Verhaltensregeln nach einer Dünndarmtransplantation
Viele Patienten sind bereits vor Transplantation aufgrund der langandauernden schweren Darmerkrankung berentet. Dies kann durchaus ein Problem darstellen, da sich diese Patienten in der Regel nach Transplantation wieder besser einsatzfähig fühlen. Grundsätzlich ist es sehr zu befürworten, wenn Dünndarmtransplantierte nach einem gewissen Intervall nach Transplantation wieder einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen. Aufgrund der ständigen Immunsuppression sind allerdings bestimmte Anforderungen an den Arbeitsplatz zu stellen:
- Normaler Tag-Nacht-Rhythmus, um regelmäßigen Schlaf, Medikamenteneinnahem und Urinausscheidung zu gewährleisten
- Gleichbleibend temperierte Arbeitsräume ohne erhöhte Luftfeuchtigkeit
- Tätigkeit in sauberer Umgebung
- Vermeidung des Kontakts mit einer größeren Anzahl von Mitmenschen wegen der Infektionsgefahr
- Kein Umgang mit Lösungsmitteln (Farben, Lacken), da sie über die Haut aufgenommen werden und zu Leberschädigungen führen können
- Keine schwere körperliche Arbeit
Regelmäßige Arbeit lenkt von dauernder Selbstbeobachtung ab, führt wieder zur Teilnahme am Leben anderer Menschen und lässt die Sorgen leichter ertragen. Das Selbstbewusstsein wird durch die eigene berufliche Tätigkeit gestärkt.
Für Patienten mit Bürotätigkeit ist der berufliche Wiedereinstieg deutlich leichter als für Patienten mit einer hauptsächlich körperlichen Tätigkeit. Aber durch schrittweise Arbeitsversuche, Umsetzung oder Umschulung in der Firma oder durch das Arbeitsamt wird ein Wiedereinstieg ermöglicht.
Falls keine reaktionseinschränkenden Medikamente eingenommen werden, gibt es keine Bedenken gegen das Autofahren. Ruhepausen und regelmäßige Flüssigkeitszufuhr sollten allerdings gewährleistet sein.
Körperhygiene
Eine gute, penible Körperhygiene verringert nicht nur bei immunsupprimierten Patienten das Risiko einer Infektion. Die Körperpflege sollte regelmäßig mindestens einmal täglich durchgeführt werden. Dabei birgt eine Dusche eine geringere Infektionsgefahr als ein Vollbad. Der häufige Wechsel der Handtücher ist ebenso erforderlich wie das gründliche Waschen der Hände vor dem Essen und nach der Toilettenbenutzung. Als Waschlotionen sollten rückfettende Lösungen mit einem neutralen pH-Wert verwendet werden.
Insbesondere cortisonhaltige Medikamente, wichtige Bestandteile der Immunsuppression nach der Transplantation, verursachen Hautveränderungen wie Akne im Gesicht, an Brustkorb und Rücken. Make-up, Abdeckstifte oder Puder sollten jedoch vermieden werden. Die betroffenen Hautareale sollten mit antibakterieller Seife gewaschen und mit einem sauberen Handtuch abgetrocknet werden. Bei trockener Haut sollten bevorzugt Körperlotionen zum Rückfetten verwendet werden.
Auch die Beschaffenheit der Haare verändert sich unter der Cortisonmedikation. Haarsprays und andere Kosmetika können diese Effekte verstärken. Cyclosporin führt nicht selten zu überschießendem Körperhaarwachstum, was von Frauen häufig als störend empfunden wird. Hilfe bringen hier Haarentfernungscremes.
Die Zähne sollten mindestens zweimal täglich, Zahnprothese einmal täglich gereinigt werden. Beim Bürsten der Zähne gelangen Bakterien über kleine Risse im Zahnfleisch in die Blutbahn. Da das Abwehrsystem durch die Immunsuppressiva unterdrückt ist, sollten Zähne und Zahnfleisch vorsichtig geputzt werden, so dass nach Möglichkeit Zahnfleisch und Gaumen nicht verletzt werden. Man sollte eine weiche Zahnbürste nehmen, diese häufig auswechseln und nach dem Essen und Zähneputzen den Mund mit einem handelsüblichen antiseptischen Mundwasser spülen.
Bei Eingriffen beim Zahnarzt wie Zahnentfernung, Wurzelbehandlung oder auch Zahnsteinentfernung können Bakterien von der Mundhöhle in die Blutbahn eindringen und sich bei immunsupprimierten Menschen leichter vermehren als bei „Normalpersonen“. Daher ist vor und nach derartigen Maßnahmen die Gabe eines Breitspektrum-Antibiotikums unerlässlich. Durch die Immunsuppressiva kann zusätzlich auch die Blutungszeit verlängert sein.
Sauberkeit in der privaten Umgebung
Küche, Badezimmer und Toilette sollten immer besonders sauber gehalten werden. Spezielle Reinigungsmittel sind nicht erforderlich. Bei großer Staubentwicklung sollte unbedingt ein Mundschutz getragen werden. Wird bei Modernisierungsarbeiten der Putz aufgeklopft, sollte die Wohnung gemieden werden, da eine deutlich erhöhte Infektionsgefahr durch Pilze besteht (Aspergillen).
Küchenhygiene
Die Hygiene in der Küche ist nach der Transplantation von großer Bedeutung. Mikroorganismen können sich schnell in Lebensmittelresten vermehren und für immunsupprimierte Patienten zur Gefahr werden. Grundsätzlich sollten alle Lebensmittel kühl und dunkel gelagert werden. Wurst und Käse werden am besten gekühlt in geschlossenen Plastikbehältern aufbewahrt. Esswaren, die Pilzspuren aufweisen, sind zu vernichten und Orte und Behältnisse, die damit in Kontakt kamen, sollten heiß abgewaschen werden.
Fleisch und Fisch sollten immer gut abgespült und durchgebraten werden. Um Salmonellenvergiftungen zu vermeiden, sollte Geflügel am eigenen Herd gebraten und Eier nur hartgekocht gegessen werden. Diese Vorsicht gilt auch für alle Produkte, die mit rohen Eiern zubereitet werden, wie Mayonnaise oder Tiramisu.
Gemüse sollte in der Pfanne nur kurz zu gedünstet und im geschlossenen Topf gegart werden. Tiefgefrorenes Gemüse sollte sofort nach der Entnahme aus dem Tiefkühlfach gegart werden. Obst und Gemüse sollten nicht unnötig lange gewässert werden. Nüsse und Mandeln bergen die Gefahr der Übertragung von Schimmel und sollten deshalb eher gemieden werden.
Pflanzen und Blumen
In Blumenvasen und -erde befinden sich Mikroorganismen, die unter Umständen zu schweren Infektionskrankheiten führen können. Daher sind Topfpflanzen oder Blumen im Haushalt insgesamt, vor allem aber im Schlafzimmer von immunsupprimierten Patienten zu meiden.
Haustiere
Das Zusammenleben von Haustieren mit immunsupprimierten Patienten ist aufgrund der erhöhten Infektionsgefahr kritisch zu hinterfragen. Durch die Tiere können Erreger (zum Beispiel Toxoplamsose-Erreger bei Katzen) übertragen werden, die unter Umständen zu schweren Infektionen führen können. Wenn die Tiere allerdings im Freien (z. B. Garten) gehalten werden beziehungsweise allzu enger Kontakt vermieden wird, ist die Gefahr einer Krankheitsübertragung gering, die Fortführung der Tierhaltung kann akzeptiert werden.
Unsere gesamte Umwelt ist voll mit potentiellen Krankheitserregern. Während man als Transplantierter kein unnötiges Risiko eingehen sollte, ist es allerdings nicht notwendig, sich vollständig von seinen Mitmenschen zu isolieren. Im Gegenteil, man sollte ein aktives Leben führen. Es gibt einige relativ simple Maßnahmen, mit denen man das Risiko einer Infektion reduzieren kann, ohne die Lebensqualität wesentlich einzuschränken:
- Immer genügend Schlaf- und Erholungszeiten, um dem Körper Gelegenheit zu geben, sich zu regenerieren
- Eine gesunde und ausgewogene Diät
- Regelmäßiges Training
- Verhinderung von Gewichtszunahme
- Bei erhöhter Ansteckungsgefahr (z.B. bekannter Grippewelle) Vermeidung von größeren Menschenansammlungen (z.B. in Einkaufszentren, Theatern, Kinos)
- Vermeidung von Kontakt mit Personen, die unter einem Schnupfen, einer Erkältung oder einer Grippe leiden
- Regelmäßige Körperhygiene
- Häufiges Händewaschen
- Bei Gartentätigkeiten oder anderen Arbeiten mit verschmutzten Gegenständen sollten Handschuhe getragen werden.
Einnahme zusätzlicher Medikamente
Die Wechselwirkungen der Immunsuppressiva mit anderen Medikamenten sind vielfältig. Daher sollten transplantierte Patienten auf gar keinen Fall Medikamente (einschließlich pflanzlicher Präparate und homöopathischer Medikamente) selbständig einnehmen. Der Serumspiegel der Immunsuppressiva kann sich deutlich erhöhen oder verringern. Beides stellt eine Gefährdung des Transplantates dar.
Rauchverbot
Schon während der Wartezeit auf ein Organ sollte der Nikotingenuss eingestellt werden. Rauchen schadet der Lunge und den Gefäßen. Auch durch Passivrauchen kann der Körper geschädigt werden. Durch das gesundheitsschädliche Rauchen/Passivrauchen wird das Ergebnis der Transplantation erheblich gefährdet.
Ein geregelter Tagesablauf ist eine Grundvoraussetzung für ausreichenden Schlaf. In den ersten Monaten nach Transplantation kann ein Nachmittagsschlaf zur Erholung beitragen. Außerdem scheiden viele Patienten fast zwei Drittel des Urins während der Ruhephasen aus. Auf die Einnahme von Schlaftabletten sollte verzichtet werden. Bei Schlafstörungen empfiehlt es sich, gezielte körperliche Aktivitäten tagsüber einzuplanen, um die notwendige Müdigkeit abends zu erlangen. Bei weiter bestehenden Schlafstörungen sollte der Arzt konsultiert werden, gegebenenfalls kann eine Medikamentenumstellung Abhilfe schaffen.
Sport und Bewegung
Bereits direkt nach der Transplantation sind regelmäßige Atemübungen und Muskeltraining sinnvoll und erforderlich, um Infektionen der Atemwege vorzubeugen. Aufgrund der verlängerten Wundheilung sollten allerdings mindestens drei Monate vergehen, bevor schrittweise mit sportlicher Betätigung begonnen wird. Der Blutdruck sollte gut eingestellt sein. Spaziergänge und Wanderungen können nach Leistungsfähigkeit dosiert und langsam gesteigert werden. Auch eine Entspannungstechnik kann sehr gut tun.
Beim Schwimmen wird das Gewicht des Körpers vom Wasser getragen und Gelenke und Knochen werden nicht überbelastet. Vorzuziehen sind nach dem ersten Jahr nach Transplantation Hallenbäder oder mikrobiologisch überwachte warme Seen. Allerdings sollte man sich unbedingt vor Unterkühlung schützen und nasse Badebekleidung sofort wechseln.
Geeignete Sportarten für Dünndarm- und Multiviszeraltransplantierte
Vor Beginn eines intensiveren Trainings sollte mit dem behandelnden Arzt die individuelle Sportart abgesprochen werden. Grundsätzlich zu empfehlen sind Ausdauersportarten:
- Laufen, Joggen, Walking
- Radfahren
- Schwimmen und Wassergymnastik
- Wandern
- Skilanglauf
- Gymnastik
- Entspannungstraining (zum Beispiel Yoga, autogenes Training)
Vermeidung von Sonneneinstrahlung
Starke Sonneneinstrahlung verursacht auch bei gesunden Personen vermehrt Hauttumoren; immunsupprimierte Patienten sind noch stärker gefährdet. Sonnenbäder sollten Sie daher vermeiden. Bei Reisen in den Süden müssen unbedingt hochwirksame Sonnenschutzcremes mit einem Schutzfaktor von 15 bis 25 verwendet werden, da auch bei völlig bedecktem Himmel eine hohe UV-Strahlung auftreten kann. Kopfbedeckung und lange Ärmel schützen zusätzlich vor Sonneneinstrahlung. Falls Muttermale sich in Farbe oder Konsistenz verändern, nässen oder jucken, muss sofort der behandelnde Arzt informiert werden. Auch bei allen anderen Hautveränderungen empfiehlt sich der Besuch beim Hautarzt. Prinzipiell sollten transplantierte Patienten, aufgrund der erhöhten Rate an Hauttumoren, sich einmal jährlich bei einem Hautarzt vorstellen.