Neue Leitlinie zur Parkinson-Krankheit erschienen
Zum Autorenteam gehörten auch die Parkinson-Experten des LMU Klinikums, Prof. Franziska Hopfner, Priv. Doz. Thomas Köglsperger und Prof. Johannes Levin. Wichtigstes Ziel der neuen Leitlinien: eine verbesserte klinische, ambulante und stationäre Versorgung von Parkinson-Patientinnen und -patienten von der diagnostischen (Früh-)Erkennung bis hin zur individuell passenden medikamentösen oder operativen Behandlung.
Die Parkinson-Krankheit gehört hierzulande zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen: Allein in Deutschland sind etwa 500.000 Menschen betroffen, Männer etwas häufiger als Frauen. Bislang wurden die Begriffe „Parkinson-Krankheit“ und „Idiopathisches Parkinson-Syndrom“ meist als Synonym verwendet. Gleich zu Beginn der neuen Leitlinie empfiehlt das Autorenteam jedoch, künftig den allgemeineren Begriff „Parkinson-Krankheit“ zu verwenden. Denn: „In denen letzten Jahren wurde immer klarer, dass eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Fällen eben nicht idiopathisch ist, sondern vor allem durch genetische Varianten bzw. Mutationen entsteht und damit sehr wohl auf einer konkreten Ursache beruht“, sagt Leitlinienkoordinator und Direktor der Neurologischen Klinik des LMU Klinikums München Prof. Günter Höglinger.
Neues zur Diagnostik
Auch was die Parkinson-Diagnostik betrifft, schlagen die neuen Leitlinien verschiedene Neuerungen vor. Dazu gehört zum Beispiel, fortan die MDS (International Parkinson and Movement Disorder Society)-Diagnosekriterien von 2015 zur Diagnose der Parkinson-Krankheit heranzuziehen - anstelle der hierzulande immer noch oft verwendeten „Parkinson's UK Brain Bank“-Kriterien. Zudem wird empfohlen, nicht-motorische Symptome bzw. mögliche Frühsymptome wie eine Riechstörung oder REM-Schlafverhaltensstörung mithilfe von gezielten Untersuchungen in die Parkinson-Diagnostik mit einzubeziehen und die Befunde zur Prognoseabschätzung heranzuziehen. Darüber hinaus unterstreichen die Leitlinien den hohen Stellenwert einer kranialen Magnetresonanztomografie (c-MRT) insbesondere zur Differenzialdiagnostik, die deshalb möglichst frühzeitig im Krankheitsverlauf erfolgen sollte. Weitere empfohlene Methoden zur Differenzialdiagnostik sind – je nach Fragestellung - die transkranielle Hirnparenchymsonografie, eine FDG-PET sowie eine Dopamin-Transporter-SPECT (DAT-SPECT).
Dagegen sind Biomarker (zum Beispiel Neurofilamente) zur Diagnosesicherung noch nicht spezifisch genug und deshalb derzeit nicht zur Diagnosesicherung geeignet.
Eine genetische Untersuchung sollte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Parkinson-Krankheit vor dem 50. Lebensjahr manifest geworden ist oder der Patient dies wünscht, etwa weil bereits mehrere Personen in der Familie von der Parkinson-Krankheit betroffen sind.
Neues zur Therapie
Bei den Therapieempfehlungen wurden sämtliche mögliche Parkinsonsymptome berücksichtigt, das heißt nicht nur die breite Palette der motorischen Symptome, sondern auch Schlafstörungen, Schmerzen, Sprach- oder Schluckstörungen sowie Begleitsymptome, zum Beispiel Blasenfunktionsstörungen oder Blutdruckabfall beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie). Die Mehrzahl der aufgeführten Behandlungsoptionen wurde teilweise modifiziert, durch neue Evidenz gesichert und/oder durch neue Inhalte ergänzt. „Wichtig ist, die Therapie rechtzeitig, altersgerecht, effizient und entsprechend den individuellen Therapiezielen zu beginnen“, betont Prof. Höglinger.
Die Medikamentenwahl zur initialen Monotherapie soll sich nach den individuellen Kriterien der Patientinnen und Patienten richten, also neben der Schwere der motorischen Symptome auch nach dem Patientenalter, den Komorbiditäten und psychosozialen Aspekten ebenso wie nach den unterschiedlichen Effektstärken/Wirkungen oder Nebenwirkungen der Substanzen.
Im Krankheitsverlauf werden in der Regel verschiedene Substanzen kombiniert, die Leitlinien geben detaillierte Empfehlungen für spezielle Situationen und auch zu Substanzen, die nicht mehr eingesetzt werden sollen. Neu sind auch die Empfehlungen zu invasiven Therapien wie Pumpentherapien und der Tiefen Hirnstimulation (THS) sowie zum Management bei speziellen Situationen der Parkinson-Krankheit, wie zum Beispiel der „akinetischen Krise“.
Die Neurologische Klinik des LMU Klinikums bietet mit ihrem interdisziplinären Team aus kooperierenden Berufsgruppen alle derzeit verfügbaren Parkinson-Therapien auf hervorragendem Niveau an. Darüber hinaus werden auch neue Diagnosemethoden und Therapien im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien erprobt.
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren 12.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Günter Höglinger
Direktor der Neurologischen Klinik