Immunbiologie
Grundlagenforschung immunologischer Pathomechanismen und Therapieansätze
Die Arbeitsgruppe Immunbiologie untersucht die immunologischen Mechanismen der Uveitis, einer autoimmunen Erkrankung des inneren Auges.
Dabei stehen Fragen zur Pathogenese der Uveitis im Vordergrund. Ziel ist es, durch das Verständnis der immunologischen Mechanismen dieser Krankheit die Entwicklung neuer und gezielter Therapien zu unterstützen.
So konnten wir in den letzten Jahren zwei experimentelle Uveitismodelle etablieren: einen spontan rezidivierenden Erkrankungstyp und eine Uveitisform mit nur einem klinisch sichtbaren Schub, gefolgt von Gefäßneubildungen in der Netzhaut, eine Komplikation, die auch bei Patienten auftreten kann. Diese beiden Modelle ermöglichen uns, neue Therapieansätze besser und umfassender zu untersuchen, da wir festgestellt haben, dass den beiden Uveitisformen unterschiedliche immunologische Mechanismen zugrunde liegen.
Die Charakterisierung der Immunreaktionen, die Rezidive der Uveitis verursachen oder verhindern, ist ein wesentlicher Schwerpunkt unserer Forschung. Die Kenntnis dieser Mechanismen wird die Entwicklung spezifischerer Therapieansätze fördern und die Identifizierung von Biomarker ermöglichen, mit deren Hilfe die Art der Immunantwort der Uveitis bei einzelnen Patienten definiert und somit schneller eine spezifischere und wirksame Behandlung initiiert werden kann.
Vor einigen Jahren haben wir eine Therapie der Uveitis durch orale Toleranzinduktion mit einem HLA-Peptid beschrieben und in einem Heilversuch bei Uveitispatienten getestet. Zwei der acht damals behandelten Patienten hatten seitdem keine weiteren Uveitisschübe. Dieser Therapieansatz ist später in einer kontrollierten klinischen Phase I/II Studie getestet worden.
Kürzlich konnten wir zeigen, dass ein neues "Small Molecule" zur Hemmung des Enzyms DHODH (Dihydroorotat-Dehydrogenase) und somit auch von T-Zellen als potentielles neues Therapeutikum für die Uveitis geeignet wäre. Zurzeit arbeiten wir mit unseren experimentellen Modellen an der lokalen (hier: intraokularen) Anwendung mit dem Ziel der klinischen Anwendung bei Uveitispatienten.
Forschungsschwerpunkte
Die Autoimmunuveitis ist eine das Sehvermögen bedrohende, entzündliche Erkrankung des inneren Auges, von der ca. 2‰ der Bevölkerung betroffen ist. Die Zerstörung der nicht regenerationsfähigen neuronalen und rezeptiven Strukturen des Auges kann zur Erblindung führen. Eine Uveitis kann auch gemeinsam mit anderen systemischen Autoimmunerkrankungen auftreten, z.B. mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wie ankylosierende Spondylitis, Morbus Behçet, entzündliche Darmerkrankungen und Psoriasis (Schuppenflechte).
Die Erkrankung wird durch CD4+ T-Helfer-Zellen vom Typ1 und Typ17 (Th1 und Th17) initiiert. Diese Zellen locken weitere Entzündungszellen ins Auge (Makrophagen, Granulozyten), welche letztlich für die Zerstörung der Netzhaut verantwortlich sind. Im Tiermodell kann eine Uveitis experimentell ausgelöst werden. Durch die Immunisierung mit entsprechenden Autoantigenen werden CD4+ T-Helfer-Zellen aktiviert, die ins Auge einwandern, dort ihr spezifisches Antigen wiederfinden und reaktiviert werden. Diese Reaktivierung hat zur Folge, dass Lockstoffe (Zytokine und Chemokine) für Entzündungszellen ausgeschüttet werden, die dann die Gewebe im Auge zerstören.
Autoantigen-spezifische T-Helfer-Zellen können auch als sog. „T-Zell-Linien“ kultiviert und durch wiederholte Restimulation mit ihrem jeweiligen Antigen und sog. "antigenpräsentierenden Zellen" in ihrer Spezifität und Pathogenität verbessert werden. Solche aktivierten T-Zell-Linien lösen nach Injektion in naive Ratten („adoptiver Transfer“) innerhalb von wenigen Tagen eine Uveitis aus. Nicht antigen-aktivierte T-Zellen sind dazu nicht in der Lage.
Unsere bevorzugten Autoantigene im Auges sind die Peptide PDSAg vom retinalen S-Antigen (Protein der Photorezeptoren) sowie R14 von IRBP (Interphotorezeptor-Retinol-bindendes Protein). Beide Peptide lassen sich leicht synthetisch herstellen und lösen im Tiermodell mit hoher Inzidenz und Reproduzierbarkeit eine Uveitis aus.
Die Uveitis im Menschen verläuft in den meisten Fällen rezidivierend, viele Patienten zeigen aber auch eine chronisch progrediente Verlaufsform. Beide Formen führen zu einer zunehmenden Verschlechterung des Sehvermögens. Man hat schon immer vermutet, dass unterschiedliche Immunmechanismen den Verlauf der Erkrankung beeinflussen.
Wir konnten dafür in unseren Rattenmodellen erstmals den Nachweis erbringen und somit helfen unsere Uveitis-Modelle jetzt dabei, gezielte Therapieansätze zu entwickeln, um die verschiedenen Uveitisformen in Patienten spezifischer behandeln zu können.
Im Rattenmodell entdeckten wir zwei Formen von Uveitis, mit einem "monophasischen" Verlauf nach Immunisierung mit dem S-Antigen Peptid PDSAg, sowie eine Form mit multiplen spontanen, nicht-synchronisierten Rezidiven der klinisch sichtbaren Entzündung nach Immunisierung mit IRBP-Peptid R14. Nach dem Abklingen der PDSAg-induzierten Entzündung sprossen aus der Aderhaut neugebildete Blutgefäße in die teilweise zerstörte Netzhaut ein. Diese sog. "chorioretinalen Neovaskularisationen" (CNV) in der Spätphase der PDSAg-induzierten Uveitis sind höchtswahrscheinlich auf die Produktion von "Vascular Endothelial Growth Factor" (VEGF) durch PDSAg-spezifische T-Zellen zurückzuführen. Nach Immunisierung mit R14 sind solche neuen Blutgefäße dagegen nicht zu sehen, da R14-spezifische T-Zellen kein VEGF produzieren.
Die Entdeckung der VEGF-Produktion bildet einen weiteren Baustein bei unseren Untersuchungen der Unterschiede zwischen der monophasischen und der rezidivierenden Uveitis. Analysen der Genexpression (VEGF konnte hier nicht detektiert werden) zeigten, dass 26 Gene in R14-spezifischen T-Zellen zweifach stärker exprimiert wurden als in PDSAg-spezifischen T-Zellen. Die regulierten Gene gehören zu verschiedenen Signalübertragungswegen in der Zelle, die für die Interaktion mit anderen Zellen, den Membrantransport, die Zellaktivierung, aber auch die Antigenpräsentation und Produktion von Zytokinen, den Boten- und Lockstoffen zur Kommunikation zwischen Zellen, von Bedeutung sind. Eine zentrale Rolle in diesen miteinander vernetzten Signalwegen spielt bei der rezidivierenden Uveitis Interferon-gamma (IFN-γ), das Marker-Zytokin von T-Helfer-1-Zellen.
Neben Th1-Zellen wurde auch Th17-Zellen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Uveitis zugeschrieben. Th17-Zellen zeichnen sich durch die Produktion des Interleukins IL-17 aus. Die jeweiligen Zytokine lassen sich vor ihrer Ausschüttung noch innerhalb der Zellen anfärben und so nachweisen. Analysen der T-Zell-Populationen in Rattenaugen in verschiedenen Stadien der Uveitis zeigten weitere Unterschiede zwischen der monophasischen und der rezidivierenden EAU auf. Wir konnten ferner im Verlauf der Uveitis in den Augen T-Zellen nachweisen, die gleichzeitig IFN-γ, IL-17 und das die Immunantwort unterdrückende Zytokin IL-10 produzieren. Solche Zellpopulationen, die mehrere Zytokine verschiedener T-Zell-Typen gleichzeitig produzieren konnten außerhalb der Augen bisher nicht gefunden werden. Diese Zellen treten besonders häufig in der Abklingphase der "monophasichen" Uveitis auf und sind wahrscheinlich regulatorische Zellen, die weitere Rezidive verhindern. Dies könnte erklären, warum bei Uveitispatienten die klinischen Therapiestudien mit einem Antikörper gegen IL-17 keinen guten Erfolg zeigten.
Verschiedene experimentelle Therapieansätze in unseren beiden Uveitis-Modellen, z.B. mit modifizierten Chemokinen, zeigten z.T. ein völlig unterschiedliches Ansprechen auf die Behandlung. Dies spiegelt die Situation in Patienten wider, die auch oft bei (vermeintlich) gleicher Erkrankung sehr unterschiedliche Therapieerfolge dergleichen Behandlung zeigen.
Ergebnisse bei der experimentellen Autoimmunuveitis:
Arbeitsgruppe:
Kollaborationen:
Kiora Pharmaceuticals Inc., Wien