Epilepsiechirurgie
Interdisziplinäres Epilepsie-Zentrum München
Das Interdisziplinäre Epilepsie-Zentrum München versorgt Kinder und Erwachsene im Klinikum Großhadern und in der Dr. von Haunerschen Kinderklinik der Universität München. Das Epilepsie-Zentrum verfügt über Anfallsambulanzen und stationäre Bereiche sowie ein epilepsiechirurgisches Zentrum, das als Zentrum der höchsten Versorgungsstufe anerkannt und zertifiziert ist.
Alle diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung von Epilepsien stehen zur Verfügung. Die neurochirurgische Behandlung von Epilepsien strebt durch Erreichen von Anfallsfreiheit oder einer deutlichen Reduktion der Anfallshäufung eine Verbesserung der Lebensqualität und der psychosozialen Situation jener Kinder, Jugendlicher und Erwachsener an, die auf eine medikamentöse Therapie nur unzureichend ansprechen, ohne neurologische oder neuropsychologische Defizite zu verursachen. Nicht zuletzt können im Kindes- und Jugendalter negative Auswirkungen wiederholter epileptischer Anfälle auf die weitere kognitive Entwicklung günstig beeinflusst werden.
In dem Bemühen um Patienten mit Epilepsien hat sich eine interdisziplinäre Gruppe am Klinikum Großhadern formiert.
· PD Dr. M. Kunz (Neurochirurgische Klinik und Poliklinik, Leiter Epilepsiechirurgie)
· Prof. Dr.med. Jan Remi (Neurologische Klinik und Poliklinik)
· Prof. Dr. I. Borggräfe (Dr. von Haunerschen Kinderspital)
· PD Dr. Dr. C. Vollmar (Neurologische Klinik und Poliklinik)
· Prof. Dr. F. Heinen (Dr. von Haunerschen Kinderspital)
Im Epilepsie-Zentrum besteht eine enge klinische und wissenschaftliche Kooperation zwischen den Abteilungen für Neurologie, Neuropädiatrie, Neurochirurgie, Nuklearmedizin, Neuroradiologie, Neuropsychologie, Psychiatrie und Sozialdienst.
Prächirurgische Epilepsiediagnostik
Im Rahmen der prächirurgischen Epilepsiediagnostik wird geprüft, ob ein Patient grundsätzlich für einen epilepsiechirurgischen Eingriff in Frage kommt. Hierfür werden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, die verschiedene Aspekte der Epilepsie abbilden:
- Analyse der Anfallssemiologie aus Video-Aufzeichnungen
- Analyse von EEG-Aufzeichnungen während und zwischen den Anfällen
- in einigen Fällen: invasives EEG-Monitoring mit implantierten EEG-Elektroden
- kranielle 3D Bilddiagnostik (MRT)
- DTI (Tractographie)
- Venendarstellung MR
- fMRT (funktionelles MRT)
- interiktales FDG-PET
- iktales SPECT
Im Rahmen von interdisziplinären Besprechungen werden aus o.g. Befunden für jeden einzelnen Patienten individualisierte diagnostische und therapeutische Konzepte und anatomisch individuelle 3-D Resektionspläne entworfen.
Zum täglichen Spektrum der prächirurgischen Epilepsiediagnostik und Epilepsiechirurgie gehören Patienten mit temporaler und extratemporaler Epilepsie sowie Patienten mit und ohne sichtbare MRT-Läsionen als Ursache der Epilepsie. Zeigt die MRT Untersuchung keine Läsion (sog. kryptogene Epilepsie) ist in der Regel nach dem Oberflächenmonitoring ein invasives Video-EEG Monitoring mit stereotaktisch oder subdural implantierten Elektroden nötig, um die Anfallsursprungszone zu identifizieren. Die zweite wichtige Funktion der invasiven Ableitung ist die Möglichkeit, über die Elektroden den Kortex elektrisch zu stimulieren. Damit kann funktionell relevanter Kortex identifiziert und bei der folgenden Resektion geschont werden. Die kortikale Elektrostimulation kann auch während des epilepsiechirurgischen Eingriffes intraoperativ zur Lokalisation von spracheloquentem Kortex am wachen und ausreichend analgesierten Patienten durchgeführt werden (intraoperatives Sprachmonitoring).
Von den Patienten, bei denen eine epilepsiechirurgische Resektion möglich ist, werden aktuell ca. 80% langfristig anfallsfrei.
Bei Patienten mit bilateraler oder multifokaler Epilepsie, die sich nicht für eine resektive epilepsiechirurgische Behandlung eignen, hat sich die elektrische Stimulation des Nervus Vagus (Vagusnervstimulation) oder alternativ die Implantation eines Thalamusstimulators als Therapieoptionen zur Anfallsreduktion bewährt. Kontrollierte Studien zeigen eine Anfallsreduktion um 50 % bei ca. der Hälfte der Patienten, wobei auch nach mehreren Monaten bis zu einem Jahr noch Besserungen zu verzeichnen sind.
Bei Patienten mit ausgedehnten Hirnfehlbildungen (z.B. Hemimegalencephalie, Polymikrogyrie) und schwer behandelbarer Epilepsie können diskonnektive epilepsiechirurgische Eingriffe wie die Hemisphärotomie, Callosotomie oder die temporo-parieto-occipitale Diskonnektion die Ausbreitung von Anfällen in das gesunde Gewebe verhindern und die Häufigkeit von klinischen Anfällen deutlich reduzieren.
Auch Patienten, die in der Vergangenheit bereits epilepsiechirurgisch behandelt wurden und trotzdem weiter an Anfällen leiden, ist eine erneute Untersuchung sinnvoll. In vielen Fällen kann mit einer zweiten Operation doch noch Anfallsfreiheit erreicht werden.
8 Überwachungsplätze zum EEG-Video-Monitoring stehen zur kontinuierlichen (24-Stunden an 7 Wochentagen) Überwachung und Anfallsaufzeichnung für alle Altersgruppen zur Verfügung. Bereiche der pädiatrischen Intensivstation und der Dr. von Haunerschen Kinderklinik dienen ausschließlich dem Kinder-EEG-Video-Monitoring.
Sprechstunde
Team
Priv.-Doz. Dr. med. Mathias Kunz
Oberarzt
Behandlungsschwerpunkte:
Pädiatrische Neurochirurgie, Epilepsiechirurgie, Hydrocephalus
Personenzertifizierung Pädiatrische Neurochirurgie [NCA]
Zertifikat der Arbeitsgemeinschaft für prächirurgische Epilepsiediagnostik und operative Epilepsietherapie
Prof. Dr. med. Nicole Terpolilli, FEBNS
Oberärztin
Zusatzbezeichnung Neurochirurgische Intensivmedizin
Behandlungsschwerpunkte:
Hydrocephalus, Pädiatrische Neurochirurgie, Epilepsiechirurgie