Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek hat auf die psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Pflegebedürftige und ihre Angehörigen hingewiesen. Anlässlich des Zwischenberichts der BaCom-Studie (Bayerischer ambulanter COVID-19 Monitor) sagte Holetschek am Sonntag in München: „Die ersten Ergebnisse der Studie verdeutlichen nachdrücklich: Die Pandemie war und ist eine starke psychische Belastung für Pflegebedürftige wie auch für pflegende Angehörige.“
Holetschek betonte: „Der Zwischenbericht zeigt: Angehörige, die im häuslichen Umfeld pflegen, waren besonders gefordert, weil Entlastungs- und Unterstützungsmöglichkeiten wie Tageseinrichtungen, Kurzzeitpflege oder Ergotherapie ausfielen. Auf der anderen Seite erlebten Angehörige von Pflegebedürftigen, die in stationären Einrichtungen leben, dass die Kontaktbeschränkungen ihre Sorge um die Pflegebedürftigen verstärkten.“
Hinsichtlich der psychosozialen Auswirkungen auf die Pflegebedürftigen selbst unterstrich Studienleiter Professor Dr. med. Jochen Gensichen, Direktor am Institut für Allgemeinmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU): „Das Gefühl des Alleinseins hat bei Pflegebedürftigen mit und ohne COVID-Erkrankung im Vergleich zu vor der Pandemie deutlich zugenommen. Es sind die unterbrochenen Prozesse in den Familien, die die Pflegebedürftigen besonders beinträchtigen: Die vertrauten Beziehungen ändern sich, wenn sie nur noch über das Telefon gelebt werden können. Wichtige beratende Aufgaben einer Großelternschaft können nicht mehr übernommen werden und reduzieren die Teilhabe am Familienleben.“
Der Bayerische ambulante COVID-19 Monitor (BaCoM) ist 2021 unter Federführung des LMU Klinikums München gestartet, um die psychischen, physischen und sozialen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie bei Pflegebedürftigen und Angehörigen in der ambulanten und stationären Langzeitpflege Bayerns umfassend und interdisziplinär zu untersuchen.
Gesundheitsminister Holetschek erläuterte: „Der Bayerische ambulante Covid-19 Monitor soll entscheidungsrelevante Daten und Analysen für bevorstehende Pandemien oder vergleichbare Krisensituationen liefern“. Hierfür sammelt und analysiert die Studie unter anderem Daten zu gesundheitlichen Folgen der Covid-19-Pandemie wie Long-COVID oder Depression sowie deren Risikofaktoren. So sollen gezielt passende Präventions- und Nachsorgestrategien in die Wege geleitet werden können, zum Beispiel eine Anbindung Betroffener an Long-COVID-Ambulanzen oder an psychologische Betreuungs- und Therapieangebote.
Auch erfasst die Studie die Folgen psychischer und physischer Belastungen der versorgenden Pflegekräfte und Angehörigen – darunter Burnout und Depression – gemeinsam mit den Strukturmerkmalen der Pflegeeinrichtungen und Haushalte. Der Minister unterstrich: „So können gezielt Versorgungsengpässe identifiziert und in der Folge konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung getroffen werden.“ Auch Hausärztinnen und Hausärzte werden im Rahmen der Studie befragt. Das Bayerische Gesundheits- und Pflegeministerium stellt dem Forschungsteam aus Pflegekräften, Hausärzt:innen, Infektiolog:innen und Soziolog:innen Fördermittel in Höhe von 3,4 Millionen Euro bereit.
Neben dem LMU Klinikum München sind die Katholische Stiftungshochschule München sowie die Universitätskliniken in Würzburg und Erlangen an dem Bayerischer ambulanter COVID-19 Monitor (BaCom)-Projekt beteiligt. Im ersten Jahr haben sich insbesondere bereits fast 500 Pflegebedürftige, Leistungserbringer und Angehörige an der Studie beteiligt. Für den weiteren Verlauf der Studie werden noch zusätzliche Teilnehmer gesucht.