Die Analyse der HIV-Inzidenz zwischen 2007 und 2011 zeigte, dass WB-infizierte Personen (1,72 Fälle pro 100 Personenjahre/PJ) im Vergleich zu WB-negativen Personen (0,69 pro 100 PJ) ein mehr als doppelt so hohes Risiko hatten, sich mit HIV zu infizieren. Die im Zeitraum 2011-2019 untersuchte HIV-Inzidenz bei Personen, die von WB geheilt worden waren (0,73 Fälle pro 100 PJ) unterschied sich dagegen nur unwesentlich und statistisch nicht signifikant von Personen, die nie mit WB infiziert waren (0,68 Fälle pro 100 PJ).
In der Probandengruppe, die von W. bancrofti geheilt wurde, zeigte sich im Vergleich der beiden Studienzeiträume ein Rückgang der HIV-Inzidenz um circa 60 Prozent, der auch nach Anpassung für Alter und Geschlecht statistisch signifikant war (gemessene Odds Ratio: 0.41, p=0.012). In der Vergleichsgruppe der Personen, die in keiner der beiden Zeiträume mit W. bancrofti infiziert waren, zeigte sich dagegen keine Veränderung der HIV-Inzidenz.
DZIF-Forscherin Prof. Dr. med. Inge Kroidl vom Tropeninstitut des LMU Klinikums schlussfolgert: „Dies bestätigt die frühere Hypothese, dass es tatsächlich der Wurm W. bancrofti ist, der einen Einfluss auf die Höhe der HIV-Inzidenz hat und dass die Bekämpfung von W. bancrofti dazu beitragen kann, die HIV-Neuinfektionsrate zu senken.“
„Helminthen-Infektionen können das Risiko einer HIV-Infektion nachweislich erhöhen. Wir untersuchen weiter, welche immunologischen Prozesse diese erhöhte Anfälligkeit für eine HIV-Übertragung durch W. bancrofti erklären könnten“, sagt Prof. Dr. med. Michael Hoelscher, Direktor des Münchner Tropeninstituts.
Dr. Mkunde Chachage von NIMR-MMRC betont: „Diese bahnbrechende Forschung zeigt, wie wichtig die Einbindung von Gemeinschaften für die Identifizierung zusätzlicher Maßnahmen in unseren regionalen HIV-Kontrollstrategien ist und unterstreichen ihre entscheidende Rolle bei der Gestaltung wirksamer Gesundheitsinitiativen.“
Prof. Said Aboud, Generaldirektor von NIMR, kommentierte die Ergebnisse mit den Worten: „Sie zeigen das Engagement von NIMR, bei Maßnahmen zur Elimination der lymphatischen Filariose und von HIV in Tansania eine Vorreiterrolle einzunehmen.“ Er lobte die langjährige Unterstützung der Regierung Tansanias durch das Programm zur Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten (NTDCP), das seit fast 20 Jahren gegen diese Krankheiten kämpft. Dadurch wurde diese Forschung ermöglicht, die den Kampf gegen HIV weiter voranbringt.
Co-Autor der Studie Prof. Dr. med. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie am Universitätsklinikum Bonn, ergänzt: „Unsere Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten der Prävention von HIV in betroffenen Regionen. Die Therapie zur Bekämpfung der lymphatischen Filariose ist noch nicht optimal. Deshalb erforschen wir dieses Thema weiter und hoffen, in den nächsten Jahren von etlichen u.a. auch im DZIF entwickelten neuen Medikamenten gegen diese Infektion zumindest einige in die Zulassung zu bringen.“