Es zeigte sich: In der frühen Phase nach einem Schlaganfall kommt es zu einer Entzündungsreaktion im gesamten Körper – obwohl keine Infektion vorliegt. Als Ursache konnten die Forscher zellfreie DNA im Blut feststellen, die aus Zelltrümmern freigesetzt wird. Sie bewirkt eine Entzündung, die auch die Arteriosklerose rasant fortschreiten lässt, denn „diese zellfreie DNA aktiviert in bestimmten Immunzellen das AIM2-Inflammasom“, sagt Arthur Liesz. Als Inflammasom wird ein ganzer Komplex aus Proteinen in Entzündungszellen bezeichnet, der zur massiven Bildung des Botenstoffs Interleukin-1 führt. Dieser Botenstoff breitet sich durch das Blut im ganzen Körper aus und wirkt insbesondere auf bereits entzündete Gewebe – wie die arteriosklerotisch veränderten Gefäße. Das wiederum destabilisiert Hochrisiko-Plaques, die einreißen und Gerinnsel freisetzen, was zu weiteren Schlaganfällen führt.
Mit ihrem Wissen starteten die Forschenden bei den Mäusen nach dem ersten Schlaganfall eine Therapie: Durch die Gabe von sogenannten DNasen – Enzyme, die DNA zerstören – sofort nach dem ersten Schlaganfall lässt sich der gesamte fatale Prozess stoppen. „Durch diese Behandlung haben wir die Rate wiederkehrender Schlaganfälle in unserem Tiermodell um bis zu 80 Prozent gesenkt“, sagt Arthur Liesz. Die DNA in Zellen bleibt von dieser Behandlung unberührt, weil DNasen nicht in Zellen eindringen können.
Der beeindruckende Erfolg im Tierversuch hat die Forschenden motiviert, eine klinische Studie zu planen, die bereits genehmigt wurde. Sie soll, so Liesz, „voraussichtlich 2025 an mehreren Kliniken in Deutschland beginnen.“