Diabetes und Auge
Die diabetische Retinopathie ist eine der wichtigsten und häufigsten Erblindungsursachen im erwerbsfähigen Alter in den Industrienationen und die vielleicht gefürchteste Komplikation für Patienten, die an Diabetes leiden. Es ist es aber dank neuester diabetologischer und augenheilkundlicher Innovationen heute möglich Augen zu retten, die noch in jüngerer Vergangenheit als irreversibel geschädigt angesehen worden wären.
Regelmäßige Kontrollen des Augenhintergrundes mit erweiterter Pupille durch den Augenarzt sind deshalb besonders wichtig, da besonders die Anfangsstadien der Veränderungen symptomarm/-frei für den Patienten sein können.
Je länger ein Diabetes besteht, desto größer ist das Risiko, eine Retinopathie zu entwickeln. Die beste Vorbeugung ist eine gute Blutzuckereinstellung mit einem HbA1c-Wert unter 7%, eine optimale Stoffwechselregulation sowie ein gut eingestellter Bluthochdruck.
Man unterscheidet verschiedene Schweregrade der diabetischen Retinopathie:
Die nichtproliferative Retinopathie
Die nichtproliferative Form ist das früher auftretende Stadium, die jedoch in eine proliferative Form übergehen kann. Das erste Krankheitszeichen sind kleine, rötliche Punkte auf der Netzhaut, die so genannten Mikroaneurysmen. Aus den geschädigten Gefäßwänden kann es zum Austritt von Blut in die Netzhaut kommen, ausserdem können sich auf der Netzhaut Fettablagerungen bilden ("harte Exsudate").
Das diabetische Makulaödem
Bei einigen Patienten kommt es zum Austritt von Flüssigkeit im Bereich der Stelle des schärfsten Sehens, der Makula. Man spricht von einem Makulaödem, das zu drastischen Seheinbußen führen kann. Hier können heute wiederholte Medikamenteneinspritzungen in den Glaskörperraum des Auges eine erfolgversprechende Behandlungsoption darstellen. Dabei werden Medikamente, wie Kortisonabkömmlinge oder Hemmstoffe bestimmter Wachstumsfaktoren (VEGF-Inhibitoren) verwendet. Die Injektionen erfolgen ambulant unter lokaler Tropfbetäubung des Auges in einem sterilen Eingriffsraum. Mehrfache Wiederholungen des Eingriffes in zunächst 4-6 wöchigen Abstand sind in der Regel für eine Abschwellung des Ödems erforderlich und regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind daher Behandlungsvoraussetzung. Auch eine Kombination aus zentraler Laserbehandlung und Medikamenteneingabe in das Auge kann zur Stabilisierung sinnvoll sein.
Die proliferative Retinopathie
Die Minderdurchblutung (Ischämie) der Netzhaut durch die nichtproliferative Retinopathie löst oft einen höchst unerwünschten "Reparaturmechanismus" des Auges aus. Neue, aber für die Versorgung der Netzhaut keineswegs hilfreiche Blutgefäße beginnen sich zu bilden, was man als Gefäßproliferation bezeichnet. Dieses fortgeschrittenere, gefährlichere Stadium, die proliferative Retinopathie, ist durch das Auftreten dieser abnormal neugebildeten Blutgefäße charakterisiert. Die Gefäßneubildungen (Neovaskularisationen) an sich neigen häufig zu Blutungen. Eine zugbedingte Netzhautablösung kann dann das Endstadium der diabetischen Augenveränderungen darstellen.
Bei Vorliegen einer fortschreitenden proliferativen diabetischen Retinopathie ist es notwendig, dass große Areale der Netzhaut ausgiebig gelasert werden (= panretinale Laserkoagulation). Die Prozedur ist in der Regel nicht schmerzhaft. Die Behandlung findet ambulant statt, der Patient kann anschließend nach Hause gehen oder fahren - letzteres wegen der erweiterten Pupille nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Schwere proliferative Veränderungen können durch die moderne Glaskörperchirurgie (= Vitrektomie) angegangen werden.
Durch regelmässige augenärztliche Kontrollen sowie eine engmaschige Zusammenarbeit zwischen behandelnden Diabetologen und Augenärzten, ist es heute möglich vielen Menschen, die an Diabetes leiden, lange eine gute Sehschärfe zu erhalten.