Der neue Direktor und Ordinarius ist buchstäblich ein Kind der LMU. Holzapfel kam 1979 in der LMU-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der Maistraße zur Welt und studierte später an der LMU Medizin. Sein besonderes Interesse galt schon früh der Orthopädie. Nach dem Studium wechselte er ans Klinikum rechts der Isar der TU München, wo er sich bei Prof. Dr. Reiner Gradinger, und später an der Universitätsklinik Würzburg unter Prof. Dr. Maximilian Rudert auf die Wechsel-Endoprothetik und die Tumor-Orthopädie spezialisierte. „Allerdings wollte ich nicht nur in Bayern bleiben“, erzählt der Sohn eines Allgemeinmediziners. „Ich dachte, ein paar Jahre im Ausland wären eine gute Erfahrung.“ Mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgesellschaft ging er nach Australien - ans Institute of Health and Biomedical Innovation der Queensland University of Technology in Brisbane.
In Australien beschäftigte sich Holzapfel mit einem Thema, das ihn bis heute fasziniert: künstlicher Gelenkersatz und die Behandlung von Knochendefekten. „Prothesen aus Metall halten nicht ewig, außerdem müssen sie häufig aufgrund von Infektionen oder Verschleiß gewechselt werden“, so Prof. Holzapfel, der eine „Prothesen-Wechselwelle“ auf uns zukommen sieht. Spezialisiert hat er sich auf den Wechsel von Hüft- oder Kniegelenksprothesen. Knochendefekte (u.a. durch Tumore verursacht) sind schwierig zu therapieren, Holzapfel arbeitet an einem spannenden Projekt. „Wir nutzen resorbierbares Plastik, das ist gut für die Natur und gut für unseren Körper“, sagt er. Wie das funktioniert? „Wir verpflanzen in den Defekt ein Gerüst aus Plastik, das als Leitstruktur dient. Dorthin wandern Stammzellen und Wachstumsfaktoren, sodass der Körper selbst wieder Knochenstruktur aufbauen kann“.
Das Plastik-Gerüst, das vom Körper komplett resorbiert wird, kommt aus dem 3D-Drucker. Mit der neuen Methode sind auch größere Defekte heilbar. Bislang ist sie noch keine Standard-Therapie, sondern nur als „medizinischer Heilversuch“ an wenigen Patienten erprobt. „Bis jetzt gab es weder Zwischenfälle noch unerwünschte Nebenwirkungen“, so Prof. Holzapfel. Die Plastikgerüste könnten die Therapie von Knochendefekten revolutionieren und langfristig metallische Implantate für den Knochenersatz überflüssig machen.
Genauso revolutionär wie diese Therapie ist auch Holzapfels Plan für die Zusammenarbeit mit der Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am LMU Klinikum und ihrem Direktor Prof. Dr. Wolfgang Böcker. Eine gemeinsame Facharztausbildung zum Orthopäden und Unfallchirurgen gibt es schon seit 2005, dennoch sind die Kliniken in vielen Häusern immer noch getrennt. „Bisher ist es so, dass Unfallchirurgen sich um akute Verletzungen kümmern, und wir in der Orthopädie eher degenerative Probleme wie Arthrosen behandeln. Wir aber wollen idealerweise unsere Patienten interdisziplinär besprechen und auch therapieren“, erklärt Prof. Dr. Boris Holzapfel. „Schließlich benutzen wir schon jetzt dieselben Operationstechniken, Instrumente, Prothesen und Schrauben. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Orthopädie und Unfallchirurgie wird die medizinische Versorgungsqualität erheblich gesteigert. Auch die Ausbildung unseres Nachwuchses wird verbessert."
Diese Pläne unterstützt auch der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des LMU Klinikums, Prof. Dr. Markus M. Lerch: „Das Zusammenrücken und Zusammenwachsen von Orthopädie und Unfallchirurgie am LMU Klinikum hat großen Vorbildcharakter. Es eröffnet über die beiden Fächer hinaus starke Zukunftsperspektiven, nicht nur in der Krankenversorgung, sondern auch für die muskuloskelettale Forschung und Ausbildung. Der Vorstand unterstützt dieses zukunftsweisende Konzept ausdrücklich.“