Typische Beschwerden
Häufig erfolgt die Vorstellung eines Kindes oder Jugendlichen bei Kinderkardiologen in der Ambulanz entweder mit persönlich empfundenen (subjektiven) Beschwerden oder um eine Mitbeurteilung der Herz-Kreislaufsituation bei anderen Erkrankungen, Therapieformen oder Fragestellungen. Hierbei geht es häufig um den Ausschluss oder Nachweis einer kardialen Ursache des Beschwerdebildes, welches auch andere Ursachen haben kann.
Normalerweise schlägt das Herz und pumpt das Blut durch den Körper, ohne dass man beim Abhören des Herzens mit dem Stethoskop diesen Blutfluss hören kann. Man hört nur die Klappen öffnen und sich schließen - es entsteht das typische „ Bum-Bum“.
Wenn man zusätzlich zu diesen normalen Herztönen weitere Geräusche hört, spricht man von Herzgeräuschen („Pssccchhhhtt-Bum“). Diese entstehen, wenn das Blut entweder sehr schnell fließt oder sich Wirbel bilden. Es gibt gutartige, eher musikalisch klingende Herzgeräusche, die harmlos sind, aber auch Herzgeräusche die rau klingen und laut sind. Herzgeräusche können also vielerlei Ursachen haben; da hier auch ein Herzfehler vorliegen kann, oder eine vorher gesunde Herzklappe erkrankt ist, sollte man im Zweifel nachsehen, was die Ursache für das Herzgeräusch ist. Dies kann in der Regel sehr einfach mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) erfolgen.
Für weitere Detailinformationen - siehe Leitlinie der DGPK: Abklärung eines Herzgeräusches
Es gibt einige typische Herzfehler, bei denen das blaue Blut, das aus dem Körper kommt, an der Lunge vorbei und direkt in den Körper fließt - diese Herzfehler nennt man zyanotische Herzfehler - Herzfehler mit „Blauverfärbung“ bzw. blue babies (siehe Abbildung).
Zusätzlich verfärben sich die Finger bzw. Hände, Füße, Ohren, Lippen, die Nasenspitze und manchmal auch die ganze Haut im Gesicht bläulich, wenn wegen einer schweren Herzerkrankung das Herz das Blut nicht kräftig durch den Körper pumpen kann.
Daher werden Kinder und Jugendliche, bei denen eine Blauverfärbung (Zyanose) aufgefallen ist, gerne beim Kinderkardiologen vorgestellt, um eine Herzerkrankung oder einen Herzfehler auszuschließen. Viele mögliche Ursachen kann man mit Hilfe einer einfachen Untersuchung, ggf. mit Echokardiographie ausschließen, manchmal ist eine Belastungsuntersuchung hilfreich.
Für weitere Detailinformationen- siehe Leitlinie der DGPK: Abklärung einer Zyanose
Da die typischen Beschwerden für einen Herzinfarkt, die praktisch die gesamte Bevölkerung kennt, Schmerzen in der Brust sind, die in den Arm, Kopf, Schulter Bauch und Rücken ausstrahlen, werden Kinder und Jugendliche gerne beim Kinderkardiologen vorgestellt, wenn sie über Schmerzen in der Brust klagen.
Diese Brustschmerzen im Kindes- und Jugendalter sind jedoch in weniger als 1% aller Fälle auf Probleme mit dem Herzen zurückzuführen. Hierfür gibt es einige Warnsignale (sog. „red flags“) auf die man achten sollte und bei denen eine weiterführende kardiologische Untersuchung erfolgen sollte (EKG, ECHO, etc.). Zu den Herz - bedingten Ursachen gehören z.B. Fehlanlagen der Herzkranzgefäße, Herzentzündungen und Herzmuskelerkrankungen.
Die häufigsten Ursachen liegen bei Problemen der Wirbelsäule, Rippen und Muskulatur, was sich durch eine gründliche körperliche Untersuchung ohne Apparatemedizin oder Blutuntersuchung klären lässt. Weiterhin sind z.B. Erkrankungen der Lunge, des Magens, Infektionserkrankungen, Vitamin D Mangel, psychosomatische Ursachen und weitere seltenere Gründe zu nennen.
Für weitere Detailinformationen - siehe Leitlinie der DGPK: Thoraxschmerzen
Ein plötzlich auftretender Schwindel mit oder ohne Ohnmachtsanfall kann auch aufgrund einer Herzerkrankung oder akuten Herzrhythmusstörungen auftreten und deswegen zu einer Abklärung beim Kinderkardiologen führen.
Eine Synkope ist definiert als ein vorübergehender Bewusstseinsverlust infolge einer schwerwiegenden Mangeldurchblutung des Gehirns und ist klinisch charakterisiert durch rasches Einsetzen, den Verlust des Muskeltonus, eine kurze Dauer sowie eine spontane und vollständige Erholung. Hierbei kann es auch zu kurzen Zuckungen der Muskeln bzw. Extremitäten kommen, ohne dass eine Epilepsie vorliegt. Vor dem 10. Lebensjahr sind Synkopen selten, bis zu ca. 40% der unter 21-Jährigen haben mindestens eine Synkope erlebt. Die Synkope selbst kann zu Verletzungen jeglicher Art führen, u.a. auch zur Commotio und Hirnblutung.
Von der Synkope abzugrenzen sind Bewusstseinsstörungen, die anderes aussehen und andere Ursache haben, z.B. aufgrund spezifischer neurologischer Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen (z.B. Unterzucker) oder psychiatrischen Problemen.
Die häufigsten Ursachen sind Kreislaufprobleme (orthostatisch bedingte Synkope). Das Herz als Auslöser der Synkope ist selten, hierfür gibt es einige Warnsignale (sog. „red flags“) auf die man achten sollte und bei denen eine weiterführende kardiologische Untersuchung erfolgen sollte (EKG, ECHO, etc.).
Die meisten Ursachen lassen sich mit einer einfachen Untersuchung und einer genauen Erhebung der Krankengeschichte („was ist wann passiert?“) eruieren, hierbei sind Fragebögen extrem hilfreich. Ein Stehtest, eine Kipptischuntersuchung oder auch eine Belastungsuntersuchung können im Einzelfall notwendig sein, um die genaue Ursache herauszufinden.
Für weitere Detailinformationen - siehe Leitlinie der DGPK: Synkope im Kindes- und Jugendalter
Auch die Beschwerden Herzklopfen, Herzstolpern und unregelmäßiger Herzschlag sowie „Herzrasen“ führen häufig zur Vorstellung beim Kinderkardiologen - der Fachbegriff ist Palpitationen. Zunächst einmal muss man anmerken, dass auch ein gesundes Herz niemals völlig regelmäßig schlägt, allein beim Ein- und Ausatmen ändert sich die Herzfrequenz ganz physiologisch. Zusätzlich sind mehrere hundert Extraschläge über den Tag verteilt ebenfalls normal und ohne jeden Krankheitswert. Hierbei kann das Herz entweder teilweise zu schneller, unregelmäßig oder zu langsam schlagen. Um den Herzrhythmus genau zu bestimmen, führen wir ein EKG durch, und um die Extraschläge zu zählen, benötigen wir ein EKG, welches über einen Tag die Herzschläge aufnimmt (24-Stunden-EKG). Hierbei wird ein Tagesprotokoll geführt und ist es wichtig, genau den Zeitpunkt, die Dauer, mögliche auslösende Faktoren und daher die gerade ausgeführte Tätigkeit zu bestimmen.
Während viele der Beschwerden gutartig sind und keine weitere Behandlung bedürfen, muss bei einigen Beschwerden genauer nachgesehen werden und ggf. auch eine weiterführende Ursachenforschung (Diagnostik) oder Behandlung (Therapie) erfolgen.
Hier sind die folgenden Beschwerden typisch:
- Herzrasen mit hoher Frequenz aus der Ruhe heraus - anfallsartig
- Herzstolpern unter Belastung zunehmend
- Herzstolpern mit Schwindelgefühl oder Ohnmachtsanfällen
Wenn ein Behandlungsgrund besteht, können viele der Herzrhythmusstörungen mit Medikamenten gut behandelt werden; bei einigen Formen bieten sich spezielle Herzkatheteruntersuchungen an (sog. elektrophysiologische Untersuchungen), andere benötigen einen Herzschrittmacher.
Für weitere Detailinformationen - siehe Leitlinie der DGPK:
LL Bradykarde Rhythmusstörungen
LL Tachykarde Rhythmusstörungen
Viele Patienten werden zur weiteren Abklärung und ggf. auch Einleiten einer Behandlung beim Kinderkardiologen vorgestellt, da ein erhöhter Blutdruck z.B. im Rahmen einer Routineuntersuchung gemessen wurde. Der erhöhte Blutdruck - die arterielle Hypertonie - ist definiert als dauerhafte Erhöhung des Blutdruckes. Bei Kindern und Jugendlichen < 16 Jahren sollen dabei die geschlechts-, alters- und größenabhängigen Referenzwerte (sogenannte Blutdruck-Perzentilen) verwendet werden.
Prinzipiell wird zwischen einer primären Hypertonie (d.h. Bluthochdruck mit unklarer Ursache) und einer sekundären Hypertonie aufgrund einer organischen Erkrankung (z.B. Herz, Niere, Hormone, Stoffwechsel) unterschieden. Der typische Herzfehler, der mit einer Blutdruckerhöhung einhergeht, ist die Aortenisthmusstenose.
Blutdruckmessungen bei Kindern und Jugendlichen sollen standardisiert und in Ruhe erfolgen. Die Diagnose einer arteriellen Hypertonie soll nicht anhand einer einmaligen Messung gestellt werden. Für die Sicherung der Diagnose einer arteriellen Hypertonie sollen Wiederholungsmessungen im Abstand von einigen Tagen bis Wochen durchgeführt werden. Die Gelegenheits-Blutdruckmessung dient dem Screening, für die Diagnosestellung und die Kontrolle der medikamentösen Therapie der arteriellen Hypertonie ist die Langzeit-Blutdruckmessung entscheidend. Die Diagnose Hypertonie soll durch eine ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung (ABDM) bestätigt werden. Dabei wird eine Blutdruckmanschette für mindestens 24 Stunde getragen, die z.B. alle 30 Minuten den Blutdruck misst. Wie beim 24-hr-EKG auch muss hierbei ein Protokoll geführt werden.
Liegen die ABDM-Messwerte über der 95. Perzentile handelt es sich um eine manifeste - bewiesene - Hypertonie. Sind die ABDM- Messwerte normal trotz erhöhter Blutdruckwerte in der Praxis besteht eine sogenannte Praxis- oder ‚Weißkittel‘-Hypertonie. Sind bei normalem Praxisblutdruck die ABDM-Messwerte erhöht, spricht man von einer maskierten Hypertonie.
Ein erhöhter Body-Mass-Index (= Übergewicht) ist der stärkste Risikofaktor für eine Hypertonie bei Jugendlichen Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle bei der Blutdruckregulation. Das Blutdruckniveau im Kindesalter beeinflusst das Risiko für die Entstehung eines bedeutsamen Bluthochdrucks im Erwachsenenalter. Hieraus entwickeln sich bereits frühzeitig, d.h. in jungen Jahren bedeutsame Folgeerkrankungen wie Gefäßverkalkung (Arteriosklerose), Riss der Körperhauptschlagader (Aortenaneurysma, Dissektion), Herzinfarkt, Herzmuskelschwäche, Schlaganfall, Niereninsuffizienz und Hirnfunktionsstörungen. Daher ist es besonders wichtig, bereist frühzeitig regelmäßig Blutdruck zu messen und je nach den Ursachen diesen auch strikt zu behandeln.
Für weitere Detailinformationen - siehe Leitlinien der DGPK: Arterielle Hypertonie
Beschwerden, die mit einer Verringerung der Belastungsfähigkeit einhergehen, führen ebenfalls häufig zur Vorstellung beim Kinderkardiologen. Das führende Beschwerdebild (Symptom) ist hierbei vor allem bei den Jugendlichen die Luftnot, welche bei einfachen Fällen nur bzw. vor allem unter Belastung, in schweren Fällen auch in Ruhe auftreten kann. Hierbei sind viele Ursachen möglich - von einem einfachen mangelhaften Trainingszustand und Übergewicht, bis hin zu ernsthaften Erkrankungen des Herzens und/oder der Lunge.
Bei einer eingeschränkten Herzfunktion spricht man von einer Herzinsuffizienz. Eine Herzinsuffizienz ist pathophysiologisch dadurch gekennzeichnet, dass das Herz nicht in der Lage ist, die Zellen des Körpers mit genügend Blut und damit Sauerstoff zu versorgen, um den Gewebestoffwechsel in Ruhe oder unter Belastung sicherzustellen. Die typischen Symptome sind Luftnot (Dyspnoe), schneller Herzschlag (Tachykardie), und die Leistungseinschränkung. Aufgrund von einer körpereigenen Gegenregulation kommen Zeichen der schlechten Durchblutung (kalte, blaue Hände) sowie Flüssigkeitseinlagerungen im Lungen- und/oder Körperkreislauf hinzu.
Bei herzinsuffizienten Kindern liegt in mehr als 60% ein angeborener Herzfehler als Ursache vor. Hauptursachen bei Kindern mit normalem Herzen sind Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien), die in der Regel eine Verschlechterung aufweisen, und entzündliche Herzerkrankungen.
In der Regel lässt sich anhand einer einfachen Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie) sowie einem EKG die Ursache der Leistungseinschränkung von Seiten des Herzens beweisen oder ausschließen. Die ursächliche (kausale) Therapie der Herzinsuffizienz bei angeborenen Herzfehlern ist die Intervention oder Operation. Die überwiegende Mehrzahl dieser Kinder benötigt daher nur eine zeitlich begrenzte medikamentöse Behandlung, da nach der Korrektur die Ursache für die Herzinsuffizienz beseitigt ist. Zur Beurteilung des Ausmaßes der Belastungseinschränkung kann man spezielle Belastungstests durchführen, bei denen sowohl die Einzelwerte das Ausmaß der Einschränkung genau und objektiv bestimmen lassen aber vor allem der Verlauf der Ergebnisse die Behandlung unterstützen kann. Typische Tests hierfür sind der 6 min Gehtest, die Spiroergometrie (Fahrrad- oder Laufband-Belastung) oder der einfache Treppensteigetest.
Für weitere Detailinformationen- siehe Leitlinien der DGPK: Chronische Herzinsuffizienz