Neuer Dekan der Medizinischen Fakultät der LMU München
Professor Gudermann: Ich bin schon immer ein Teamplayer gewesen. Deshalb ist jetzt für mich erst einmal das Wichtigste, viele Gespräche zu führen und zuzuhören, bevor ich konkrete Veränderungen und Neuerungen angehe. Ich möchte verstehen, mit welchen Problemen sich die Kolleginnen und Kollegen der Fakultät beschäftigen. Die Meinung und die Anliegen der Fakultätsmitglieder sind mir sehr wichtig.
Welchen Stellenwert hat die LMU-Medizin im (inter-)nationalen Vergleich?
Professor Gudermann: Die Medizinische Fakultät und das Klinikum der LMU gehören zu den größten und besten in Deutschland und Europa – das spiegelt sich auch in den Rankings wider. Die LMU München belegt im Ranking der DFG-Bewilligungen für 2017 bis 2019 wie bereits in den Vorjahren den ersten Platz der deutschen Hochschulen. Auch bei den Lebenswissenschaften, hierzu gehört auch die Medizin, steht die LMU bundesweit an der Spitze.
Daraus ergibt sich die Verpflichtung, die erfolgreiche Entwicklung der LMU-Medizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung weiter voranzutreiben. Langfristig streben wir an, den Medizinstandort München zu einem der führenden, wenn nicht dem führenden Standort in Deutschland und in Europa auszubauen – das ist zumindest der Anspruch, den wir haben. Dazu gehört auch, uns um die besten Persönlichkeiten bei der Besetzung von Professuren zu bemühen und starke Verbünde zu gründen wie zum Beispiel Forschungsgruppen, Sonderforschungsbereiche und Exzellenzcluster. Beste Köpfe, gute Strukturen, starke Verbünde – darauf beruht die Forschungsstrategie, die wir versuchen, in der täglichen Arbeit umzusetzen.
Welche Aufgaben sehen Sie in nächster Zeit als vordringlich an?
Professor Gudermann: Ein besonderer Schwerpunkt wird auf der Strategieentwicklung und Strategiediskussion über die zukünftige Ausrichtung der Medizinischen Fakultät liegen. Aber auch die Optimierung der Forschungsstrukturen liegt mir am Herzen. Dazu gehört zum Beispiel der Aufbau weiterer „Core Facilities“, wo forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Zugang zu modernsten Techniken und Großgeräten haben. Zudem werde ich mich für eine optimierte Kooperation von Forschung und Lehre innerhalb unserer Fakultät einsetzen. Dabei strebe ich vor allem eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Vorklinik, klinischer Theorie und den klinischen Fächern an.
Stichwort „Strategiediskussion“. Können Sie ein Beispiel nennen?
Prof. Gudermann: Zu unseren wichtigsten Aufgaben gehört es, unsere Forschungsschwerpunkte immer wieder einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Derzeit decken wir ein sehr weites Spektrum ab. Nun gilt es zu prüfen, ob dieser Weg fortgeführt wird oder ob wir künftig bestimmte Schwerpunkte besonders hervorheben sollten. Darüber müssen wir diskutieren – auch vor dem Hintergrund, die nächste Phase der Exzellenzinitiative vorzubereiten, die 2024 ansteht. Die LMU zählt zu den erfolgreichsten deutschen Universitäten in der Exzellenzinitiative, die in allen Förderlinien gefördert wurde.
Was sehen Sie als größte Herausforderung an?
Professor Gudermann: Zu den größten Herausforderungen gehört auf jeden Fall der Umgang mit Daten – oft unter den Schlagwörtern „Digitalisierung“ oder „Artificial Intelligence“ subsummiert. Die Weiterentwicklung der „Data Sciences“ gehört zum Forschungsprofil der LMU. Meiner Meinung nach ist es jedoch wichtig, die Medizin hierbei noch stärker einzubinden. Denn Data Sciences spielen nicht nur in der klinischen Medizin und in der Auswertung von Patientendaten eine große Rolle, sondern sie gewinnen auch in den präklinischen Disziplinen zunehmend an Bedeutung.
Großen Handlungsbedarf sehe ich auch, was die Förderung junger forschender Ärztinnen und Ärzte betrifft. Diese Clinician Scientists werden für den medizinischen Fortschritt dringend benötigt. Fakt ist jedoch, dass die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen unter einer starken klinischen Belastung stehen. Die Schaffung von Anreizen und Freiräumen für die Clinician Scientists muss kontinuierlich optimiert werden. Hier Bedingungen zu schaffen, die es erlauben, Wissenschaft trotz starker klinischer Einbindung betreiben zu können, sehe ich als eine weitere große Herausforderung an, die es zu meistern gilt.
Erste wichtige Schritte sind bereits gemacht. So haben wir zum Beispiel fakultätsinterne Clinician Scientist-Programme aufgelegt und sie unter dem Munich Clinician Scientist Program (MCSP) gebündelt. Aber von unserem Ziel, dass mindestens zehn Prozent aller arbeitenden Ärztinnen und Ärzte in solche Clinician-Scientist-Programme aufgenommen werden, sind wir noch entfernt, da haben wir Luft nach oben. Und auch Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler, die in medizinischen Fächern arbeiten bedürfen einer gezielten Karriereförderung. Wir haben begonnen, in Analogie zum Clinician-Scientist-Programm auch ein Medical-Scientist-Programm aufzulegen, das wir kontinuierlich weiterentwickeln werden.
Ein Blick auf Ihre Vita zeigt, dass Ihnen nicht nur Wissenschaft und Forschung, sondern auch die Lehre und Nachwuchsförderung am Herzen liegen ...
Professor Gudermann: ... das ist richtig. Mich aktiv für die Belange der Lehre einzusetzen, war und ist ein wesentlicher Schwerpunkt meiner Arbeit. Es ist eine Grundaufgabe unserer Universität, in der Lehre eine hohe Qualität zu bieten, um zukünftige Ärztinnen und Ärzte bestmöglich auszubilden. Dazu gehört auch, den begabtesten jungen Ärztinnen und Ärzten optimale Bedingungen zu bieten, damit sie gern zu uns kommen bzw. gern bei uns bleiben. Meiner Meinung nach ist die Wertschätzung der Lehrleistung deshalb essenziell - genauso wie wir Forschungsleistung wertschätzen.
An wen wird der LMU Lehrinnovationspreis vergeben, den Sie maßgeblich mitinitiiert haben?
Professor Gudermann: Der LMU Lehrinnovationspreis ist der erste mit Geld dotierte Preis für Innovationen in der Lehre und würdigt Lehrende, die besonders innovative Lehrveranstaltungen bzw. Lehr- oder Prüfungskonzepte erarbeiten und umsetzen. Zugleich gedenken wir mit diesem Preis unseres verstorbenen Kollegen Privat-Dozent Harald Mückter, der sich über Jahrzehnte unermüdlich für die Lehre eingesetzt und Generationen von Studierenden geprägt hat.
Zur Person
Professor Dr. Thomas Gudermann ist Mediziner, Pharmakologe und Toxikologe und Vorstand des Walther-Straub-Instituts für Pharmakologie und Toxikologie München. Außerdem hat er seit 13 Jahren den Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität inne.
Darüber hinaus ist Professor Gudermann in zahlreichen wissenschaftlichen Gremien aktiv. So ist er unter anderem Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Seit Mitte 2020 vertritt Professor Gudermann als Sprecher des gesamten Fachkollegiums „Medizin“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die übergeordneten Belange der gesamten Medizin in Deutschland bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft an vorderster Front. Ferner ist er Sprecher des Transregio-Sonderforschungsbereichs TRR 152 (Steuerung der Körper-Homöostase durch TRP-Kanal-Module) und des DFG-geförderten Graduiertenkollegs GRK 2338 (Targets in Toxicology – Deciphering Therapeutic Targets in Lung Toxicology).
Neben seinem Engagement für Wissenschaft und Forschung ist Professor Gudermann die Nachwuchsförderung ein weiteres besonderes Anliegen. In den letzten zehn Jahren leitete er das intramurale Nachwuchsförderprogramm FoeFoLe und war als Vorsitzender der Kommission für die strukturierten Promotionsprogramme für Medizinstudierende, die Forschungsförderung für Nachwuchswissenschaftler des Klinikums sowie für die Auswahl der Kandidaten für das Clinician Scientist-Programm FoeFoLe+ mitverantwortlich. Darüber hinaus engagiert sich Professor Gudermann als Gründungssprecher des Master-Studiengangs „Human Biology“, der von den Fakultäten für Medizin und Biologie gemeinsam angeboten und im Rahmen des Elite-Netzwerks Bayern gefördert wird.
Ansprechpartner
Prof. Dr. med. Thomas Gudermann
Dekan, Vorstand des Walther-Straub-Instituts für Pharmakologie und Toxikologie Medizinische Fakultät LMU