Harnröhrenstriktur
Auf diesem Abschnitt unserer Informationsseiten wollen wir Ihnen einen Überblick über die Erkrankung der Harnröhrenstriktur verschaffen, die häufig eine (unnötig) lange Leidensgeschichte für die Betroffenen verursacht. Wir wollen hier erläutern, wie diese Erkrankung diagnostiziert und behandelt werden kann und wir wollen verwandte Erkrankungen der Harnröhre darstellen.
Die Informationen auf dieser Seite können nur einen ersten Überblick über dieses Thema geben, aber wir beraten Sie gerne ausführlich im Rahmen unsererer Spezialsprechstunde zur Harnröhrenstriktur, die jeden Mittwoch von 08:00 bis 14:00 Uhr in unserer Urologischen Poliklink stattfindet.
Als Strikturen werden narbige Engen der Harnröhre bezeichnet, die die Blasenentleerung behindern und – wenn sie nicht adäquat behandelt werden – langfristig nicht nur Schäden an der Harnblase, sondern auch an den Nieren hervorrufen können. Diese Narben betreffen in unterschiedlichem Ausmaß auch das umgebende Gewebe des Harnröhrenschwellkörpers.
In den Industrieländern sind die häufigsten Ursachen für derartige Engen Verletzungen der Harnröhre entweder im Rahmen von Unfällen oder nach Manipulationen an der Harnröhre (z. B. zwischenzeitliche Blasenkatheteranlagen oder Operationen durch die Harnröhre). Weitere Ursachen sind bakterielle Entzündungen der Harnröhre oder Veränderungen des Bindegewebes mit folgender Gewebsschrumpfung („Lichen sclerosus“). Bei einer großen Anzahl betroffener Patienten kann keine eindeutige Ursache der Erkrankung ausgemacht werden.
Häufig machen Strikturen lange Zeit keine Beschwerden, da es sich dabei um chronische, langsam fortschreitende Veränderungen handelt. Letztlich fallen jedoch ein schwacher Harnstrahl und eine verlängerte Zeit bis zur Blasenentleerung auf. Auch wiederkehrende Harnwegsinfektionen oder ein Harnverhalt können erste Symptom sein, weiterhin können ein gehäufter Harndrang oder ein permanentes Harnträufeln auf eine Harnröhrenstriktur hinweisen.
Die beste Methode eine Harnröhrenstriktur zu diagnostizieren ist die Röntgendarstellung, bei der die Harnröhre mit Kontrastmittel gefüllt wird (Cysturethrogramm, CUG) in Kombination mit einer Miktionsaufnahme (Miktionscysturethrogramm, MCU). Dabei kann genau die Länge, die Lage und die Ausprägung der Enge dargestellt werden. Auch mögliche Folgeveränderungen im Bereich der Harnblase können so entdeckt werden. Dies sind Informationen, die für die richtigen Therapieentscheidungen von großer Bedeutung sind. Ergänzend können in manchen Fällen eine Harnröhrenspiegelung und eine Harnröhrensonographie sinnvoll sein.
Das grundsätzliche Problem bei der Behandlung von Harnröhrenstrikturen ist, dass diese Erkrankung eine hohe Neigung hat, nach einer Therapie wieder aufzutreten, da die Behandlung dieser Narben wieder durch Narben ausheilen können. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Rezidivs abhängig von dem gewählten Therapieverfahren.
An unserer Klinik werden sämtliche heute etablierten Operationsverfahren angeboten, auf diese Weise kann bei jedem Patienten die individuelle Therapie – in Abhängigkeit von der Vorgeschichte und Begleiterkrankungen – optimal angepasst werden.
Prinzipiell stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:
„Minimal-invasiv“:
- Bougierung / Dilatation
- Optilume® (Ballondillatation mit Paclitaxel-beschichtetem Katheter)
- Endoskopische Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie nach Sache oder Otis)
Offen-chirurgisch:
- Meatusplastik
- Strikturresektion mit End-zu-End-Anastomose
- Harnröhrenerweiterung mit freiem Transplantat (Mundschleimhaut, Vorhaut)
- Harnröhrenerweiterung mit gestielten Hautlappen
- Zweizeitige Verfahren
- Bulboprostatische Anastomose
- Perineale Urethrostomie
Der Vorteil der Bougierung und Harnröhrenschlitzung ist, dass sie ohne Hautschnitt durchgeführt werden können und nur mit einem kurzen Klinikaufenthalt verbunden sind. Jedoch wird das durch die geringen langfristigen Erfolgsquoten aufgewogen, da durch diese Behndlungsmethoden nie das Grundproblem der Narbenbildung behoben wird. In über der Hälfte der so behandelten Fälle kommt es zu einer erneuten Enge. Die daraus folgende neue Striktur ist immer länger und schwieriger zu behandeln als die vorangegangene, weshalb diese Verfahren nie häufiger als einmal angewendet werden sollten.
Die größten Erfolgsaussichten für einen langfristigen Erhalt einer gesunden Harnröhre bieten die offen-chirurgischen Operationsverfahren. Je nach Lage und Länge der Engstelle wird die Enge dabei komplett entfernt („Strikturresektion mit End-zu-End-Anastomose“) oder mit Gewebe erweitert („Graft-Urethroplastik“ oder „Flap-Urethroplastik“). Das am häufigsten angewendete Verfahren ist hierbei die Erweiterung der Harnröhre mit einem freien Gewebetransplantat, damit können langfristige Erfolgsraten in mehr als 90 Prozent erzielt werden.
Bei diesem Verfahren wird die Harnröhre über die gesamte Engstelle hinweg längs eröffnet und mit einem andernorts entnommenen Stück Gewebe erweitert - meistens mit einem Stück Mundschleimhaut oder Vorhaut.
Mit diesem Verfahren ist es möglich, auch langstreckige Engstellen der Harnröhre zu rekonstruieren und langfristig ein gutes Ergebnis zu erhalten. Auch Engstellen in unmittelbarer Nähe des Harnröhrenschliessmuskels können auf diese Weise unter Erhalt der Kontinenz behoben werden.
Wie die verschiedenen Verfahren bei den unterschiedlichen Formen der Harnröhrenstriktur angewendet werden, können Sie im folgenden Abschnitt zu den einzelnen Krankheitsbildern lesen.
Strikturen im dem Bereich der Harnröhre, der unterhalb des Schliessmuskels liegt und am Beckenboden fixiert ist sind die häufigsten Strikturen überhaupt, da hier die Harnröhre physiologischerweise „um die Ecke biegt“ und daher besonders leicht durch Eingriffe wie Katheteranlagen verletzt werden kann.
Bei kurzstreckigen Engen (<1,5 cm) kann in diesem Bereich eine einmalige endoskopische Harnröhrenschlitzung sinnvoll sein. Im Falle eines Rezidivs kommt bei kurzstreckigen Befunden entweder eine End-zu-End-Anastomose als Lösung in Betracht oder bei längeren Strecken eine Erweiterung mit einem freien Transplantat (Graft-Urethroplastik).
Strikturen in dem Teil der Harnröhre, der durch den freien Teil des Penis führt sind insgesamt seltener als bulbäre Strikturen. Die Therapiemöglichkeiten sind hier nicht so vielfältig, da eine endoskopische Schlitzung in der Regel nicht zum erwünschten Erfolg führt und eine End-zu-End-Anastomose aus anatomischen Gründen selten möglich ist. In der Regel kommt hier die plastische Erweiterung mit einem freien Transplantate (Grafts) zum Einsatz oder selten die Erweiterung mit einem gestielte Hautlappen (Flaps).
Die glanduläre Harnröhre umfasst den in der Eichel verlaufenden Teil der Harnröhre. Engen in diesem Bereich haben ein besonders hohes Rezidivrisiko und es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Engen operativ zu beseitigen. Bei der Meautusplastik wird die Harnröhre über die Länge der Engstelle längs eröffnet und offen belassen, es wird also eine anatomische Situation wie bei der Hypospadie geschaffen. Damit ist die Enge nicht mehr relevant. Kosmetisch günstiger ist eine Rekonstruktion im Sinne einer Glans-Inlay-Plastik, bei der eine Erweiterung der Harnröhre mit Hilfe von Mundschleimhaut oder Vorhaut erreicht wird.
Ein Harnröhrenabriss ist die Folge eines schweren Unfalles und ist fast immer mit einem Beckenbruch vergesellschaftet. Der Abriss ereignet sich immer in unmittelbarer Nähe des Harnröhrenschließmuskels. Im Rahmen der Erstversorgung wird entweder ein Harnröhrenkatheter oder ein Bauchdeckenkatheter eingelegt, allerdings entwickelt sich häufig im weiteren Verlauf im Bereich des Abrisses eine kräftige Narbe mit der Folge einer Engstelle der Harnröhre. In einigen Fällen kommt es dabei auch zu einem kompletten Verschluss der Harnröhre, so dass der Urin nur über den Bauchdeckenkatheter abgeleitet werden kann.
Die Rekonstruktion einer auf diese Weise verengten Harnröhre ist sehr anspruchsvoll und sollte nur an ausgewiesenen Zentren durchgeführt werden. Bei diesen Operationen („bulboprostatische Anastomose“) wird die gesamte Narbe, die sich an der Harnröhre gebildet hat, entfernt, und die gesunden Enden der Harnröhre werden wieder aneinandergenäht. Oftmals kommt die Naht dabei direkt in den Bereich der Prostata. Da die ausgeprägte Narbe sich immer in unmittelbarer Nähe des Schließmuskels befindet, kann bei solchen Operationen eine Harninkontinenz die Folge sein, die zusätzliche operative Eingriffe wegen dieses Problems notwendig machen kann.
Die Hypospadie ist eine angeborene Fehlbildung, bei der die Harnröhre gespalten ist und daher die Harnröhrenmündung nicht an der Spitze der Eichel liegt, sondern im Bereich des Penisschaftes. Diese Fehlbildung wird in der Regel bereits im Kleinkindesalter operativ behoben. Diese Operation ist anspruchsvoll und zieht in einigen Fällen weitere Folgeeingriffe nach sich.
Im Erwachsenenalter können Folgeprobleme dieser Behandlung in der Kindheit auftreten, dazu gehören Harnröhrenengen, Fisteln, Penisverkrümmungen, erneute Fehllage der Harnröhrenmündung, Wachstum von Haaren in der Harnröhre und immer wiederkehrende Harnwegsinfektionen.
Die Korrektur solcher Probleme stellt hohe Ansprüche an den Operateur und erfordert ein hohes Mass an operativer Erfahrung, da viele verschiedenen Operationsmethoden mit Verpflanzung von Gewebe (Penishaut, Mundschleimhaut, Unterhaut aus dem Hodensack) zum Einsatz kommen müssen. Denn nach den vorangegangenen Behandlungen ist häufig die Durchblutung des Gewebes eingeschränkt ist.
Mit diesen Methoden gelingt es aber, funktionell und kosmetisch hervorragenede Ergebnisse zu erreichen.
Ein ebenso seltenes wie belastendes Problem ist eine Verengung der Verbindung zwischen Harnblase und Harnröhre nach der Komplettentfernung der Prostata beim Prostatakarzinom. Diese narbige Enge kann sich insbesondere nach einer zusätzlichen Strahlentherapie des Prostatakarzinoms ausbilden und befindet sich unmittelbar über dem Harnröhrenschließmuskel. Sie kann durch eine endoskopische Schlitzung oder eine endoskopische Abtragung von Narbengewebe behandelt werden. Im Falle von immer wiederkehrenden Narben kann auch die offen operative Entfernung des Narbengewebes mit einer Neuanlage der Naht zwischen Harnblase und Harnröhre notwendig werden.
Diese Entzündliche Erkrankung der genitalen Haut verursacht eine Verdickung und Vernarbung von Gewebe vor allem im Bereich der Vorhaut und der Eichel und betrifft daher auch häufig die Mündung der Harnröhre. Die Folge ist eine Verengung der Harnröhre mit der Ausprägung einer glandulären Harnröhrenstriktur allen Folgeproblemen. Die Ursache dieser Erkrankung ist nicht klar, und häufig bleibt nur die Möglichkeit einer Vorhautbeschneidung und der operativen Erweiterung der Harnröhrenmündung. Dabei kann eine Meatusplastik zum Erfolg führen, häufig ist aber die Verwendung von Mundschleimhaut, da diese Schleimhaut von der Erkrankung des Lichen sclerosus nicht befallen werden kann.