eine gute vorläufige zahlenmäßige Einschätzung bezüglich der untersuchten Chromosomen 13, 18 und 21 (X und Y). Andere als die untersuchten Chromosomen sowie die Struktur der Chromosomen lassen sich mit dieser Methode nicht beurteilen. Zur endgültigen Beurteilung muss deshalb die konventionelle Chromosomenanalyse abgewartet werden.
Pränatale Diagnostik struktureller Chromosomenveränderungen mit FISH
Eine Beurteilung der Chromosomenstruktur mittels FISH ist nur bei gezielten Fragestellungen möglich. Eine solche Fragestellung wäre beispielsweise, wenn beim ungeborenen Kind der Verdacht auf ein spezielles Mikrodeletionssyndrom oder auf die unbalancierte Form eines in der Familie bekannten Chromosomenumbaus (z.B. unbalancierte Translokation) besteht. Bei solchen Fragstellungen verwenden wir FISH-Sonden, welche speziell die in Betracht kommende Chromosomenregion nachweisen. Entsprechend den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik erfolgt der Nachweis nach Kultivierung an Zellen im Metaphasestadium. Entsprechend liegt das Ergebnis nach etwa 2-3 Wochen vor.
Folgende pränatale FISH-Anwendungen werden bei uns durchgeführt:
- FISH-Nachweis unbalancierter Translokationen
- Mikrodeletionsdiagnostik
- Pränataler FISH-Schnelltest (Chromosomen 13, 18, 21, X, Y)
Probenentnahme und Probenversand:
Amniocentese: Es werden etwa 15-20 ml Fruchtwasser benötigt (pränataler Schnelltest + konventionelle Chromosomenanalyse), welches uns nach der Punktion umgehend mittels Boten oder Eilpost ungekühlt zugeschickt werden sollte.
Die Chorionzottenbiopsie erfordert die vorherige Anmeldung, damit am Punktionstag gegebenenfalls eine unserer technischen Mitarbeiter/innen vor Ort die Präparation der Chorionzotten und den anschließenden Transport übernehmen kann. Benötigt werden 10-20 mg Zottengewebe; falls zusätzlich eine DNA-Gewinnung für eine spezielle molekulargenetische Diagnostik geplant ist, werden 30 mg benötigt.
Chromosomenuntersuchungen bei Kindern oder Erwachsenen
Bei Kindern oder Erwachsenen werden Chromosomenuntersuchungen zumeist aus Lymphozyten (Venenblut), bei speziellen Fragestellungen auch aus Fibroblasten (Hautbiopsien) durchgeführt. Anwendungsbeispiele sind unklare geistige Behinderungen in der Familie, gehäufte Fehlgeburten sowie Kinder mit körperlichen Auffälligkeiten, Fehlbildungen oder Entwicklungsverzögerungen.
Hierfür werden Zellen kultiviert, im Stadium der Zellteilung (Metaphase) gefärbt und bezüglich ihrer Anzahl und ihrer Struktur untersucht.
Diese Untersuchungsmethode findet breite Anwendung zum Nachweis zahlenmäßiger oder größerer struktureller Chromosomenveränderungen. Das typische Bandenmuster jedes einzelnen Chromosoms wird nach Färbung durch den Farbstoff Giemsa überprüft und der Chromosomensatz als Karyogramm dargestellt. Die untere Grenze der Auflösung liegt bei etwa 4-6 Millionen Basenpaaren, wobei diese Nachweisgrenze in Abhängigkeit vom untersuchten Gewebe und der betroffenen Chromosomenregion schwanken kann.
Mögliche Indikationen für eine konventionelle Chromosomenanalyse sind beispielsweise:
- angeborene Fehlbildungen
- Entwicklungsverzögerung
- auffällige oder ausbleibende Pubertät
- unterdurchschnittliche Körpergröße
- unerfüllter Kinderwunsch
- wiederholte Fehlgeburten oder Totgeburten
- Chromosomenstörungen in der Familie
- unklare geistige Behinderungen in der Familie
- Fehlgeburtsgewebe
Probenentnahme und Probenversand:
Die Proben sollten am Abnahmetag versandt werden und innerhalb von 3 Tagen bei uns eintreffen. Der Versand erfolgt ungekühlt in den für den Versand von biologischem Materials vorgesehen Standard-Postverpackungen oder mit Kurier.
Venenblut: Es werden in der Regel 3-5ml heparinisiertes Venenblut benötigt. Für die Entnahme muss der Patient nicht nüchtern sein.
Gewebe: Falls die Einsendung von Gewebe (z.B. Hautbiopsie, Fehlgeburtsgewebe) geplant ist, bitte sterile Röhrchen mit NaCl-Lösung verwenden oder zuvor spezielle Röhrchen mit sterilem Nährmedium bei uns anfordern (siehe hierzu auch Probennahme/Versand). Die Ergebnisse der konventionellen Chromosomenanalyse liegen, je nach Untersuchungsumfang, nach 2-5 Wochen vor (siehe hierzu auch Probennahme/Versand).
Für die FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) werden DNA-Sonden verwendet, welche mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert wurden und an bestimmte Abschnitte eines Chromosoms binden. Dadurch kann das Fehlen, die Verdopplung oder die Umlagerung eines solchen Abschnitts erkannt werden. Die FISH wird häufig zur Diagnose von Mikrodeletionssyndromen eingesetzt.
Nachweis von Mikrodeletionssyndromen mittels FISH:
Bei Mikrodeletionssyndromen handelt es sich um Erkrankungen, welche aufgrund von kleinsten Stückverlusten an Chromosomen entstehen, die mit der konventionellen Chromosomenanalyse nicht nachweisbar sind. Infolge kann es zu je nach deletierter Region zu unterschiedlichen genetischen Erkrankungen kommen. Diese weisen jeweils eine charakteristische Kombination von äußeren Auffälligkeiten, Fehlbildungen und geistiger Entwicklungsverzögerung auf. Häufige Mikrodeletionssyndrome sind:
Mikrodeletionssyndrom (Locus)
Mögliche Symptome
Mikrodeletion 22q11.2-Syndrom (22q11.2)
Auffällige Facies mit plumper Nase, angeborener Herzfehler (Fallot’sche Tetralogie, VSD), Hypokalzämie, Thymushypoplasie, Lernbehinderung bis geistige Retardierung, Pharynxhypotonie, Kleinwuchs
DiGeorge-Syndrom (22q11.2)
siehe Mikrodeletion 22q11.2-Syndrom
Shprintzen-Syndrom (22q11.2)
siehe Mikrodeletion 22q11.2-Syndrom
Velo-cardio-faziales Syndrom (22q11.2)
siehe Mikrodeletion 22q11.2-Syndrom
22q13.3-Deletionssyndrom
(22q13.3)
Neonatale Hypotonie, normales bis beschleunigtes Längenwachstum, psychomotorische Retardierung (insb. Sprachretardierung), autistische Verhaltensweisen
Kallmann-Syndrom (X-chromosomal, ohne Punktmutationen) (Xp22.3)
Anosmie, hypertropher Hypogonadismus, urogenitale Fehlbildungen
Katzenschrei-Syndrom (Cri-du-Chat-Syndrom) (5p15.2 > 5p
Auffälliges Schreien im Säuglingsalter, psychomotorische Retardierung, Mikrozephalie, Minderwuchs
Miller-Dieker-Syndrom (17p13.3)
Lissencephalie, IUGR, faziale Auffälligkeiten, Mikrozephalie, psychomotorische Retardierung, Fehlbildungen von Herz, Darm und Urogenitaltrakt
Smith-Magenis-Syndrom (17p11.2)
Selbstverstümmelung, schwere psychomotorische Retardierung, gestörtes Schlafmuster, tiefe Stimme, Herz- und Nierenfehlbildungen
Swyer-Syndrom (SRY-Deletion) (Yp11.3)
Gonadale Dysgenesie, weiblicher Phänotyp bei XY-Chromosomensatz
Williams-Beuren-Syndrom (7q11.23)
“Elfengesicht”, supravalvuläre Aortenstenose, Minderwuchs, Hyperkalzämie, Schwerhörigkeit, Urogenitalfehlbildungen, kognitive Teilleistungsstörungen bis geistige Behinderung, Kontaktfreudigkeit, Musikalität
Wolf-Hirschhorn-Syndrom (4p16.3)
charakteristische Facies („griechischer Helm“), IUGR, psychomotorische Retardierung, Anfallsleiden, LKG-Spalte, Colobom, Hypospadie, Herz- und Nierenfehlbildungen
X-gebundene Ichthyosis, syndromale Form (Xp22.32)
Ichthyosis, psychomotorische Retardierung, Kallman-Syndrom, Chondrodysplasia punctata, Kleinwuchs, okularer Albinismus
Probenentnahme und Probenversand:
Die Proben sollten am Abnahmetag versandt werden und innerhalb von 3 Tagen bei uns eintreffen. Der Versand erfolgt ungekühlt in den für den Versand von biologischem Materials vorgesehen Standard-Postverpackungen oder mit Kurier.
Venenblut: Es werden in der Regel 3-5ml heparinisiertes Venenblut benötigt. Für die Entnahme muss der Patient nicht nüchtern sein.
Gewebe: Falls die Einsendung von Gewebe (z.B. Hautbiopsie, Fehlgeburtsgewebe) geplant ist, bitte sterile Röhrchen mit NaCl-Lösung verwenden oder zuvor spezielle Röhrchen mit sterilem Nährmedium bei uns anfordern (siehe hierzu auch Probennahme/Versand). Die Ergebnisse der konventionellen Chromosomenanalyse liegen, je nach Untersuchungsumfang, nach 2-5 Wochen vor (siehe hierzu auch Probennahme/Versand).