Psychische Belastungen während der COVID-19-Pandemie
Die Corona-Pandemie kam für uns alle überraschend. Sie hat unser Leben von einem Tag auf den Anderen auf den Kopf gestellt. In der Arbeit und auch zu Hause gibt es jetzt viele Herausforderungen (u.a. Doppelbelastungen, Konflikte, gesundheitliche und wirtschaftliche Sorgen). Wenn zu viel zusammenkommt, können einem Stress, Belastungen und Ängste auch mal über den Kopf wachsen!
Langfristige psychische Belastungen können jedoch auch zu psychischen Problemen bzw. Störungen führen. Damit es nicht so weit kommt und Ihr psychisches Gleichgewicht wiederhergestellt werden kann, möchten wir Sie hier über typische psychische Problembereiche und mögliche Umgangsweisen mit diesen Problemen informieren.
Insbesondere ist es auch wichtig, sich in Situationen psychischer Belastung Hilfe zu suchen. In München stehen hierfür eine ganze Reihe an guter Anlaufstellen zur Verfügung, von niederschwelligen Telefonberatungen bis hin zur sofortigen Hilfeleistung im Notfall. Auch hierfür haben wir Ihnen eine Übersicht zusammengestellt.
Anlaufstellen
In Notfällen steht Ihnen täglich von 0 bis 24 Uhr die Notfallambulanz der psychiatrischen Klinik zur Verfügung. Unsere Dienstärzt*innen leisten Unterstützung in psychischen Krisensituationen und vermitteln weitere Unterstützungsangebote.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LMU Klinikum
Nußbaumstraße 7
80336 München
Tel. 089 4400 - 55511 Notaufnahme der psychiatrischen Klinik der LMU
Weitere psychiatrische Notfallambulanzen für Erwachsene in München (geöffnet täglich 0-24 Uhr):
- kbo-Isar-Amper-Klinikum, München-Ost
Vockestr. 72, 85540 Haar
Tel. 089 45620. www.kbo-iak.de - kbo-Isar-Amper-Klinikum, Atriumhaus
Bavariastr. 11, 80336 München
Tel. 089 76780. www.kbo-iak.de - Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinikum rechts der Isar
Ismaninger Str. 22, 81675 München
Tel. 089 41404241 (von 08.30 – 16.30 Uhr). Außerhalb dieser Zeit: Tel. 089 41404210. www.psykl.mri.tum.de
- Der Krisendienst Psychiatrie ist ein Angebot zur psychiatrischen Soforthilfe. Menschen in seelischen Krisen, Mitbetroffene und Angehörige erhalten hier qualifizierte Beratung und Unterstützung, rund um die Uhr.
Tel. 0180 - 655 3000. Täglich. 0-24 Uhr.
www.krisendienst-psychiatrie.de - Die Telefonseelsorge. Rat bei Problemen und Krisen in jeder Lebenssituation.
Tel. 0800 - 111 0 111 oder 0800 - 111 0 222. Täglich. 0-24 Uhr.
www.telefonseelsorge.de/telefon - Hauptaufgabe des Vereins ARCHE ist die ambulante Suizidprävention und Krisenintervention. Dazu bietet sie Beratung für Menschen in Lebenskrisen, bei Suizidgefährdung und nach einem Suizidversuch an (Nachsorge).
Tel. 089 334041. Montag bis Freitag. 9-17 Uhr.
www.die-arche.de
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Allgemeine Empfehlungen
Die Ausgangsbeschränkungen, die Überflutung mit Informationen durch die Medien und die Unsicherheit wie sich das Virus weiterverbreitet, führen zu Sorgen bei vielen von uns. Gefühle wie Angst und Furcht, aber auch Desorientierung, Traurigkeit und Ärger sind normale und menschliche Reaktionen auf diese besonderen Umstände. Um mit aufkommenden Ängsten besser umgehen zu können bzw. um Ängste gar nicht erst aufkommen zu lassen, finden Sie im Folgenden Empfehlungen, die Ihnen weiterhelfen könnten:
Mediennutzung
Holen Sie sich Fakten von seriösen Stellen. z.B.
- Robert-Koch-Institut
- zusammengegencorona.de
- NDR-Podcast von Christian Drosten
Lassen Sie sich nicht überschwemmen durch unzählige und verstörende Informationen und Bilder, denn dadurch geraten wir in Hilflosigkeit und Orientierungslosigkeit.
Bleiben Sie in Bewegung
Es gibt keine Ausreden, denn Sport ist überall möglich. Auch auf begrenztem Raum, in der Wohnung oder auf dem Balkon.
Nutzen Sie die körperliche Anstrengung für ihren Geist und für ein gutes Körpergefühl
Egal ob Yoga, Zumba oder Kraftübungen, Sie finden viele Ideen im Internet (z.B. Online Sportkurse oder YouTube).
Struktur einhalten
Planen Sie Ihren Tag und setzen Sie auf regelmäßige Abläufe, um Unsicherheit und Kontrollverlust zu vermeiden.
Vergessen Sie neben den notwendigen Tätigkeiten nicht die Positiven auf Ihrer To-Do Liste: z.B. Ein Bad nehmen oder ein Stück Schokolade essen.
Weg vom Negativen, hin zum Positiven
Wählen Sie bewusst mit wem Sie in Kontakt treten und welche Medien Sie auswählen. Besinnen Sie sich auf die schönen Dinge, die weiterhin möglich sind und Ihren Humor, um der Hoffnungslosigkeit entgegen zu wirken.
In Kontakt bleiben
Greifen Sie zum Telefon, setzen Sie sich mit Hilfe von Videoprogrammen (Skype/WhatsApp Videochat, für größere Gruppen Zoom) in Verbindung oder schreiben Sie einen Brief. Tauschen Sie sich mit Verwandten, Freunden und Bekannten aus.
Das Gefühl, nicht alleine zu sein und Sorgen zu teilen, hilft gegen Isolation und Ohnmacht.
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Konkrete Möglichkeiten
Führen Sie Entspannungs-, Achtsamkeits- oder Meditationsübungen durch, um Ängste und Sorgen zu reduzieren - z.B. auf YouTube unter:
- „Stressbewältigung Achtsamkeitsübung AOK“
- „Progressive Muskelentspannung AOK“
Gewähren Sie sich und Ihren Haushaltsmitgliedern Privatsphäre und Freiräume, um der Beengung entgegenzuwirken. Jeder sollte die Möglichkeit bekommen, sich zurückziehen zu können, um ungestört zu telefonieren, zu entspannen, o.ä.
Suchen Sie sich ein Projekt für den Tag, die kommende Woche oder für die nächsten Wochen. Ziele zu erreichen bereitet uns Freude und macht uns stolz.
Seien Sie kreativ in Ihren Zielsetzungen - z.B.:
- ein Buch/ eine Zeitschrift lesen
- Wohnungsverschönerung
- ein neues Rezept ausprobieren
- den Lieblingskuchen backen
Überlegen Sie sich, wie oft und wann Sie sich mit Nachrichten zum Corona-Virus auseinandersetzen wollen. Versuchen Sie immer wieder einen Abstand zu bekommen und auf sich zu achten. Seien Sie auch vorsichtig, welche Informationen Sie teilen und damit weiterverbreiten.
Machen Sie einen Spaziergang, um den Block zu machen oder verbringen Sie einige Minuten auf dem Balkon.
Es könnte helfen mit Frustrationen im eingeengten Haushalt oder aufgrund der aktuellen Umstände umzugehen.
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Ausgewählte Beispiele
Kontrolle zurückerlangen
Je mehr wir uns auf Dinge fokussieren, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, desto eher fühlen wir uns gestresst und verängstigt. Nehmen Sie bewusst wahr, was Sie steuern können und in der Hand haben. So haben Sie etwa konkret einen Einfluss auf Ihr Infektionsrisiko, wenn Sie die Hygienemaßnahmen einhalten und möglichst auf enge Kontakte verzichten. Ebenso erhalten wir Sicherheit und Kontrolle, indem wir uns auf unsere Stärken besinnen und unsere Struktur einhalten. Was sind Ihre Stärken, die Ihnen aktuell helfen können? Wie könnten Sie ihren Tagesablauf strukturierter gestalten?
Konzentrieren Sie sich auf die positiven Nachrichten
z.B. „die meisten infizierten Menschen werden wieder gesund“. Welche positiven oder neutralen Aspekte können Sie noch finden?
Umgang mit Medien
Versuchen Sie Nachrichten, Bilder und Videos über das Coronavirus zu begrenzen. Setzen Sie sich ein Zeitlimit, das Ihnen guttut, und entscheiden Sie bewusst, zu welcher Tageszeit Sie sich damit auseinandersetzen möchten. Sind es für Sie 10 Minuten am Tag, oder 2x 15 Minuten, oder...? Muss es schon morgens im Bett sein, oder reicht es zu einer späteren Tageszeit
Sie sind nicht allein
Machen Sie sich bewusst, an wen Sie sich wenden können und nutzen Sie den Austausch, um Ängste zu reduzieren und auf andere Gedanken zu kommen.
Was können Sie bei bestimmten Problemen tun?
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- Kristina Adorjan
- Gerrit Burkhardt
- Lisa Ernst
- Fabienne Große-Wentrup
- Mije Hartmann
- Eva Hoch
- Susanne Karch
- Daniel Keeser
- Dominik Krieschke
- Frank Padberg
- Stephanie Rek
- Matthias Reinhard
- Mike Rüb
- Michael Strupf
- Aline Übleis
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Adorjan, K., Pogarell, O., Streb, D., Padberg, F., Erdmann, C., Koller, G., . . . Falkai, P. Role of psychiatric hospitals during a pandemic: Introducing the Munich Psychiatric COVID-19 Pandemic Contingency Plan. BJPsych Open (2021). https://doi.org/10.1192/bjo.2020.167
Reinhard, M.A., Burkhardt, G., Grosse-Wentrup, F. et al. Psychosoziale Unterstützung während der COVID-19-Pandemie: interdisziplinäres Versorgungskonzept an einem Universitätsklinikum. Nervenarzt (2020). https://doi.org/10.1007/s00115-020-01014-8
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- Auszra, L., Herrmann, I. R., & Greenberg, L. S. (2017). Emotionsfokussierte Therapie: Ein Praxismanual. Hogrefe Verlag.
- Berking, M. (2015). Training emotionaler Kompetenzen (p. 14). Berlin: Springer.
- Faßbinder, E., Klein, J. P., Sipos, V., & Schweiger, U. (2015). Therapie-Tools Depression: Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial. Beltz.
- Hautzinger, M. (2013). Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen: Mit online-Materialien. Weinheim; Basel: Beltz.
- Heidenberger, B. (2020). 45 Entspannungsübungen. Heruntergeladen am 15.02.2021, auf https://www.zeitblueten.com/
- Jacobi, F. (2020). Wie Sie häusliche Isolation und Quarantäne gut überstehen. Heruntergeladen am 30.03.2020, auf https://www.psychologische-hochschule.de/2020/03/jacobi_umgang-mit-quarantaene/
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