Jahresempfang des LMU Klinikums fand nach drei Jahren wieder statt
„Es waren drei herausfordernde Jahre“ sagte Prof. Dr. Markus M. Lerch in seiner Begrüßung – und machte dies anhand von Zahlen deutlich: 6.500 Corona-Patienten wurden im LMU Klinikum stationär behandelt, 1.000 davon auf Intensivstationen und 100 an einer ECMO. Schon früh habe sich das LMU Klinikum im Netzwerk Universitätsmedizin „in die Bresche geworfen, um die neue Krankheit zu erforschen“, unter anderem mit Unterstützung des Freistaats und des Bundesforschungsministeriums. Mehr als 1.080 Publikationen haben Ärzte und Wissenschaftler bisher zum Thema Corona publiziert. In der Corona-Pandemie war das LMU Klinikum somit eine zentrale Säule der Gesundheitsversorgung. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine habe das LMU Klinikum bis heute nicht nur mehrere Spendenmaßnahmen organisiert, sondern auch Behandlungsangebote für Schwerverletze, Krebserkrankte und Geflüchtete in München geschaffen.
Leuchtturm für die Region München
Als große Herausforderungen der Zukunft nannte Lerch neben den anstehenden Bauvorhaben und dem Krankenhausreformgesetz auch das Thema Nachhaltigkeit: So wolle das LMU Klinikum durch verschiedene Maßnahmen bis 2025 den Energieverbrauch um rund 16 Prozent reduzieren und gleichzeitig die regenerative Energie durch den Ausbau von Photovoltaik bis 2027 um 900 Prozent steigern. Außerdem steht der Ausbau der Zusammenarbeit mit den Partnern des LMU Klinikums im Fokus: Mit den Münchner Universitäten, dem Klinikum rechts der Isar sowie dem Helmholtz Zentrum München sollen isarübergreifend gemeinsame Strukturen und Prozesse aufgebaut werden. Eine gemeinsame Forschungsdatenintegration und ein Studienzentrum sollen als „Leuchtturm für die Region München“ entstehen. „Hier haben sich die Verhältnisse von Konkurrenz auf Zusammenarbeit, insbesondere im klinischen Forschungsbereich entwickelt“, schloss Lerch seine Rede.
Mitschnitt des Jahresempfangs (130 min)
Digitalisierung mit Empathie paaren
Wissenschaftsminister Markus Blume nannte in seiner Ansprache drei Punkte, die das LMU Klinikum während seiner Amtszeit für ihn ausmachten: Es könne feiern, das hätte es bei den Veranstaltungen zu 550 Jahren LMU Medizin, 175 Jahren Haunersches Kinderspital und dem Spatenstich zum Neuen Hauner bewiesen. Außerdem könne es auch Krisen meistern: Als „Rückgrat der Versorgung in Bayern, in Deutschland“ während der Corona-Pandemie bezeichnete Blume die Universitätsklinika: „Sie können Krise und Sie kommen auch durch aktuelle Krisenerscheinungen durch, nicht zuletzt durch die Unterstützung des Bundes und des Freistaats.“ Außerdem habe das LMU Klinikum gezeigt, „dass es sich der Spitze verschreiben kann“: Auf der einen Seite habe es „eine Riesentradition“, auf der anderen Seite sei es „immer topaktuell, immer mit der Zeit gehend“. Für die Zukunft brauche es Digitalisierung, forderte Blume, „nicht nur in den Spitzeneinrichtungen der Medizin, sondern überall.“ Diese müsse sich aber mit Empathie paaren, denn „es gibt im Krankenhausbereich Dinge, die man nicht digital ersetzen kann.“ Diese könne man auch nicht unbedingt immer akademisch lernen. Das Personal sei am Ende das alles Entscheidende: Deshalb tun wir alles, um das Personal zu unterstützen, tun noch mehr für die Ausbildung in Zukunft.“ Dies umfasse nicht nur die universitäre, sondern auch die berufliche Ausbildung.
Maximale Aufmerksamkeit für jeden Patienten
Mit einem Dank wandte sich die Vizepräsidentin der LMU, Prof. Dr. Francesca Biagini, an alle Mitarbeitenden des LMU Klinikums: Dorthin kämen fast eine halbe Million Patienten im Jahr, „aber jede Person wird mit maximaler Aufmerksamkeit behandelt“. Auch auf die Diversität der Mitarbeitenden am LMU Klinikum ging Biagini ein: „Es werden neben Deutsch 121 weitere Muttersprachen gesprochen, am häufigsten serbokroatisch, italienisch und türkisch“, sagte sie. Etwa ein Drittel der Pflegekräfte komme aus dem Ausland. Diese Vielfältigkeit des Personals stelle viele Herausforderungen dar, bereichere das Klinikum aber ungemein. „Vielen Dank, dass sie den Weg zu uns gefunden haben, um das LMU Klinikum mit Ihrer Arbeit zu unterstützen und noch besser zu machen“, sagte sie.
Gesellschaft und Wissenschaft – ein Missverständnis?
Vortrag von Prof. Dr. Harald Lesch (14 min)
Prof. Dr. Harald Lesch, Astrophysiker der LMU und Wissenschaftsjournalist, erläuterte in seinem Vortrag, dass Wissenschaft mehr sei als die Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ins Machbare und bezog sich dabei auch auf Ulrich Beck und Hannah Arendt. Das kritische Denken dürfe nicht durch die bloße Erkenntnis ersetzt werden. Andernfalls erreichten wir die Menschen nicht mehr mit Forschung und Wissenschaft und diese verlören das Vertrauen. Genau das seien Gründe, weshalb alternative Wahrheiten und Fake News zunehmend Verbreitung finden. „Die Naturwissenschaften sind so abstrakt geworden, dass es eine Unmenge an Übersetzungsarbeit braucht, um sie so verständlich zu machen, dass sie im gesellschaftlichen und politischen Raum überhaupt diskutiert werden können“, sagte Lesch wörtlich.
Die Medizin bezeichnete er als „eine ganz besondere Wissenschaft“, da sie eine soziale Naturwissenschaft sei, die Natur eines Menschen in einem sozialen Umfeld behandle. Auch diejenigen, die Medizin betreiben, hätten gemerkt, wie sehr das Misstrauen von etlichen das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gestört hat. „Vielleicht kommen wir da jetzt wieder gut raus, wenn es uns gelingt, offene Worte zu hören, aber auch offene Worte an die Gesellschaft zu geben“, wünschte er sich. Denn: Nur das Zusammen von Gesellschaft und Wissenschaft mache eine gedeihliche Zukunft möglich.
Im Anschluss zeichnete Prof. Dr. Werner, Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des LMU-Klinikums, Dr. Stephanie Herrmann mit der Heinz-Goerke-Medaille aus. Diese hatte sich im Bayerischen Wissenschaftsministerium jahrelang für die Belange des LMU Klinikums eingesetzt.
Universitätsmedizin zwischen Digitalisierung und Empathie
Um die unterschiedlichen Facetten von Digitalisierung und Empathie ging es in der abschließenden Podiumsdiskussion: Die Chancen von KI in der Medizin stellte Prof. Dr. Daniela Hartmann, Oberärztin und Dermatochirurgin an der Dermatologischen Klinik, anhand der Software SKIN-ID dar. Mit dieser können während einer OP entnommene Gewebeproben mittels Künstlicher Intelligenz (KI) in Echtzeit analysiert werden. „KI hilft uns, besser zu werden, aber verantwortlich bleibt der Mensch“, fasste Hartmann zusammen. Den Einsatz von Apps in der psychiatrischen Behandlung stellte Dr. Marlene Heckl, Assistenzärztin an der Psychiatrischen Klinik und Wissenschaftsbloggerin, vor: Nach einer stationären Behandlung könnten Patientinnen und Patienten auf Digitale Gesundheitsanwendungen zurückgreifen, die sie während der Wartezeit auf einen ambulanten Therapieplatz begleiten und stabilisieren können.
Mitschnitt der Podiumsdiskussion (28 Minuten)
Ein Stoffkaninchen spielte in der multimedialen „Zaubershow“ von Prof. Dr. Berend Feddersen, Leiter der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) an der Klinik für Palliativmedizin, die Hauptrolle: Anhand des Stofftiers zeigte er auf humorvolle Art die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Einsatzes von KI in der Palliativmedizin: zum Beispiel als emotionaler Begleiter der Patienten oder in der Ausbildung von angehenden Ärztinnen und Ärzten in der Radiologie.
Impressionen vom Jahresempfang