Praktische Hilfestellung für Lehrkräfte – Infoportal unterstützt bei der psychischen Gesundheit an Schulen (schule.ich-bin-alles.de)
Das Portal informiert über die Symptomatik psychischer Belastungen und der Depression sowie über die Diagnostik, Ursachen, und den Verlauf von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen. Zudem bietet das Portal Informationen zum Erhalt und zur Stärkung der psychischen Gesundheit im Kindes- und Jugendalter. Die Inhalte sind speziell für Lehr- und pädagogische Fachkräfte aufbereitet. Unter anderem erhalten sie Tipps zur konkreten Anwendung der Informationen im Schulalltag sowie Vorschläge, wie die Inhalte im Unterricht gemeinsam mit Schüler*innen bearbeitet werden können.
Psychische Belastungen und psychische Erkrankungen wie die Depression haben seit Beginn der Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen zugenommen: über 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zeigen psychische Auffälligkeiten. Psychische Belastungen wie Ängste und Depression bei Schüler:innen wirken sich negativ auf die Lernentwicklung aus und erhöhen das Risiko, eine Klasse zu wiederholen, von der Schule fernzubleiben oder die Schule abzubrechen. Lehrkräfte sind mit den zunehmenden psychischen Belastungen der Schüler:innen überfordert, oft fehlt es ihnen an Unterstützung und an fundierten Informationen.
Um die psychische Gesundheit von Schüler:innen zu fördern und zur Aufklärung und Entstigmatisierung psychischer Belastungen und Erkrankungen wie der Depression bei Kindern und Jugendlichen beizutragen, hat die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München bereits 2021 gemeinsam mit der Beisheim Stiftung das erste wissenschaftlich fundierte Infoportal zur psychischen Gesundheit und Depression bei Kindern und Jugendlichen gestartet: „ich bin alles“ (www.ich-bin-alles.de).
„ich bin alles @Schule“ wurde von der Kinder- und Jugendpsychiatrie des LMU Klinikums München ebenfalls gemeinsam mit der Beisheim Stiftung entwickelt. Bei der Entwicklung wurde eng mit pädagogischen Expert:innen zusammengearbeitet. Ziel ist es, das Portal kontinuierlich mit Hilfe von Feedbacks der Lehrkräfte-Community und Expert:innen um weitere Inhalte und Formate zu erweitern.
Das neue Portal „ich bin alles @Schule“ erreichen Sie unter: www.schule.ich-bin-alles.de
Statements
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,Psychosomatik und Psychotherapie, LMU Klinikum, München
„Schülerinnen und Schüler sind häufig von psychischen Belastungen, wie z.B. Ängsten und Depression betroffen, welche seit der Corona-Pandemie noch weiter zugenommen haben. Psychische Belastungen wahrzunehmen und damit in der Schule umzugehen, stellt eine zunehmende Herausforderung für Lehrkräfte dar. Lehrkräfte können viel bewirken. Durch wissenschaftlich abgesicherte Informationen zur psychischen Gesundheit können Lehrkräfte darin unterstützt werden, psychische Belastungen frühzeitig wahrzunehmen, präventiv zu handeln, Schüler*innen zu unterstützen und notwendige Hilfen zu geben.“
Annette Heuser, Vorständin der Beisheim Stiftung
„Mit dem Infoportal „ich bin alles @Schule“ wollen wir Lehrkräfte über die mentale Gesundheit von Schülerinnen und Schülern aufklären sowie sie dabei unterstützen, diese in der Schule zu stärken.“
Petra Marasi, staatliche Schulpsychologin an Mittel- und Grundschulen in München
„Insgesamt ist es von großer Wichtigkeit, die Aufmerksamkeit auf die steigenden Fälle von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen zu lenken und angemessene Unterstützung anzubieten, die die Vielfalt der individuellen Lebenssituationen und Hintergründe berücksichtigt. Wir müssen zusammenarbeiten, um die mentale Gesundheit unserer jungen Generation zu schützen und zu fördern.“
Winfried Schneider, Oberstufenleiter an der Katharina-Henoth-Gesamtschule in Köln
„Der Deutsche Ethikrat empfahl im November 2022 eine „schnelle, niederschwellige und verteilungsgerechte Versorgungssituation, u.a. bei der Versorgung mit präventiven und therapeutischen Angeboten“. Schulen brauchen (…) Angebote, die sofort, möglichst niederschwellig, vor Ort und möglichst langfristig finanziert zur Verfügung stehen und dabei helfen, die psychische Gesundheit von jungen Menschen zu erhalten bzw. wiederherzustellen.“
Ina Sangenstedt, Lehrerin an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum, Konzepterin und Texterin für Bildungsmaterialien
„Der Anteil der Schüler*innen, die seit den Schulschließungen und dem darauf folgenden Hybridunterricht unter depressiven Verstimmungen oder Sozialangst leiden, ist im Vergleich zu früher sehr hoch. Es ist unsere Verantwortung, sie nach dieser schweren Krisenzeit nicht einfach wieder in das „alte System“ zu entlassen und zu glauben, dass sie so „funktionieren“ wie vorher. Im Gegenteil, wir müssen die betroffenen Jugendlichen abholen und auffangen, ihre psychischen Belastungen ernst nehmen (…). Dafür benötigen aber auch wir Lehrkräfte mehr Wissen, vor allem auch Handlungswissen, um betroffene Jugendliche im Rahmen unserer Fähigkeiten und Kapazitäten bestmöglich zu unterstützen.“
Daten zur psychischen Gesundheit, psychischen Auffälligkeiten und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen
Mit Beginn der Pandemie zeigte die bevölkerungsbezogene COPSY-Längsschnittstudie eine deutliche Abnahme der Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen sowie eine Zunahme von psychischen Auffälligkeiten. Auch wenn diese Zahlen wieder rückläufig sind, ist das Ausgangsniveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht:
So berichten 27% der Kinder und Jugendlichen eine geminderte Lebensqualität (präpandemisch: 15,3%) und 22,6% psychische Auffälligkeiten (präpandemisch: 17,6%). Studien berichten zudem einen Zusammenhang zwischen schulbezogener Sorgen und Leistungsdruck sowie fehlendem Gesundheitsverhalten wie bspw. einem Rückgang körperlicher Aktivität, und der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Internationale Überblicksarbeiten zeigen bei Kindern und Jugendlichen einen Anstieg der depressiven Symptome auf 25,2% während der Pandemie.
Analysen von Versichertendaten unterschiedlicher deutscher Krankenkassen berichten eine steigende Anzahl depressiver Erkrankungen sowie Behandlungen bei Heranwachsenden in den vergangenen Jahren. Die Datenanalyse der KKH Kaufmännische Krankenkasse (2023) zeigt einen Anstieg der 6- bis 18-jährigen Versicherten mit psychischen Belastungen um ca. 40% sowie mit Depression um fast 88% (von 1,3% auf 2,4%) zwischen 2012 und 2022. Laut DAK Kinder- und Jugendreport 2023 stieg der Anteil von Jugendlichen, die aufgrund einer Depression stationär behandelt wurden, von 2019 auf 2022 um rund 10% an.
Über die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des LMU Klinikums München
In der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychoso-matik des LMU Klinikums München werden jährlich ca. 1500 Kinder und Jugendliche von 0 bis 21 Jahren mit Erkrankungen aus dem gesamten Spektrum kinder- und jugendpsychiatrischer Erkrankungen von einem multidisziplinären Team ambulant, teilstationär und stationär behandelt. Die Klinik hat Therapieschwerpunkte in den Bereichen Depression, Ess-, Angst-, Bindungs- und Lernstörungen bei Kindern und Jugendlichen.
Aktuelle und evidenzbasierte wissenschaftliche Erkenntnisse sind die Basis für die multimodalen und interdisziplinären Behandlungsangebote. Die Ergebnisse der Forschungsabteilung der KJP mit den Schwerpunkten in der Ursachen- und Behandlungsforschung bei depressiven Störungen, schulischen Lernstörungen, Essstörungen und Schädel-Hirn-Traumata sowie der Prävention psychischer Erkrankungen werden kontinuierlich in die Praxis integriert. Die KJP steht für „ein psychisch gesundes Aufwachsen“ und fördert die individuellen Ressourcen der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien.
Über die Beisheim Stiftung
Die Beisheim Stiftung entwickelt eigene Programme und fördert Projekte, die die aktive Mitwirkung an der Gesellschaft zum Ziel haben. Dabei stehen die Themenfelder Bildung, Gesundheit, Kultur und Sport im Mittelpunkt der Projektarbeit. Im Themenfeld Gesundheit fördert die Stiftung wirkungsvolle Ansätze zur Stärkung der mentalen Gesundheit sowie die Aufklärung und Prävention von psychischen Krankheiten.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne
Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie | LMU Klinikum
Annette Heuser
Vorständin der Prof. Otto Beisheim Stiftung