Die Gewebediagnostik beginnt bereits vor der Aufnahme von Patient:innen in die Transplantationswarteliste von Eurotransplant, für die die Bestimmung der HLA-Gewebemerkmale (HLA-Typisierung) sowie ein Screening bzw. eine Spezifizierung von HLA-Antikörpern notwendig sind. Die Patient:innen stammen aus den drei Transplantationszentren am LMU Klinikum Großhadern, am Klinikum rechts der Isar sowie am Klinikum Augsburg.
Nachdem die Patient:innen bei Eurotransplant gelistet wurden, überprüft das LfIMD bei Patienten, die auf eine Niere, Bauchspeicheldrüse, Lunge, Leber oder ein Herz hoffen, den Antikörperstatus in regelmäßigen Abständen, im Regelfall einmal pro Quartal, also alle drei Monate: „Jedes immunisierende Ereignis – Transfusionen, eine Schwangerschaft oder Transplantationen – kann dazu führen, dass der/die Patient:in HLA-Antikörper entwickelt, wodurch sich eine andere Situation für die Akzeptanz eines Organangebots ergibt“, erklärt die Leiterin des Labors für Immungenetik und molekulare Diagnostik Dr. Andrea Dick. Derzeit stehen im südbayerischen Raum mehr als 800 Patient:innen auf der Warteliste für eine Organtransplantation. „Es ist sehr wichtig, für jeden Patienten und jede Patientin auf der Warteliste ein präzises und aktuelles immunologisches Profil zu erstellen. Neben anderen Kriterien ist dies eine wesentliche Voraussetzung für eine gute Transplantatfunktion“, sagt Dr. Dick. Dabei haben auch immunisierte Patient:innen, bei denen im Serum HLA-Antikörper nachweisbar sind, eine Chance, ein passendes Organ angeboten zu bekommen, auch wenn aufgrund einer Immunisierung die Organspenderauswahl eingeschränkt ist .
Als Regionallabor der Deutschen Stiftung für Organspende (DSO) und von Eurotransplant beauftragtes HLA-Labor ist das LfIMD verantwortlich für die Histokompatibiliätsdiagnostik in der gesamten Region Südbayerns. Dafür wird das gesamte Jahr über ein 24-Stunden-Rufdienst vorgehalten. Die Aufgabe der DSO in der Prozesskette der Transplantation ist die Koordination der Organspender:innen. Eurotransplantvermittelt die gemeldeten Spender:innen an mögliche Empfänger.
Je ähnlicher die Gewebemerkmale der spendenden und der empfangenden Person sind, desto schwächer wird voraussichtlich das Immunsystem des Organempfängers auf das fremde Organ reagieren. Allerdings: Eine gewisse Abweichung (Mismatch) muss praktisch immer in Kauf genommen werden. Umso wichtiger ist die zuverlässige Einnahme der Immunsuppression, die essentiell notwendig ist, um eine immunologische Abstoßungsreaktion zu vermeiden
Nach der Transplantation kann die HLA-Diagnostik ebenfalls wertvolle Hinweise zur Einschätzung des weiteren Verlaufs geben. Deshalb legen die südbayrischen Transplantationszentren gemeinsam mit dem LfIMD schon seit zehn Jahren großen Wert auf eine engmaschige immunologische Nachbehandlung der Patient:in.