AG Anorexia Nervosa
Psychogene Magersucht - Anorexia nervosa
Die Anorexia nervosa ist eine psychogene Essstörung, die durch einen beabsichtigten Gewichtsverlust aufgrund verminderter Nahrungsaufnahme, induzierten Erbrechens, Laxantien-Abusus und Hyperaktivität gekennzeichnet ist. In der Regel sind vor allem Mädchen und junge Frauen betroffen, sie erkranken 10- bis 15-mal häufiger als Männer. Die Erkrankung tritt bei etwa 1 % der weiblichen Teenager auf, mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr.
Neben den psychiatrisch-psychologischen Verhaltensauffälligkeiten weisen auch körperliche Symptome auf die Erkrankung hin. In den meisten Fällen handelt es sich um Mangelerscheinungen und körperliche Reaktionen auf den Nahrungsentzug. Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich im Wesentlichen mit den Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System. Anorexia nervosa hat die höchste Letalität aller psychischen Erkrankungen und führt zu etwa 5 Todesfällen pro 1.000 Patientenjahre (durch Malnutrition oder Suizid).
Ein Großteil dieser Mortalität und Morbidität ist auf kardiovaskuläre Komplikationen zurückzuführen, darunter Arrhythmien in Verbindung mit einem prolongierten QTc-Intervall und/oder Elektrolytstörungen, Hypotonie und Sinusbradykardie. Strukturell zeigt sich das Herz von Patienten mit Essstörungen atrophisch (Volumenreduktion sowie reduzierte Ventrikelmasse). Die Patienten weisen ein reduziertes Herzzeitvolumen auf und zeigen trotz Hypotonie einen gesteigerten peripheren Gefäßwiderstand. Zudem kann bevorzugt vor dem rechten Herzen ein Perikarderguss auftreten.
Die genaue Ätiologie der Reduktion der linksventrikulären Masse, des Volumens und des Herzzeitvolumens ist noch nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden eine durch Malnutrition bedingte Atrophie sowie Effekte einer chronischen Preload-Reduktion. Die linksventrikuläre Funktion bleibt häufig erhalten, obwohl auch über Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen) berichtet wurde. Eine QT-Verlängerung, die durch eine hypokaliämiebedingte Malnutrition verursacht oder verstärkt wird, kann Fälle von plötzlichem Herztod erklären.
Auch bei der Zusammensetzung der Blutfette zeigen sich Besonderheiten: Menschen mit Anorexia nervosa weisen Veränderungen im Lipoproteinhaushalt auf, die eine Arteriosklerose begünstigen können. Insbesondere zeigen Patientinnen eine negative Veränderung der LDL-Partikel im Blut, die mit einem erhöhten Risiko für arteriosklerotische Veränderungen der Blutgefäße einhergeht.
Basierend auf diesen Erkenntnissen hat unsere Arbeitsgruppe eine standardisierte Untersuchungsmethodik entwickelt, mit der alle Patienten mit Anorexia nervosa im Rahmen der klinischen Routine untersucht werden. Daraus ergeben sich aktuell mehrere Fragestellungen, die wir im Rahmen von Promotionen weiter erforschen.
Diese Untersuchungen sind in unserem Projekt: die CRANE-Studie - Cardiovascular Risk Assessment in patients with Anorexia Nervosa - zusammengefasst.
Ihre Ansprechpartner
Dr. med. Guido Mandilaras
Prof. Dr. med. Nikolaus Haas
- Acherer, Anna: Echokardiographische Veränderungen bei Jugendlichen mit Anorexia nervosa – Analyse von kardialer Morphologie und Funktion. Projekt
- Tätzsch, Nina-Juliette Anna Maria : Rhythmologische Veränderungen im 12-Kanal-EKG bei Anorexia nervosa – Eine retrospektive Analyse. Projekt
- Marggraf, Lasse: Langzeit-EKG und Herzfrequenzvariabilität bei Jugendlichen mit Anorexia nervosa – Zusammenhänge zwischen autonomer Regulation und Krankheitsverlauf. Projekt
- Seytjanova, Aygül: Blutdruck- und Pulswellengeschwindigkeitsveränderungen bei Anorexia nervosa – Ein Marker für vaskuläre Dysfunktion? Projekt
- Keintzel, Paul: QTc-Intervall und QT-Dispersion bei Anorexia nervosa – Bedeutung für das kardiovaskuläre Risiko. Projekt