Immerhin: „Es gibt Hinweise darauf, dass Maßnahmen, die grenzübergreifenden Reiseverkehr beschränken, dabei helfen können, COVID-19 einzudämmen“, schreiben die Autoren um Eva Rehfuess, Professorin für Public Health und Versorgungsforschung an der Pettenkofer School of Public Health der LMU. Das gelte ebenso für „eine Kombination von Maßnahmen, etwa Screenen auf Symptome mit Quarantäne, Testen und Beobachtung im Anschluss“. Bei den Reisenden allein eine Symptomkontrolle zu machen, scheint dagegen wenig wirksam zu sein. Ihr Gesamturteil lautet: „Derzeit sind noch keine gesicherten Aussagen möglich.“
Dass das Urteil so verhalten ausfällt, mag allerdings nicht zwingend daran liegen, dass die Maßnahmen nicht wirksam wären, sondern eher an der Qualität und Verwertbarkeit der untersuchten Untersuchungen. Schließlich ist es nicht zuletzt eine Folge der sich überstürzender Ereignisse, dass wissenschaftliche Untersuchungen zu vielen relevanten Fragen der Praxis notwendig nachlaufen. „Die Studienlage ist dünn“, schreiben die LMU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler. Sie fanden 36 infrage kommende Studien, in denen Reisebeschränkungen bei Coronavirus-Ausbrüchen untersucht wurden. Davon bezogen sich obendrein 11 nicht auf das derzeit grassierende Coronavirus SARS-CoV-2, sondern auf Ausbrüche von SARS und MERS, zwei Atemwegsinfektionen, die ebenfalls durch Coronaviren ausgelöst werden. Insgesamt, so sagt der Epidemiologe Jacob Burns, einer der Hauptautoren, seien die Studien „sehr unterschiedlich“ im Design. „Das macht es schwer, allgemeine Schlüsse zu ziehen.“ Viele Fragen blieben offen, nicht zuletzt, weil „ein großer Teil der betrachteten Studien auf Modellierungen und den darin enthaltenen Annahmen beruhten, nicht auf Beobachtungen“.