Kinderpalliativzentrum am LMU Klinikum feiert 20jähriges Jubiläum
In Deutschland sterben jährlich 3.500 bis 4.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. Viele von ihnen werden mit einer unheilbaren Krankheit geboren, haben Stoffwechselerkrankungen oder Fehlbildungen. Wenn ein Kind lebensbedrohlich erkrankt, so ist das nicht nur für die kleinen Patientinnen und Patienten eine herausfordernde Situation, sondern in ganz besonderem Maße für ihre Familien. Bis vor 20 Jahren gab es in Deutschland dafür keine spezielle Betreuung. Prof. Dr. Monika Führer, die heutige Leiterin des Kinderpalliativzentrums am LMU Klinikum, betreute damals als Oberärztin in der Onkologie krebskranke Kinder.
Kinder wie Noah (4), der an einem bösartigen Muskeltumor im Fuß litt, dessen Metastasen sich in den Bauchraum ausgebreitet hatten. Für Noah gab es keine Heilung, er wurde nach Hause entlassen, wo seine Eltern und der niedergelassene Kinderarzt mit seinen Schmerzen, aber auch der Situation insgesamt komplett überfordert waren. Er brauchte eine spezielle Palliativ-Betreuung, die es damals nicht gab. Noahs Schicksal war die Initialzündung für Monika Führer, die dann 2003 einen Arbeitskreis für pädiatrische Palliativmedizin gründete.
Petra Müller ist Stationsleitung und Pflegefachkraft, Palliative Care für Kinder und Jugendliche
„Zum ersten Treffen kamen so viele Menschen, dass der dafür vorgesehene Konferenzraum im Dr. von Haunerschen Kinderspital aus allen Nähten platzte: Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte sowie Seelsorger am Haus, ihnen allen brannte das Thema unter den Nägeln“, erinnert sich Prof. Führer.
Schnell wurde gehandelt: 2004 wurde HOMe gegründet, was für die Palliativversorgung schwerkranker Kinder zuhause steht und mit einer halben Arztstelle begann, die die Bayerische Stiftung Hospiz förderte. Im Jahr 2005 starteten am LMU Klinikum die Ausbildungskurse in Kinderpalliativmedizin, 2006 folgte die Gründung der AG Kinderpalliativmedizin in Bayern. 2007 kam die Stiftungs-Professur der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die nach einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren mit Monika Führer besetzt wurde. Für ihren Amtsantritt 2009 hatte sie bei den Berufungsverhandlungen erreicht, dass auch eine Kinderpalliativstation am Klinikum folgen sollte. Der dafür gegründete Förderverein sammelte 2011 in nur sechs Monaten 5,5 Millionen Euro für den Bau, 2016 konnte dann endlich das Kinderpalliativzentrum mit einer Station mit acht Betten eingeweiht werden. Es war das erste in Süddeutschland und das zweite überhaupt in Deutschland.
„Palliativversorgung hat – bei Kindern und bei Erwachsenen - einen ganzheitlichen Ansatz“, erklärt Monika Führer. „Ziel ist, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Palliativversorgung berücksichtigt körperliche, emotionale, kulturelle, spirituelle und soziale Bedürfnisse des Kindes. Besonders wichtig ist, dass sie die Versorgung der Familie und des sozialen Umfelds einschließt.“ Manche Kinder erhalten eine Palliativversorgung nur für eine kurze Zeit, andere Kinder möglicherweise über viele Jahre.
„Es geht bei uns nicht in erster Linie um die Begleitung des Sterbens, sondern um das Leben in dem Wissen, das die Zeit begrenzt ist“, sagt Monika Führer. „Deswegen ist es so wichtig, dass schwerstkranke Kinder und ihre Eltern möglichst früh den Kontakt zu uns suchen.“ Für die Zukunft wünscht sich die Medizinerin, dass die Palliativversorgung an den bayerischen Kliniken noch weiter ausgebaut wird. „Da gibt es noch viel zu tun“, weiß Führer. Außerdem wirbt der Förderverein unverändert um Spenden, damit das Kinderpalliativzentrum weiterhin seine ganz besondere Qualität erhalten kann: ein „Zuhause auf Zeit“ für schwerstkranke Kinder und ihre Familien bei bester medizinischer und psychosozialer Versorgung zu sein.
Bildergalerie Festakt
Prof. Dr. med. Monika Führer
Leitung Kinderpalliativzentrum Kinderklinik und Kinderpoliklinik