Coronavirus: Raucher haben ein erhöhtes Risiko
"Raucher haben grundsätzlich ein höheres Risiko, Virusinfektionen der Atemwege und der Lungen zu erleiden" sagt der Lungenarzt Dr. Thomas Hering vom Bundesverband der Pneumologen (BdP) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP). Es sei schon lange bekannt, dass Tabakrauchen durch strukturelle Veränderungen der Atemwege sowie durch eine krankhaft veränderte Immunreaktion das Infektrisiko allgemein und speziell das Risiko für eine Lungenentzündung erhöht. Auch zeigten Raucher eine erhöhte Gefährdung für ein akutes Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) – eine lebensbedrohliche Komplikation einer Lungenentzündung, die in der Regel eine intensivmedizinische Behandlung mit einer Beatmung erfordert.
Forscher aus dem Wissenschaftlichen Aktionskreis Tabakentwöhnung (WAT) haben festgestellt, dass für Raucherinnen und Raucher ein erhöhtes Risiko bei einer Infektion mit dem Coronavirus besteht. "Die aktuell publizierten Daten chinesischer Forschergruppen seien zwar noch uneinheitlich, wiesen aber auf einen schlechteren Verlauf der Covid-19 Erkrankung hin und eine höhere Gefährdung, beatmungspflichtig zu werden", sagt Dr. Tobias Rüther, Leiter der Spezialambulanz für Tabakabhängigkeit am LMU Klinikum in München. "Nichtraucher haben deutlich bessere Chancen auf einen günstigeren, komplikationsärmeren Verlauf einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung, wie sie zum Beispiel durch das Coronavirus ausgelöst wird."
"Aktuell ist der Rauchstopp so wichtig wie nie. Mit dem Rauchen aufzuhören ist immer mit einem immensen Gewinn für die Gesundheit verbunden." Diese Auffassung vertreten die Mitglieder des Wissenschaftlichen Aktionskreis Tabakentwöhnung, der Suchtmediziner Dr. Tobias Rüther, Leiter der Spezialambulanz für Tabakabhängigkeit am LMU Klinikum München, Prof. Stephan Mühlig, Leiter der Raucherambulanz in Chemnitz, sowie Prof. Anil Batra, Vorsitzender des WAT und Leiter des Arbeitskreises Raucherentwöhnung an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen.
Schon wenige Tage nach einem Rauchstopp verbessere sich die gesundheitliche Situation des Menschen stark. "Mittlerweile gibt es extrem gut belegte wissenschaftlich fundierte Methoden zur Tabakentwöhnung, die sehr erfolgreich sind", so die Mitglieder des WAT. Dazu gehören insbesondere verhaltenstherapeutische Gruppenangebote. "Da Gruppenbehandlungen derzeit kaum möglich sind, bedarf es dringend einer Anerkennung der etablierten Angebote in alternativer Form, z.B. in Form von web-, video- oder telefonbasierten Lösungen durch die zuständige "Zentrale Prüfstelle Prävention". Nikotinpräparate oder verschreibungspflichtige Medikamente würden zusätzlich die Erfolgschancen zur Rauchfreiheit verdoppel", sagt Rüther.
Angesichts des besonderen Zusatzrisikos von Raucherinnen und Rauchern, einen schweren Verlauf von Covid-19-Erkrankungen zu erleiden, sollte, so Mühlig, die evidenzbasierte Tabakentwöhnung durch Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten jetzt umgehend als GKV-Heilleistung finanziert werden. „Wir benötigen dringend mehr Anreize, rauchenden Risikopatientinnen und -patienten viel umfangreicher als bisher die Tabakentwöhnung anbieten zu können“, so Mühlig, der hier insbesondere die Politik in der Pflicht zum Handeln sieht.
Wie lässt sich ein Rauchstopp umsetzen?
"Ein erfolgreicher Rauchstopp kann auch in den eigenen vier Wänden mit speziellen Online-Schulungen, Apps, Selbsthilfematerialien sowie Medikamenten aus der Apotheke erfolgreich erreicht werden", erklärt Rüther. Vielen Rauchern gelingt der Aufhörversuch aus eigener Anstrengung. Die feste Vorsatzbildung, Mitteilung des Vorhabens an andere, die Beseitigung von Rauchutensilien, Möglichkeiten zu Ablenkung, Bewegung, aber auch kleine Belohnungen für jeden Tag, jede Woche und jeden Monat einer Tabakabstinenz sind bewährte Tipps und vielgenutzte Maßnahmen.
In "Corona-Zeiten" laufen Beratungen oder Unterstützungen auch per Telefon- oder Video-Hotline. Onlinebasierte Programme sind verfügbar über die Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Zu empfehlen sind außerdem Fachbücher, die es im Buchhandel zu erwerben gibt, und – im Fall von Entzugssymptomen – auch Medikamente nach Rücksprache mit dem Apotheker oder dem Arzt. Bewährt haben sich Nikotinersatzmittel wie bspw. Pflaster, Kaugummi und andere Produkte sowie einige verschreibungspflichtige Medikamente.
Rauchern, die es aus eigener Kraft nicht schaffen aufzuhören, steht die Telefonberatung der BZgA zur Rauchentwöhnung unter der Telefonnummer 0800 8 31 31 31 kostenfrei zur Verfügung.
Auch viele deutsche universitäre Tabakambulanzen bieten Online-Entwöhnungsprogramme an. Die Tabakambulanz am LMU Klinikum unterstützt mit aktuellen Angeboten zum Rauchstopp: www.tabakambulanz.de
Ansprechpartner:
Dr. med. Tobias Rüther
Leiter der Spezialambulanz für Tabakabhängigkeit Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie