Hintergrund
Suizidalität, Depression & die Rolle des Hausarztes
Seit den 1980er Jahren ist die Anzahl der Suizide in Deutschland um etwa die Hälfte zurückgegangen und lag im Jahr 2020 bei 9206. Die Zahl der Suizidversuche ist jedoch nach Schätzung der WHO 10-20-mal höher einzustufen. Etwa 10% der hausärztlichen Patienten haben Suizidgedanken, wobei eine depressive Erkrankung den wichtigsten Risikofaktor beim Übergang von Suizidgedanken zum Suizidversuch darstellt. Die Suizidrate nimmt im Alter stetig zu, was aus hausärztlicher Sicht besonders relevant ist, da auch die Hausarztbesuche im Alter deutlich zunehmen.
Die Allgemeinmedizin nimmt aufgrund des hausärztlichen Vertrauensverhältnisses eine zentrale Rolle in der Depressionsversorgung und damit auch in der Suizidprävention ein. Die Hälfte der diagnostizierten Personen mit Depression wird ausschließlich allgemeinmedizinisch versorgt, und nur ein Fünftel fachspezifisch überwiesen. Der Großteil aller Menschen mit Depression erhält eine Behandlung unter hausärztlicher Beteiligung.
Studien zeigen, dass etwa die Hälfte aller Menschen, die Suizid begehen, in den vier Wochen vor ihrem Tod noch Kontakt zur Primärversorgung hatten. Gleichzeitig berichten Hilfesuchende dem Allgemeinarzt vergleichsweise selten eigeninitiativ von Suizidgedanken. Die regelmäßige aktive Exploration von Suizidalität von Seiten des Hausarztes stellt damit eine wichtige Chance für die Suizidprävention dar, da Hausärzte meist die ersten und manchmal auch die einzigen Ansprechpersonen sind.
Werkzeuge zur Erkennung der Suizidalität & Vorteile der Studie
Dieses wichtige Vorhaben stellt jedoch eine Herausforderung dar, aufgrund der zeitlich knappen Ressourcen in der hausärztlichen Praxis. Es gibt kaum deutschsprachige standardisierte Suizidalitäts-Screening-Instrumente, die aufgrund eines geringen Fragenumfangs gut in der hausärztlichen Praxis zu handhaben sind.
Ziel ist die Konzeption eines neuen, zeiteffizienten Kurzfragebogens - speziell für die Primärversorgung, der neben Suizid-Risikofaktoren auch die jeweiligen protektiven Aspekte berücksichtigt, die Betroffene von einem Suizidversuch abhalten. Damit erhält der behandelnde Arzt im Rahmen der Diagnostik auch direkt Hinweise für erste Präventionsmöglichkeiten.
Als Grundlagen eines Gesprächs- und Beziehungsangebots an suizidale Patienten gelten nach den aktuellen Leitlinien für den Umgang mit akuter Suizidalität bei depressiven Patienten ein „offenes, direktes, ernst nehmendes Ansprechen von Suizidalität“. Hierfür kann der SuPr-X sehr gut genutzt werden.
Wofür steht SuPr-X?
Suizidprävention in der Primärversorgung.
Das X steht für die Anzahl der Fragen, die das neu entwickelte Instrument umfasst. Mithilfe statistischer Verfahren wird der Fragebogen letztlich gekürzt. Am Ende könnte der Fragebogen z.B. SuPr-5 heißen, weil er fünf Fragen umfasst.