Informationen zur perinealen Fusionsbiopsie der Prostata
Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, was in der Prostata produziert und in die Blutbahn abgegeben wird. Sowohl gutartige als auch bösartige Zellen der Prostata produzieren dieses Eiweiß, wobei die produzierte Menge einer bösartigen Zelle hoher als einer gutartigen Zelle ist. Daher gilt der PSA-Wert als sog. Tumormarker beim Vorliegen eines Prostatakarzinoms. Der PSA-Wert ist wenig sensitiv zur Erkennung eine Prostatakarzinoms (eine Erhöhung kann mannigfaltige Gründe haben, z.B. Entzündungen, gutartige Vergrößerung, chronische Reize, nach langen Fahrradtouren aber auch beim Vorliegen einer Krebserkrankung) aber dafür sehr spezifisch (ein niedriger Wert schließt mit hoher Sicherheit ein Krebsleiden aus). Sollte der PSA-Wert bei Ihnen nun erhöht sein, so sammelt der Urologe/die Urologin weitere Indizien auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms:
- Prostatakrebs in der Familie
- Positive Tastuntersuchung
- Großes Verhältnis zwischen Volumen der Prostata und PSA (sog. PSA-Dichte)
- Auffälliger Ultraschall
Im Rahmen der weiteren Abklärung wird Ihnen Ihr/e Urologe/-in, bei entsprechendem Risikoprofil, eine Kernspin-Untersuchung der Prostata (MRT) nahelegen.
Die MRT (Magnetresonanztomographie) der Prostata ist eine bildgebende Untersuchung, welche nach einem streng standardisierten Protokoll durchgeführt wird. Sie sollte nach aktuellem Wissenstand multiparametrisch, d.h. unter Kombination dreier verschiedener Aufnahmeverfahren, u.a. mit gut verträglichem Kontrastmittel, gewonnen werden. Sie erlaubt es eine genaue Darstellung des gesamten Organs und umliegenden Strukturen zu erlangen und zeigt Verdächtige Areale, welche auf das Vorliegen eines Prostatakrebses Hinweise geben.
Im Rahmen der Auswertung der angefertigten Bilder der MRT werden Sie auf den Begriff „PI-RADS“ stoßen. Er ist ein Akronym für Prostate Imaging Reporting and Data System und kann Werte zwischen 1 und 5 annehmen.
Die PI-RADS Klassifikation gibt für jedes auffällige Areal innerhalb der Prostata also eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Prostatakarzinoms an.
- PI-RADS 1: sehr unwahrscheinlich
- PI-RADS 2: unwahrscheinlich
- PI-RADS 3: fragwürdig, unklar, verdächtig
- PI-RADS 4: wahrscheinlich
- PI-RADS 5: sehr wahrscheinlich
Die aktuellen Leitlinien empfehlen eine weiterführende feingewebliche Untersuchung (Probenentnahme) bei allen Befunden PI-RADS ≥3 durchzuführen. Die angefertigten Bilder helfen uns Urologen und Urologinnen ungemein in der gezielten Biopsie (die „Fusionsbiopsie“) zur Gewinnung von Prostatagewebe.
Die Fusionsbiopsie bezeichnet das Fusionieren zweier bildgebender Verfahren (z.B. MRT und Ultraschall) und das gezielte Biopsieren (Gewebeprobenentnahme) der Prostata.
Nach der Anfertigung Ihres MRTs lesen wir die gewonnenen Bilder in eine spezielle Planungssoftware ein. Hierbei fokussieren wir uns auf die korrekte Kontur Ihrer Prostata, Ihrer Harnröhre und dem Areal, welches von Ihrem Radiologen als Auffällig beschrieben wurde. Diese angefertigte Kontur wird dann in das Ultraschallgerät vor Ihrer Biopsie übertragen. Mit Hilfe dieser Konturen sind wir in der Lage, auch kleinste auffällige Areale (wenige Millimeter) gezielt zu biopsieren und so die Chance auf das tatsachliche Treffen des Herdes zu erhöhen.
Unterschiedliche Sequenzen werden für die korrekte Planung des auffälligen Herdes (Magenta) genutzt. Die Prostata wird hierbei blau umrandet. Oben: T2-Sequenz; Mitte: ADC-Map; Unten: Diffusionsgewichtete Bilder
Über die letzte Jahrzehnte hat sich die sog. transrektale Biopsie der Prostata als Goldstandard etabliert. Urolog*innen in aller Welt nutzen hierbei die anatomische Nähe zu Prostata aus. Die Proben wurden nach einem Einlauf mit Desinfektionsmittel und unter einer antibiotischen Prophylaxe ultraschallgesteuert entnommen. Dir großen Nachteile hierbei waren, dass durch die wiederholten Stiche durch die Darmwand es sowohl zu Enddarmblutungen als auch zu einer Verschleppung von Keimen in die Prostata. In den letzten Jahren stiegen jedoch leider die Prävalenzen multiresistenter Erreger. Dies sogar in einem Ausmaß, dass die Rate an teils lebensbedrohlichen Blutvergiftungen nach der Biopsie zwischen 0,3 und 3,1% geschätzt wurde.
Eine elegante Alternative bietet die sog. perineale Biopsie der Prostata. „Perineum“ ist das lateinische Wort für „Damm“, der Bereich zwischen dem Hodensack und dem Darmausgang.Durch die sterile Desinfektion des Perineums und die sterile Entnahmetechnik kann die Verschleppung von Keimen auf ein absolutes Minimum reduziert werden.Einige Kliniken bieten bereits diese Technik an. Durch die etwas komplexere Technik entscheiden sich jedoch die meisten Urolog*innen dies in einer kurzen Vollnarkose durchzuführen, ein Aufwand, der sich für die kurze Untersuchungsdauer meist nicht lohnt. Wir sind in der Lage diese Untersuchung in örtlicher Betäubung anzubieten, was für Sie mit weniger Aufwand und mehr Flexibilität verbunden ist.
Entnommen werden mehrere Proben mit Hilfe eines Stanzgerätes. Hierbeit handelt es sich um ein Gerät, welches nach der Auslösung einen ca. 1mm dicken und 20-25mm langen Gewebespahn entnimmt.
Mikroskopisches Bild eines gefärbten Gewebespahnes, welches von Patholog*innen feingeweblich untersucht wird. Zu sehen ist hier ein normaler, nicht krankhafter Bereich der äußeren Prostata. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Stephan Ledderose – Pathologisches Institut der LMU Klinik
Mikroskopisches Bild eines gefärbten Gewebespahnes, welches von Patholog*innen feingeweblich untersucht wird. Zu sehen sind hier Anteile eines aggressiven Prostatakarzinoms (dunkle Zellverbände) der äußeren Prostata. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Stephan Ledderose – Pathologisches Institut der LMU Klinik
Im Rahmen der Biopsie stoßen Sie auf zwei wichtige Begriffe:
- Die „Target-Biopsie“
- Die „systematische Biopsie“
Die Target-Biopsie beschreibt die Probenentnahme des auffälligen Areals, welches zuvor in der MRT beschrieben wurde. Wir entnehmen jeweils mind. 3 Proben des Targets, um ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen und den Patholog*innen möglichst viel Gewebe für eine genaue Analyse bereitzustellen.
Die systematische Biopsie beschreibt das systematische Biopsieren der Prostata, um eine Musterung möglichst aller anatomischen Bereiche zu erzielen. Hierbei berufen wir uns auf ein standardisierte Verfahren, welches vor allem die Bereiche erfasst, welche statistisch gesehen am häufigsten von Krebs befallen sind. Unser Vorgehen sieht es vor 14 systematische Proben zu entnehmen.
Insgesamt kommt man also in der Regel auf 14 systematische- + 3 Target-Biopsien, was insgesamt 17 Proben ergibt.
Vorbereitung:
Wir laden Sie vorweg zu einem 4-Augengespräch ein. Hier untersuchen wir Ihren Urin und besprechen mit Ihnen die Vorbefunde, welche zu der Biopsie führen. Im Rahmen dieses Gespräches besprechen wir mit Ihnen die Vor- und Nachteile, sowie mögliche Nebenwirkungen der Biopsie.
Spezifische Vorbereitungen zuhause brauchen Sie nicht. Sie sollen nicht nüchtern kommen.
Ich spezifischen Fällen ist eine Gabe von Antibiotika vor dem Eingriff sinnvoll:
- Wiederkehrende Blasen-/Prostataentzündungen
- Immunsuppression durch eine Transplantation o.Ä.
- Schwerer Diabetes Mellitus
- Mehrere Biopsien in der Vergangenheit
Andernfalls verzichten wir auf eine Antibiotikagabe.
Tag der Biopsie:
Nachdem Sie am Tag der Untersuchung aufgerufen wurden, bitten wir Sie sich unten herum komplett freizumachen und auf unserer Liege Platz zu nehmen. Wir Lagern Ihre Beine steil nach oben, sodass wir eine freie Sicht auf Ihren Dammbereich haben. Ihr Hodensack wird im Rahmen der Untersuchung von uns nach oben geklebt, sodass die Verletzungsgefahr sinkt. Es erfolgt hiernach eine Tastuntersuchung der Prostata und das sterile Desinfizieren des Dammbereiches.
Wir beginnen hiernach mit der lokalen Betäubung der Haut, führen danach die Ultraschallsonde in Ihren After und betäuben die tiefen Strukturen bis zu Ihrer Prostata. Ihr Arzt/Ihre Ärztin wird Sie im Rahmen dessen allzeit vorweg informieren, sodass Sie nicht von den Stichen überrascht werden.
Wir beginnen stets mit der Entnahme der Fusionsbiopsien. Dabei werden 3-5 Proben des einen Bereiches entnommen, was im MRT auffällig war. Danach erfolgt in der Regel die Entnahme der restlichen Biopsien (sog. systematische Biopsie). In der Regel werden hier 14 Biopsien entnommen. Circa 10% der Patienten profitieren von der systematischen Biopsie, da ein Prostatakarzinom nicht immer im MRT sichtbar ist und die alleinige Probenentnahme des Herdes nicht ausreichen würde.
Nach dem Herausnehmen der Ultraschallsonde drücken wir 1 Minute auf Ihren Damm, um kleinste verletzte Gefäße zu verschließen und so das Risiko einer Nachblutung zu minimieren.
Wir kleben ein kleines Pflaster auf die 2 Einstichstellen, welches Sie bereits am Abend nach der Biopsie entfernen können.
Nach einem Entlassgespräch bitten wir sie uns nach den ersten Wasserlassen den Urin zu zeigen. Hierfür bekommen sie von uns nach der Untersuchung ein Gefäß.
Wir wollen mit dieser Untersuchung zweierlei Kontrollieren:
- Das Wasserlassen funktioniert (in seltenen Fällen kann es zu einer Verhaltung kommen)
- Der Urin ist nicht zu blutig.
Erst nach dieser Urinprobe können wir Sie guten Gewissens entlassen. Eine antibiotische Therapie ist hiernach in der Regel nicht notwendig.
Wir melden uns bei Ihnen telefonisch eine Woche nach der Biopsie. Im Rahmen dieses Gespräches findet eine kurze Erörterung des weiteren Vorgehens statt. Federführend soll weiterhin Ihr Urologe / Ihre Urologin sein. Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei spezifischen Fragestellungen und bei einem Operationswunsch zur Verfügung und zur Seite.