Zwei Jahre Coronapandemie am LMU Klinikum
In den vergangenen 24 Monaten wurde die Patientenversorgung ständig den jeweiligen Pandemiebedingungen angepasst und weiterentwickelt: So eröffnete unter anderem im September 2021 die Post-COVID-Ambulanz, die sich auf die Behandlung der Langzeitfolgen bei Patienten mit einer überstandenen SARS-CoV-2 Infektion fokussiert. Eine Vielzahl von Forschungsprojekten – von der Palliativversorgung in Coronazeiten über die Aufdeckung spezifischer immunologischer Mechanismen thromboembolischer Komplikationen bis hin zum Abwassermonitoring als Frühwarnsystem – trägt zum Erkenntnisgewinn über das Pandemiegeschehen bei.
Lage auf den COVID-19-Intensivstationen
In den vergangenen zwei Jahren nahmen die Intensivstationen des LMU Klinikums 570 COVID-19-Patientinnen und Patienten auf. 70 Prozent von ihnen waren männlich, das mittlere Alter betrug 61,4 Jahre. Die mittlere Liegedauer der Patienten auf der Intensivstation war 16,7 Tage. Die längste Behandlung auf Intensivstation lag bei 160 Tage, der Patient ist mittlerweile nach Hause entlassen.
Als Maximalversorger ist das LMU Klinikum unter anderem auf die ECMO-Behandlung spezialisiert. 94 der Patienten wurden mithilfe dieser künstlichen Lunge behandelt, zwei werden aktuell damit therapiert. Sie ist meist die letzte Option für schwererkrankte Patienten, denn sie reichert das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff an und kann die Lunge so entlasten. Etwa 80 Prozent der ECMO-Patienten wurden von anderen Krankenhäusern ins LMU Klinikum übernommen. Häufig wurden sie mit sehr hohem Aufwand von einem Team der anästhesiologischen Intensivstation vor Ort an die ECMO angeschlossen und mit ihr transportiert. Von den insgesamt 92 abgeschlossenen ECMO-Behandlungen haben 38 Patienten überlebt.
„Das, was wir seither, in nur zwei Jahren, über COVID-19 und seinen Erreger (SARS-CoV-2) durch Anstrengungen von Ärztinnen und Ärzten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit gelernt und in Prophylaxe und (Intensiv-) Therapie erreicht haben, ist in der Medizingeschichte beispiellos und hat zahllosen Patienten das Leben gerettet. Aber: COVID-19 ist nach wie vor eine potentiell tödliche Erkrankung. Viele Patienten sind verstorben oder werden möglicherweise lebenslang an den Langzeitfolgen der Erkrankung leiden."
„Die letzten zwei Jahre waren geprägt von intensiver Teamarbeit. Das gesamte Klinikpersonal, von Reinigungskräften über Laborpersonal und Pflegekräften bis hin zu Chefärztinnen und Chefärzten, hat Hand in Hand und interdisziplinär zusammengearbeitet, um alle Patienten zu betreuen und dabei auch die Versorgung im non-COVID Bereich auf höchstem Niveau aufrecht zu halten. Ich bin allen Mitarbeitenden sehr dankbar für ihr Engagement.“
Situation auf den COVID-19-Normalstationen
Auch die Normalstationen sind mit SARS-CoV-2 positiven Patienten ausgelastet. Aktuell liegen 52 Patienten zur Behandlung auf Normalstation (Stand 24.01.2022). Höchststand der COVID-19-Patienten seit Beginn der Corona-Pandemie war am 4. Januar 2021 im Rahmen der vierten Welle: 64 Patientinnen und Patienten wurden damals auf COVID-Normalstationen behandelt, 37 auf COVID-Intensivstationen.
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COVID-19 Infektionen bei Kindern und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche infizierten sich zu Beginn der Pandemie nur selten. Die Delta-Variante veränderte das Infektionsgeschehen in der Kinderheilkunde. Im November 2021 mussten 14 Kinder und Jugendliche im Dr. von Haunerschen Kinderspital behandelt werden, ein Höchststand, denn in den vorhergehenden Monaten waren deutlich weniger junge Patienten infiziert.
Bisher wurden insgesamt 60 Kinder mit einer COVID-19-Infektion im Dr. von Haunerschen Kinderspital behandelt, 15 von ihnen auf der Intensivstation. Die meisten Kinder auf Intensivstation hatten schwere Vorerkrankungen, konnten aber wieder genesen nach Hause entlassen werden.
„Bisher war die Delta-Welle der Corona-Pandemie im Hauner gut zu bewältigen." Spezifische Erfahrungen hinsichtlich der Omikron-Variante bei Kindern und Jugendlichen gibt es bisher noch nicht: „Auch wenn bereits einige unserer Patienten mit Omikron infiziert waren, war der Verlauf nicht von dem der Delta-Variante zu unterscheiden."
Post-COVID Ambulanz am LMU Klinikum
Neben der Behandlung von akuten COVID-19-Infektionen gerät auch zunehmend das Post-COVID-Syndrom in den Fokus der Aufmerksamkeit: Manche Patienten, die an COVID-19 erkrankten, leiden auch noch Monate nach der Infektion an Geschmacksverlust, Erschöpfung oder Konzentrationsstörungen. Die neu gegründete Post-COVID-Ambulanz am LMU Klinikum München widmet sich seit September 2021 den Patienten, behandelt sie, untersucht die Langzeitfolgen und erforscht das neue Krankheitsbild. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege unterstützt den Aufbau der Spezialambulanz.
„Wegen der Vielzahl möglicher Symptome muss die Behandlung interdisziplinär erfolgen und es müssen verschiedene Fachdisziplinen einbezogen sein. Genau so haben wir unsere Post-COVID-Behandlungsstrategie für Patienten organisiert und auch unsere Forschungsaktivitäten zu Post-COVID ausgerichtet“, erklärt Professor Markus Lerch, Ärztlicher Direktor des LMU Klinikums München. Beteiligt sind bisher die Kardiologie, Pneumologie, Neurologie, Infektiologie, Rheumatologie, die Physikalische Medizin, die Kinderklinik sowie die Psychiatrie und die Schmerzambulanz.
Impfzentrum für Mitarbeitende
Als die ersten Impfstoffe verfügbar waren, wurde Ende Dezember 2020 in nur wenigen Tagen das eigene Impfzentrum des LMU Klinikums in Großhadern aufgebaut. Seitdem wurden über 29.000 Erst-, Zweit- und Auffrisch-Impfungen an die Mitarbeitenden des Klinikums verabreicht.
Im Hinblick auf die kommende Impfpflicht für das Gesundheitspersonal ab dem 15. März ist das Klinikum recht gut aufgestellt: Bisher sind mehr als 90 Prozent aller Mitarbeitenden vollständig geimpft. Mit mehrsprachigen Video-Botschaften und telefonischen Impfberatungen informiert das LMU Klinikum die verbleibenden Mitarbeitenden über die Notwendigkeiten und Möglichkeiten zur Impfung und bietet zudem nochmals gesonderte Impftage an.
Forschung: Abwasser-Monitoring als Frühwarnsystem
Das LMU Klinikum hat in den letzten zwei Jahren die Forschung zu COVID-19-Infektionen intensiviert, etwa im Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) sowie an den einzelnen Kliniken und Instituten. Unter anderem wurde am Tropeninstitut mit dem sogenannten Abwasser-Monitoring ein neues Frühwarnsystem entwickelt, das neue Wellen an Corona-Infizierungen frühzeitig vorhersagen soll. Seit April 2020 nimmt ein Forschungsteam unter der Leitung von Privatdozent Dr. med. Andreas Wieser vom Tropeninstitut am LMU Klinikum München Proben aus dem Münchner Abwasser. Das Team ermöglicht mit diesem Verfahren eine der ersten und längsten Untersuchungen zur Nachverfolgung von SARS-CoV-2 RNA Viruslast im Abwasser weltweit und insbesondere in Deutschland. Im Dezember 2021 konnten die Forschenden so bereits die Omikron-Ausbreitung in München zeigen.
Aktuelle Situation am LMU Klinikum
Die Omikron-Welle ist auch im LMU Klinikum angekommen. Über 90 Prozent der aktuell aufgenommenen COVID-19-Patienten sind an der neuen Variante erkrankt. Auch die Zahl der Mitarbeitenden, die mit SARS-CoV-2 infiziert oder in Quarantäne sind, nimmt zu; derzeit liegt sie bei rund 250 und hat sich in zwei Wochen verdreifacht. „Wir sind allerdings gut gewappnet und passen ständig unsere Konzepte an, um uns den neuen Herausforderungen zu stellen“, erklärt Professor Markus Lerch, Ärztlicher Direktor des LMU Klinikums. „Ohne das hohe, langfristige Engagement und die Flexibilität unser Mitarbeitenden wäre das nicht möglich.“ So wurde unter anderem aktuell auf Anregung aus dem Pflegebereich ein flexibles System entwickelt, mit dem auf einer Station sowohl COVID-Patienten als auch nicht Nicht-COVID-Patienten versorgt werden können. Die notwendige räumliche Trennung auf einer solchen Hybrid-Station erfolgt dabei durch eine flexibel einzusetzende Trennwand. Dadurch können auch die jeweiligen Pflege- und Ärzteteams getrennt arbeiten und Infektionen vermeiden. „Ein wichtiges Element, um auf die noch nicht absehbaren Hospitalisierungsraten schnell und bedarfsgerecht reagieren zu können und zugleich die Versorgung von Nicht-COVID-Patienten bestmöglich aufrechtzuerhalten“, erklärt Professor Lerch.
„Wir sind gut gewappnet für die Omikron-Welle und entwickeln ständig neue Konzepte, wie wir auf die neuen Herausforderungen eingehen können“, erklärt Professor Markus Lerch, Ärztlicher Direktor des LMU Klinikums. „Ohne das hohe, langfristige Engagement und die Flexibilität unserer Mitarbeitenden wäre das nicht möglich.“