Und so machte sich das Team mit neuesten Analyseverfahren (Massenspektrometrie) daran, im Blut der Patienten und der gesunden Kontrollen nach markanten Unterschieden bei den Fetten zu suchen. Zentrales Ergebnis, so Eva Schulte: „Wir haben ein Lipidprofil identifiziert, das 77 verschiedene Moleküle umfasst. Und anhand dieses Profils können wir klar Menschen mit der Diagnose einer Schizophrenie von Menschen ohne eine diagnostizierte Schizophrenie unterscheiden.“ Die Forschenden sahen aber auch eine große Schnittmenge mit anderen psychiatrischen Erkrankungen. Will heißen, so Schulte: „Wir können überlappende Lipidprofile prinzipiell auch verwenden, um vorherzusagen, wer eine bipolare Störung oder eine Depression hat und wer nicht, aber deutlich schlechter, um Patienten mit unterschiedlichen psychiatrischen Erkrankungen voneinander zu trennen.“
Lassen sich mit diesen 77 Fetten nun psychische Erkrankungen in der Praxis sicher und zuverlässig erkennen? „Die Antwort lautet ´nein´, sagt Thomas Schulze, „es ist eine erste Studie und deren Ergebnisse müssen jetzt durch weitere Studien mit anderen Patientenkollektiven bestätigt werden.“ Wichtig wäre zum Beispiel eine Studie mit noch gesunden jungen Menschen, die auf das Lipidprofil getestet würden und dann viele Jahre immer wieder untersucht und auf das Auftreten psychischer Symptome getestet würden. So ließe sich ermitteln, wie gut ein Lipid-Test die Erkrankung wirklich vorhersagen könnte. Typischerweise erkranken Männer um das 20. Lebensjahr an Schizophrenie, Frauen um das 30. Lebensjahr.
Ein solcher Test zur Diagnose wäre dann tatsächlich biologisch begründet. Zwar können Expert en und Ärztinnen psychische Erkrankungen heute gut diagnostizieren. Aber die Diagnosekriterien basieren weitgehend auf der Symptomatik, die abhängig von zeitgeist-getriebenen Interpretationen und damit veränderbar ist. „Was wir zum Beispiel 1950 als bipolare Störung diagnostiziert haben, ist anders als das, was wir heute als bipolare Störung diagnostizieren“, sagt Schulze. Ein valider, biologisch fundierter Test wäre weitaus weniger bis gar nicht anfällig für derlei interpretative Schwankungen.