Neuer Direktor der Kinderchirurgie am LMU Klinikum München
Ein zentraler klinischer Schwerpunkt sind Vorderdarmerkrankungen und -fehlbildungen. „Das umfasst Erkrankungen und Fehlbildung aller Strukturen, die zwischen Pharynx, also dem Schlund, und Dünndarm liegen“, erklärt Prof. Muensterer. Dazu gehören Speiseröhre, Luftröhre, Lunge, Magen, Zwölffingerdarm, Leber und Gallenwege. Bei Kindern bezieht sich das zum Beispiel auf angeborene Fehlbildungen der Speiseröhre, der Lungen, auf Verätzungsverletzungen der Speiseröhre, gastroösophagealen Reflux, Fehlbildungen der Gallenwege, des Magens und des Zwölffingerdarmes. Auch solche komplexen Fehlbildungsoperationen führt er mit speziellen Instrumenten und Kameras von wenigen Millimeter Durchmesser durch, zum Teil auch roboter-assistiert.
Im Fokus stehen dabei auch Krebsoperationen, Onkologie ist ein Kernthema in der LMU Kinderchirurgie. „In Fällen, bei denen Tumoren ohne große Schnitte sicher entfernt oder biopsiert werden können, profitieren die Patienten durch die deutlich schonendere Behandlung immens. Das kann man zum Teil auch bei komplizierten Krebsoperationen einsetzen“, betont der Arzt.
Aus seiner langjährigen Tätigkeit in den USA bringt er umfassende Erfahrung in der Traumaversorgung und der Verbrennungsversorgung mit. Er befasst sich mit Fetalchirurgie und pränatalen Behandlungen des Ungeborenen im Mutterleib und will das Thema zusammen mit dem perinatalen Team am LMU Klinikum (Geburtshilfe, Neonatologie, Kinderchirurgie) schwerpunktmäßig ausbauen. Die enge Zusammenarbeit mit den angrenzenden Fachdisziplinen ist ihm ein besonderes Anliegen.
Herausforderungen durch SARS-CoV-2
Zur aktuellen Situation durch Corona sagt Prof. Dr. Muensterer: „Die letzten Monate während der COVID-19 Pandemie waren auch für die Kinderchirurgie schwierig. Obwohl nur wenige Patienten positiv getestet wurden und kaum krank waren, mussten wir alle elektiven Operationen stornieren und verschieben. Allerdings hatten wir insgesamt sogar mehr zu tun, weil viele Kinder mit Verletzungen nach Trauma oder Verbrennungen eingeliefert wurden. Ich denke, das beruht darauf, dass die Kinder sich zu Hause gelangweilt haben und dann auf dumme Gedanken kamen. Oder die Eltern beim Homeoffice einfach nicht auch noch die Kinder im Auge behalten konnten. Jedenfalls sahen wir viele schlimme Unfälle. Diese Kinder sind sicher auch Opfer der Pandemie, über die wir viel zu wenig sprechen."
Operieren mit nur einem einzigen Minischnitt am Nabel
Das klinische Profil und das Forschungsprofil des Chirurgen werden durch die Entwicklung innovativer Operationsmethoden und noch kleinerer Instrumente sowie noch schonenderer Verfahren bestimmt. Er ist einer der internationalen Protagonisten der sogenannten SIPES-Technik (single-incision pediatric endosurgery): Dabei wird über einen einzigen, kleinen Schnitt am Nabel operiert, so dass man danach praktisch keine Narben sieht. Wo es sinnvoll ist, kombiniert er solche Eingriffe mit endoskopischen Techniken, beispielsweise einer Spiegelung des Magens, des Darmes oder der Blase. „Der Anspruch ist der kleinstmögliche Zugang bei mindestens gleichwertiger Effektivität und Sicherheit, um die Belastung so gering wie möglich zu halten, so dass die Kinder sich schnell erholen können.“
Aus seiner langjährigen Tätigkeit in den USA bringt er umfassende Erfahrung in der Traumaversorgung und der Verbrennungsversorgung mit. Er befasst sich mit Fetalchirurgie und pränatalen Behandlungen des Ungeborenen im Mutterleib und will das Thema zusammen mit dem perinatalen Team am LMU Klinikum (Geburtshilfe, Neonatologie, Kinderchirurgie) schwerpunktmäßig ausbauen. Die enge Zusammenarbeit mit den angrenzenden Fachdisziplinen ist ihm ein besonderes Anliegen.
Digitalisierung und Telemedizin
Seit langem beschäftigt sich Prof. Muensterer mit Telemedizin und digitalen Techniken zur Verbesserung der Patientenversorgung. Bereits vor Jahren hat er die erste telemedizinische Sprechstunde in Deutschland eingeführt und dazu wissenschaftliche Studien publiziert. Derzeit erforscht er die telemedizinische Begleitung von Patienten mit einer Ösophagusatresie und deren vor Ort behandelnden Ärzten in seiner durch den Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) mit 1,3 Millionen Euro finanzierten Studie. „Gerade in einem so hochspezialisierten Fach wie der Kinderchirurgie erlaubt die Telemedizin auch bei sehr seltenen Erkrankungen die Versorgung in der Breite ohne Kompromisse in der Qualität", betont er. Einige seiner anderen wissenschaftlichen Projekte evaluieren den Einsatz von neuen digitalen Techniken wie beispielsweise einer Datenbrille bei der Polytraumaversorgung sowie den Einsatz von künstlicher Intelligenz zur intraoperativen Diagnostik von kindlichen Tumoren mittels Multiphotonenmikroskopie.
Ausbildung in der Kinderchirurgie verbessern
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Aus- und Weiterbildung der Medizinstudierenden und der kinderchirurgischen Assistenten. „Chirurgie kann nur nachhaltig sein, wenn wir die nächste Generation exzellent ausbilden. Das muss der zentrale Anspruch an uns selbst sein", betont Muensterer. Er legt einen besonderen Fokus auf Simulationstraining und ein detailliertes Ausbildungscurriculum. „Denn naturgemäß haben kinderchirurgische Patienten eine filigrane Anatomie und eine empfindliche Physiologie. Da kann man sich nicht leisten, am Patienten zu üben. Jeder Handgriff muss vorher perfektioniert werden, bevor man das Privileg erhält, ihn am Kind ausüben zu dürfen".
Zur Person
Der neue Klinikchef ist geboren in Kanada, aufgewachsen in Deutschland, hat Medizin an der LMU sowie der Universidad de Alicante (Spanien) studiert, promovierte und habilitierte sich an der LMU. Er kommt von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), wo er seit 2014 die Kinderchirurgie leitete.
Er ist Facharzt für Kinderchirurgie; Facharzt für Pädiatrie (USA), Zusatzbezeichnung Sportmedizin; nebenberuflich derzeit Studium zum Master of Arts in Medizinethik; Fellow der American Academy of Pediatrics (FAAP), Fellow des European Board of Paediatric Surgery (FEBPS), Fellow des American College of Surgeons (FACS); ATLS-Instructor (Advanced Trauma Life Support).
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Oliver Muensterer
Kinderchirurgische Klinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital