Cancer Survivorship
Überleben mit und nach einer Krebserkrankung
Durch den medizinischen Fortschritt und die damit einhergehenden verbesserten Überlebenschancen wächst in Deutschland die Gruppe der Überlebenden mit und nach einer Krebserkrankung (sogenannte „Cancer Survivors“) stetig an.
Auf dieser Seite möchten wir Ihnen Informationen und Unterstützungsangebote rund um das Krebsüberleben, das „Cancer Survivorship“ zur Verfügung stellen.
Inhalte auf dieser Seite
Warum ist das Thema „Survivorship“ wichtig?
Die Diagnose Krebs ist oft ein Wendepunkt im Leben, doch die Herausforderungen enden für viele Betroffene nicht mit dem Abschluss der Behandlung. Viele Betroffene kämpfen weiterhin mit körperlichen, emotionalen und sozialen Folgen. Themen wie Fatigue, Nebenwirkungen, Angst vor Rückfällen, finanzielle Belastungen oder der Wiedereinstieg ins Berufsleben prägen den Alltag vieler Überlebender. Cancer Survivorship rückt diese Erfahrungen in den Fokus.
Beim Thema Cancer Survivorship geht es nicht nur darum, die Krebserkrankung zu überleben, sondern Lebensqualität und Selbstbestimmung wiederzugewinnen sowie langfristig gesund und erfüllt leben zu können.
Definition: Wer gehört zu den Cancer Survivors?
Zu den Cancer Survivors gehören:
- Personen, die nach Abschluss ihrer Behandlung als krankheitsfrei gelten,
- Personen, die weitere Therapien zur Verringerung des Rückfallrisikos erhalten sowie
- Betroffene mit einer gut kontrollierten Erkrankung und milden Symptomen, die behandelt werden, um mit Krebs als chronischer Erkrankung leben zu können.
Der Beginn des Langzeitüberlebens wird in der internationalen Literatur unterschiedlich definiert. Eine häufig genutzte Einteilung unterscheidet drei Phasen:
- das frühe (akute) Überleben,
- das mittlere Überleben und
- das Langzeitüberleben, das etwa 5 Jahre nach Abschluss der Akutbehandlung beginnt.
Leben nach der Akutbehandlung: Bewältigung und Unterstützungsmöglichkeiten
Nach der Akutbehandlung einer Krebserkrankung beginnt ein neuer Lebensabschnitt, der oft mit vielen Fragen und Herausforderungen verbunden ist. Die körperliche und emotionale Genesung sowie der Umgang mit damit zusammenhängenden Veränderungen erfordern Zeit und Unterstützung. Die folgenden Angebote können helfen, das Leben nach der Akutbehandlung zu ordnen sowie die Erkrankung und deren Folgen zu bewältigen:
Die Rehabilitation nach der Behandlung gehört zu den ersten wichtigen Schritten im Rahmen des Survivorship. Die Anschlussheilbehandlung schließt direkt an die Akutbehandlung an und muss bereits im Krankenhaus beantragt werden.
Nach der Behandlung stehen viele Betroffene vor der Herausforderung, in ihr „normales Leben“ zurückzufinden. Dazu gehören zum Beispiel die Angst vor einem Rückfall (Rezidivangst), Veränderungen in Beziehungen oder im beruflichen Alltag sowie neue Prioritäten, die durch die Erfahrung der Erkrankung geprägt sind. Psychoonkologische Fachkräfte können im Beratungsgespräch neue Perspektiven aufzeigen, um persönliche Ressourcen zu stärken und Strategien für den Umgang mit Ängsten und Unsicherheiten zu entwickeln.
Zu den psychischen Herausforderungen kommen oftmals Herausforderungen im sozialrechtlichen und finanziellen Bereich. Es ist wichtig zu wissen, auf welche Sozialleistungen Sie einen gesetzlichen Anspruch haben, welche Ämter zuständig sind und welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Eine Sozialberatung kann dabei helfen, Fragen und Ansprüche zu klären.
In Selbsthilfegruppen können Betroffene Informationen austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Aus eigener Erfahrung heraus können Mitglieder untereinander auf Ängste, Sorgen und Probleme eingehen und dadurch praktische Hilfe leisten. Der Erfahrungsaustausch in Selbsthilfegruppen kann Mut machen und neue Hoffnung geben. Regionale Selbsthilfegruppen organisieren zudem regelmäßige Treffen, Informationsveranstaltungen und Vorträge.
Nachsorge
Der Übergang zur Nachsorge nach der Akutbehandlung ist oft fließend, besonders bei Krebsarten wie Brust- oder Prostatakrebs. Länger andauernde Behandlungen, wie adjuvante oder antihormonelle Therapien, können sich über Jahre erstrecken und die Grenzen zwischen Erst-, Weiterbehandlung und Nachsorge verschwimmen lassen. Generell zielt die Nachsorge darauf ab, den Behandlungserfolg zu sichern, mögliche Rückfälle frühzeitig zu erkennen, Langzeitfolgen zu behandeln und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Wichtig: Fordern Sie nach Abschluss der Therapie einen ärztlichen Bericht an, der Diagnose, durchgeführte Therapie, Krankheitsverlauf sowie akute Nebenwirkungen oder Komplikationen der Behandlung zusammenfasst.
Warten Sie nicht bis zum nächsten Nachsorge-Termin, wenn Sie Beschwerden haben. Gehen Sie besser gleich zu Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
Häufige Fragen und Antworten zur Nachsorge
Manche Nebenwirkungen, die schon während der Krebsbehandlung auftreten, können auch darüber hinaus bestehen bleiben und es kann dauern, bis diese zurückgehen. Man nennt diese Art von Nebenwirkung auch Langzeitfolgen. Spätfolgen hingegen können erst Jahre später auftreten und sind meist Folgen der jeweiligen Behandlungsart. Die Grenzen zwischen Langzeit- und Spätfolgen können fließend sein.
Häufige Langzeitfolgen sind zum Beispiel:
- Fatigue (chronische Erschöpfung)
- (chronische) Schmerzen
- Schlafstörungen
- Depressionen
- Bewegungseinschränkungen
- Polyneuropathie
- Konzentrationsschwierigkeiten („Chemobrain“)
- Verfrühte Menopause
- Verändertes Körperbild
Spätfolgen sind zum Beispiel:
- Herzkreislauferkrankungen durch Strahlen- und Chemotherapie
- Stoffwechselerkrankungen
- Osteoporose und Knochenbrüche
- Hauttumoren
- Zweittumoren
Eine detaillierte Auflistung der Langzeit- und Spätfolgen finden Sie im Patientenratgeber „Survivorship“ der European Society for Medical Oncology (ESMO) ab Seite 35 oder im Onkopedia-Artikel zum Thema Survivorship.
Die Nachsorge sollte nach Möglichkeit von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden, die für den jeweiligen Tumorbereich spezialisiert sind. Die Nachsorge kann ambulant oder im Krankenhaus erfolgen. Hausärztinnen und Hausärzte sollten ebenfalls koordinierend in die Nachsorge einbezogen werden.
Die Dauer der Nachsorge ist individuell, läuft aber meist bis zu fünf Jahre. Engmaschige Kontrollen gibt es vor allem in den ersten Jahren, weniger häufige Termine im weiteren Verlauf.
Ein Nachsorgekalender kann helfen, den Überblick über die Behandlungstermine zu behalten:
Auch nach Ablauf der fünf Jahre kann es hilfreich sein, regelmäßige ärztliche Untersuchungen wahrzunehmen. Denn: Spätfolgen können auch noch viele Jahre nach Behandlungsende auftreten, zum Beispiel eine Herzerkrankung oder ein Zweittumor. Nutzen Sie auch die gesetzlichen Krebsvorsorgeuntersuchungen.
Die Nachsorge richtet sich nach:
- Tumorart und Krankheitsstadium.
- Therapieform
- Persönlichen Risikofaktoren wie genetischen Dispositionen oder familiärer Häufung von Tumorerkrankungen
Sie kann aus verschiedenen Untersuchungen bestehen, z.B. Bildgebung (Ultraschall, CT, MRT), Endoskopien und Blutentnahme.
Es gibt keine speziellen gesetzlichen Regelungen oder Richtlinien bezüglich der Kosten für die Nachsorge in der Onkologie. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist von der medizinischen Notwendigkeit abhängig. Die Ärztin oder der Arzt entscheidet, welche Nachsorgeleistung eine Patientin oder ein Patient zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erhält.
Ausnahme: Disease-Management-Programm bei Brustkrebs
Rückkehr in den Beruf und Wiedereingliederung
Die berufliche Wiedereingliederung nach einer Krebserkrankung verläuft individuell sehr unterschiedlich und hängt stark von der persönlichen Situation und den gesundheitlichen Rahmenbedingungen ab. Dennoch gibt es allgemeine Herausforderungen, die viele Betroffene teilen.
Bedeutung der Arbeit: Für viele Krebsüberlebende ist der Beruf ein wichtiger Aspekt ihres Lebens. Neben der finanziellen Sicherheit trägt er zur psychosozialen Stabilität bei, indem er Beziehungen zu Kollegen stärkt und das Selbstwertgefühl sowie die Lebenssinnfindung unterstützt. Arbeit lenkt zudem von der Erkrankung ab und vermittelt das Gefühl, zur alten Lebensweise zurückzukehren.
Mögliche Szenarien:
- Einige Menschen arbeiten während oder nach der Behandlung („normal“) weiter.
- Andere wechseln die Art ihrer Tätigkeit oder passen ihr Arbeitsmodell an.
- Wieder andere haben ihre Stelle verloren oder können aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in ihren alten Beruf zurückkehren bzw. gar nicht mehr arbeiten.
Für den beruflichen Wiedereinstieg ist eine sorgfältige Vorbereitung und Planung essenziell. Dazu gehören folgende Aspekte:
Besprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob Sie fit genug für Ihre frühere Tätigkeit sind. Dabei sollten körperliche Verfassung, mögliche Nebenwirkungen der Behandlung und die Aussicht auf eine stabile Gesundheit berücksichtigt werden.
Falls Sie bereit sind, in Ihren alten Beruf zurückzukehren, ist ein Gespräch mit dem Arbeitgeber der nächste Schritt. Hierbei können das Betriebliche Eingliederungsmanagement oder die Stufenweise Wiedereingliederung hilfreich sein.
Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie Ihre Krebserkrankung am Arbeitsplatz offenlegen möchten. Arbeitgeber sollten jedoch über Ihre Einschränkungen informiert sein, um realistische Übergangspläne zu erstellen.
Wenn eine Rückkehr in die alte Tätigkeit nicht möglich oder nicht erwünscht ist, stellt die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle eine Chance zur beruflichen Neuorientierung dar. Die neue Tätigkeit sollte dabei mit den veränderten Prioritäten und gesundheitlichen Bedürfnissen vereinbar sein. Eine offene Kommunikation mit neuen Arbeitgebern über Einschränkungen kann hilfreich sein, ist jedoch nicht verpflichtend. Eine Berufsberatung (zum Beispiel durch die Rentenversicherung oder das Arbeitsamt) oder der Austausch in einer Selbsthilfegruppe können praktische Unterstützung bei der Jobsuche und der Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche bieten.
Im Rahmen einer Sozialberatung oder einer Teilhabeberatung können Sie Fragen zur Rückkehr in den Beruf klären.
Als Krebspatientin/Krebspatient haben Sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Mit einer onkologischen Erkrankung erhalten Sie i.d.R. einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und somit einen Schwerbehindertenausweis. Dieser ist mit Rechten und Nachteilsausgleichen im beruflichen Kontext verbunden.
Die Rückkehr in den Beruf kann bedeuten, dass sich das Arbeitsumfeld verändert hat. Verantwortlichkeiten wurden neu verteilt, andere Kollegen sind aufgestiegen. Offenheit im Umgang mit Kollegen und Arbeitgebern kann helfen, ein neues Gleichgewicht zu schaffen.
Leider kann es auch zu diskriminierendem Verhalten kommen, etwa durch Isolation oder mangelnde Flexibilität bei Arztterminen. In solchen Fällen ist es wichtig, sich auf bestehende Gesetze (zum Beispiel Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) zu berufen und Unterstützung einzuholen (zum Beispiel durch die Schwerbehindertenvertretung und/oder den Betriebsrat). Eine proaktive Kommunikation über Bedürfnisse und mögliche Einschränkungen mit Vorgesetzten sowie Kolleginnen und Kollegen kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden.
Gut zu wissen: Ausführliche Informationen und Antworten auf häufige Fragen zu den Themen Rückkehr in den Beruf, Erwerbsminderungsrente, Rente, Schwerbehindertenausweis und finanzielle Angelegenheiten finden Sie auf unserer Seite zur Sozialberatung.
Gesund leben und Krebsprävention
Ein gesunder Lebensstil kann helfen, …
- das Risiko eines Rückfalls oder einer neuen Krebserkrankung zu reduzieren
- krebsbedingten Spätfolgen wie langanhaltenden körperlichen und emotionalen Problemen vorzubeugen
- anhaltende Symptome und Nebenwirkungen zu kontrollieren
- das Risiko anderer chronischer Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes zu senken
- den allgemeinen Gesundheitszustand und die Lebensqualität zu verbessern
Vielleicht haben Sie als Cancer Survivor Fragen zu den Themen Bewegung und Ernährung, zum Beispiel:
- Soll ich meine Ernährung umstellen? Und wenn ja, wie passe ich meine Ernährung an?
- Sollte ich zu- oder abnehmen?
- Brauche ich Nahrungsergänzungsmittel?
- Kann ich unbedenklich sportlich aktiv sein?
- Welchen Sport bzw. welche körperliche Aktivität kann ich wählen und wie sollte mein Training aussehen?
- Welche weiteren Veränderungen in meinem Lebensstil könnten neben Ernährung, Bewegung und Gewichtsregulation sinnvoll sein?
Besprechen Sie diese Fragen im Rahmen der Nachsorge.
Ernährung: Eine zertifizierte Ernährungsberatung kann helfen, Fragen zu einer für Sie passenden Ernährung zu klären.
Sport und Bewegung: Auf der Webseite des Projekts „IMPLEMENT“ finden Sie Anlaufstellen für eine qualitätsgesicherte Sport- und Bewegungstherapie bei und nach Krebs. Für junge Erwachsene von 18 bis 39 Jahren wird außerdem eine Online-Sportberatung angeboten.
Gut zu wissen: Nicht nur anstrengender Sport zählt zu einem gesunden Lebensstil. Auch mit Alltagsaktivitäten wie Gartenarbeit und Treppen steigen, können Sie Ihre Gesundheit fördern.
Neben Ernährung und Bewegung als Bestandteile eines gesunden Lebensstils, gibt es noch weitere Dinge, die Sie tun können, um Ihr Wohlbefinden zu steigern und das Risiko eines Rückfalls zu senken. Dazu gehören zum Beispiel, auf das Rauchen und Alkohol zu verzichten, Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen und sich vor UV-Strahlung zu schützen. Erfahren Sie mehr auf unserer Seite zu den 12 Empfehlungen zur Krebsprävention.
Gut zu wissen: Besprechen Sie auch Ihren Impfstatus mit Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt.
Weitere Informationen und Quellen
- Bergelt, C., Bokemeyer, C., Hilgendorf, I., Langer, T., Rick, O., Seifart, U., & Koch-Gromus, U. (2022). Langzeitüberleben bei Krebs: Definitionen, Konzepte und Gestaltungsprinzipien von Survivorship-Programmen. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 65(4), 406–411. https://doi.org/10.1007/s00103-022-03518-x
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie: AYApedia - Langzeitüberleben nach Krebs / Survivorship
- European Society for Medical Oncology: Survivorship - Patientenratgeber
- Krebsinformationsdienst: Langzeitüberleben: Wie mit Spätfolgen von Krebs umgehen?
- Krebsinformationsdienst: Psychosoziale Krebsberatungsstellen: Adresssuche
- Patientenhaus am CCC München: Beratungsangebote
Webseiten des CCC MünchenLMU
Letzte Aktualisierung dieser Webseite: Januar 2025