Die Alzheimer-Demenz (AD) zählt zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und ist die Hauptursache für Demenz im Alter. Weltweit sollen 44 Millionen Menschen betroffen sein. Im Verlauf der AD werden die Nervenzellen und Kontaktstellen zwischen den Neuronen, die Synapsen, immer weiter zerstört. Die Folge: Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Sie machen die Bewältigung des Alltagslebens immer schwieriger.
Erst Beta-Amyloid, dann Tau
Die Krankheit beginnt nach derzeitiger Kenntnis mit der Ablagerung von Beta-Amyloid-Proteinen im Gehirn in Form sogenannter Plaques, die sich außerhalb der Nervenzellen anreichern. Bald darauf häufen sich die Tau-Proteine innerhalb der Nervenzellen im Gehirn an, die für das Fortschreiten der Demenz offenbar entscheidend sind. „Je stärker die Tau-Pathologie, desto ausgeprägter ist in der Regel die klinische Symptomatik der Patienten“, betont Dr. Nicolai Franzmeier vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung. In Zell- und Tierversuchen stellte sich jüngst heraus: Die Tau-Proteine breiten sich über miteinander verbundene Nervenzellen aus und werden, ähnlich einer ansteckenden Erkrankung, an den Synapsen an andere Neurone weitergegeben.
Daten aus zwei bildgebenden Verfahren
Die Forscher der LMU Medizin um Arbeitsgruppenleiter Prof. Michael Ewers und den Erstautor der Studie, Dr. Nicolai Franzmeier, haben nun in einer internationalen Arbeit mit einem ausgefeilten bildgebenden Verfahren, der sogenannten tau-PET, die Verteilung der Tau-Proteine im Gehirn von Alzheimer-Patienten beleuchtet. Die Forscher untersuchten zwei Stichproben mit jeweils etwa 50 Alzheimer-Patienten, die über ein bis zwei Jahre mit der Tau-PET-Untersuchung nachverfolgt wurden. Zu Studienbeginn wurden die Gehirne der Patienten außerdem mit einem anderen bildgebenden Verfahren untersucht, der funktionellen Magnetresonanz-Tomografie. Sie kann erfassen, welche Nervenzellen bzw. Hirnregionen in funktionellen Netzwerken eng verknüpft sind. „Mit diesen Längsschnitt-Daten“, erklärt Franzmeier, „haben wir analysiert, ob sich die Ausbreitung der Tau-Proteine im Verlauf anhand der Topologie funktioneller Hirnnetze vorhersagen lässt.“
Eine bessere individuelle Risikovorhersage erscheint möglich
„Tatsächlich verbreitet sich die Tau-Pathologie im Verlauf der Erkrankung vornehmlich entlang miteinander vernetzter Hirnregionen“, resümiert Franzmeier das wichtigste Ergebnis der Studie. „Diese Vernetzung der Hirnregionen ist zentral für mentale Leistungen. Die Vorhersage der Ausbreitung von Tau in diesen Netzwerken könnte sich damit auch als wichtig für die Vorhersage der zukünftigen Abnahme in der mentalen Leistung erweisen“, erläutert Ewers. Langfristig gesehen planen die Forscher, die Modelle zur individuellen Vorhersage der Verbreitung der Tau-Pathologie zu nutzen. Damit ließe sich der mitunter sehr unterschiedliche Verlauf der Erkrankung für den einzelnen Patienten besser prognostizieren.