Die Studie wurde initiiert von Prof. Dr. Dr. Matthias Brendel, Kommissarischer Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Dr. Nicolai Franzmeier vom Institut für Schlaganfall und Demenzforschung und von Prof. Dr. Günter Höglinger, Direktor der Klinik für Neurologie – sie sind zudem Mitglied im Munich Cluster for Systems Neurology (SyNergy). Die Ergebnisse sind jetzt erschienen im Journal der Alzheimer-Gesellschaft, Alzheimer’s and Dementia - Diagnosis, Assessment & Disease Monitoring.
Grundsätzlich gibt es zwei zugelassene Möglichkeiten, um die gefährlichen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten nachzuweisen. Methode Nummer 1: die Untersuchung der Liquor-Flüssigkeit („Nervenwasser“). Das Problem: Bei dieser Punktion des Wirbelkanals mit einer Kanüle handelt sich um einen invasiven Eingriff mit seltenen Komplikationen. Und für manche Patienten - zum Beispiel solche, die blutverdünnende Medikamente nehmen - ist diese Untersuchung nicht geeignet. Außerdem ist die Liquoranalyse ein indirekter, nicht-quantitativer Nachweis der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn.
Methode Nummer 2: ein spezielles bildgebendes Verfahren des Gehirns, die PET (für Positronen-Emissions-Tomographie). Diese Methode ermöglicht den direkten und semiquantitativen Nachweis der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und ist nicht-invasiv. Mit 1.500 bis 3.000 Euro pro Untersuchung ist das Verfahren aber noch recht teuer und wird von den Krankenkassen noch nicht erstattet, so dass der Zugang dazu noch nicht überall möglich ist. Je nach Ausstattung und Expertise der Zentren sind Amyloid-Bildgebung bzw. Liquoranalyse in Deutschland auch unterschiedlich gängig, wobei die Liquor-Analyse aktuell noch verbreiteter zur Anwendung kommt.
Um herauszufinden, wie aussagekräftig die Ergebnisse der Liquor-Untersuchung im Verhältnis zum Goldstandard PET-Bildgebung sind, haben die Münchner Forschenden Daten von über 400 Patienten mit Verdacht auf eine Alzheimer-Demenz ausgewertet, die zwischen 2013 und 2024 am LMU Klinikum sowohl eine Liquor-Untersuchung auf Amyloid als auch ein PET des Gehirns bekommen hatten.
Die Ergebnisse: Wer im Nervenwasser einen Amyloid-Wert von über 7,1 aufwies, war im PET zumeist nicht auffällig - Alzheimer-Befund mithin negativ. Patienten mit einem Amyloid-Wert von weniger als 5,5 im Liquor waren auch im PET überwiegend auffällig - Alzheimer-Befund mithin höchstwahrscheinlich positiv. Doch besonders wichtig ist, dass es eine Grauzone zwischen 5,5 und 7,1 im Nervenwasser gab – bei etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten. „Die Hälfte dieser Studienteilnehmer hatte im PET einen auffälligen Amyloid-Befund“, sagt Brendel, „die Liquor-Untersuchung ist also hier nicht verlässlich genug.“ In einer unabhängigen Patienten-Kohorte der Universität Wien erzielten die Forschenden ein genau gleiches Ergebnis. Es handelt sich also um robuste Resultate.