Erste Ergebnisse des TeleKasper-Projekts: Weniger Antibiotika für Kinder ist möglich
Für die Therapie bakterieller Infektionen stehen zahlreiche Antibiotika zur Verfügung. Eigentlich beste Voraussetzungen, um rasch wieder gesund zu werden – wenn es nicht die ungute Entwicklung gäbe, dass weltweit immer mehr Bakterien resistent gegen Antibiotika sind und damit ihre Wirkung verloren haben. Vor allem in der Kindermedizin hat dieses Problem in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen – auch, weil gerade Kinder besonders häufig mit Antibiotika behandelt werden. Tatsächlich ist die gängige Verordnungspraxis der wichtigste Grund für die Zunahme resistenter Bakterien: Je häufiger Bakterien mit einem bestimmten Antibiotikum in Kontakt kommen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für Resistenzen – und damit für ein Versagen der im Extremfall lebensrettenden Therapie.
Um der zunehmenden Gefahr durch multiresistente Erreger entgegenzuwirken und die medizinische Versorgung von Kindern mit bakteriellen Infektionen zu verbessern, hat eine Forschungskooperation von vier Universitätskliniken in Deutschland vor vier Jahren das Projekt TeleKasper ins Leben gerufen: Gemeinsam mit 33 Kinderkliniken aus der jeweiligen Region bauten das LMU Klinikum München, das Homburger Universitätsklinikum des Saarlandes und die Unikliniken in Essen und Halle ein Netzwerk auf, mit dem Ziel, den Einsatz von Antibiotika bei Kindern mittels Telemedizin und einer App deutlich zu reduzieren.
Signifikante Senkung des Antibiotikum-Verbrauchs
"TeleKasper" steht für "Telemedizinisches Kompetenznetzwerk Antibiotic Stewardship in Pediatrics" (= Antibiotika-Verantwortung in der Kinderheilkunde). Eine Funktion der App: ein Nachschlagewerk mit Artikeln zu Erregern, Erkrankungen und unterschiedlichen Antibiotika. Damit können die Kinderärztinnen und Kinderärzte jederzeit abfragen, welche Dosierungen eines Antibiotikums empfohlen werden – oder ob keines notwendig ist.
Bei der Abschlussveranstaltung des Projekts, die am 4. November 2024 im Friedrich-von-Gärtner Saal des St.-Vinzenz-Hauses in der Nußbaumstraße stattfand, wurden nun die ersten, vorläufigen Ergebnisse von Oktober 2020 bis Juni dieses Jahres vorgestellt. „Diese Ergebnisse zeigen uns, dass wir mit unserem Projekt auf dem absolut richtigen Weg sind“, freute sich Prof. Dr. Johannes Hübner, der die Konsortialführung des Projekts innehatte und Leiter der Abteilung für Infektiologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München ist. So konnte der Antibiotikum-Verbrauch an allen teilnehmenden Kliniken um bis zu sieben Prozent gesenkt werden, „an einigen Kliniken wurde sogar eine Senkung um bis zu 18 Prozent erreicht“, ergänzt Ulrich von Both, stellvertretender Leiter der Infektiologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München und Ärztlicher Projektleiter von TeleKasper.
Aber auch das Nachschlagewerk, das von den Spezialisten der Unikilinika kuratiert wurde, fand großen Anklang – „wie überhaupt die Akzeptanz des Systems bei den teilnehmenden Kinderärztinnen und Kinderärzten von Anfang sehr hoch war“, sagt Prof. Hübner. Für viele sei die TeleKasper-App mittlerweile fester Bestandteil der täglichen Arbeit.
Voraussichtlich 2025 entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss, durch dessen Innovationsfonds das Projekt mit rund 7,7 Millionen Euro gefördert wurde, ob die Beratungs-App in die Regelversorgung übernommen und so von den Krankenkassen finanziert wird.
Vier Jahre lang hat eine Forschungsgruppe des LMU Klinikums München, des Universitätsklinikums des Saarlandes sowie der Unikliniken in Essen und Halle im Projekt TeleKasper zusammengearbeitet. Das Ziel: den Einsatz von Antibiotika bei Kindern mittels Telemedizin und einer App deutlich zu reduzieren. Prof. Johannes Hübner (vorne, 3.v.r.) hat das Konsortium geleitet, Dr. Ulrich von Both, 2. Reihe, 2.v.re.) war der Ärztliche Projektleiter von TeleKasper.
Kontakt
Prof. Dr. med. Johannes Hübner
Abteilungsleiter Infektiologie, leitender Oberarzt, stellvertretender Klinikdirektor der Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital
PD Dr. med. Ulrich von Both
Abteilung für pädiatrische Infektiologie, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital