CAR T-Zellen und BiTEs
CAR T -Chimeric Antigen Receptor T cells
CAR T-Zellen sind Immunzellen, die im Labor gentechnisch mit einem Rezeptor ausgestattet (Chimärer Antigenrezeptor, CAR) werden, sodass diese Zellen eigene Krebszellen erkennen und abtöten können.
Dazu werden mittels Leukapherese (eine Art Blutwäsche) die eigenen T-Zellen entnommen und über 2 -4 Wochen im Labor verändert, aktiviert und vermehrt.
Das fertige Produkt wird eingefroren an unser Zentrum geliefert und dem Patienten einmalig als Kurzinfusion verabreicht.
Für welche Erkrankungen eignet sich eine CAR T-Zelltherapie?
Zulassung
Seit Januar 2019 ist die Medizinische Klinik III der LMU zertifiziertes Zentrum für die CAR T-Zellpräparate Tisagenlecleucel und Axicabtagene Ciloleucel, die zur Behandlung der folgenden Erkrankungen zugelassen sind:
- rezidiviertes/refraktäres diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL) nach Versagen von mindestens zwei vorherigen Therapien (Tisagenlecleucel / Kymriah® und Axicabtagene Ciloleucel / Yescarta®)
- rezidivierte/refraktäre B-Vorläufer-ALL nach Versagen von mindestens zwei vorherigen Therapien bis zu einem Alter von 25 Jahren (Tisagenlecleucel / Kymriah®)
- rezidiviertes/refraktäres primär mediastinales B-Zelllymphom (PMBCL) nach Versagen von mindestens zwei vorherigen Therapien (Axicabtagene Ciloleucel / Yescarta®)
BiTEs – Therapie mit bispezifischen T-Zell-Engagern
Als BiTE (bispezifische T-Zell-Engager) werden bestimmte Antikörperkonstrukte bezeichnet, die die T-Zellen des Patienten in Kontakt mit Krebszellen bringen können. Da es sich um sehr kleine Moleküle handelt, wird die T-Zelle durch die direkte Interaktion mit der Krebszelle aktiviert und zerstört die bösartige Zelle. Da BiTEs häufig nur sehr kurz im Körper verbleiben und in der Regel sehr schnell nach Gabe über den Urin wieder ausgeschieden werden, müssen sie teilweise als Dauerinfusion über einen Zeitraum von bis zu vier Wochen verabreicht werden. Die Verträglichkeit der Therapie ist aber häufig so gut, dass diese Therapie auch ambulant durchgeführt werden kann – die Patienten erhalten dann eine Infusionspumpe in einer kleinen Tasche, die der Patient den ganzen Tag mit sich führt.
Für welche Erkrankungen eignet sich eine BiTE-Therapie?
Zulassung
Seit einigen Jahren ist in Europa der BiTE Blinatumomab für die Therapie der (Philadelphia-Chromosom negativen) B-Vorläufer-ALL nach Versagen der Erstlinientherapie zugelassen.
Diese Zulassung gilt für:
- Patienten mit sog. minimaler Resterkrankung („MRD“), bei denen die ALL nicht mehr unter dem Mikroskop, sondern nur mit empfindlicheren molekulargenetischen und/oder durchflusszytometrischen Methoden nach Therapie noch oder wieder nachweisbar ist
- Patienten mit mikroskopisch nachweisbarem Wiederauftreten (Rezidiv) der B-Vorläufer-ALL nach Therapie, oder refraktärem Verlauf (ohne gutes Ansprechen auf die ersten Therapiezyklen)
Studien
Darüber hinaus besteht bei uns die Möglichkeit einer CAR T-Zell- oder BiTE-Therapie bei Patienten mit anderen hämatologischen Erkrankungen im Rahmen von zahlreichen klinischen Studien. Aktuell schließen wir Patienten mit unterschiedlichen B-Zell-Lymphom-Subtypen (z.B. Mantelzelllymphome, DLBCL und follikuläre Lymphome) und Patienten mit Akuter Myeloischer Leukämie (AML) und Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) in Studien ein. Die Therapien werden dabei zum Teil auch zu einem früheren Zeitpunkt der Erkrankung eingesetzt, als das im Rahmen der Zulassung derzeit möglich ist. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf, damit wir prüfen können, ob ein Studieneinschluss möglich ist.
Wir passen auf Sie auf! – Die ImmunoTaskForce
CAR T-Zellen und Therapien mit BiTEs können mit schweren, in der Regel vorübergehenden Nebenwirkungen verbunden sein. An der Medizinischen Klinik III haben wir die Intermediate Care Station L21 als Schwerpunktstation eingerichtet sowie eine interdisziplinäre ImmunoTaskForceLMU gegründet, die speziell CAR T-Zell- und BiTE -Patienten sowie Patienten, die in Phase I-Studien behandelt werden, versorgt. Ein hochspezialisiertes Team gewährleistet so eine 24/7 Betreuung, um eine optimale Verträglichkeit und Wirksamkeit der Therapie zu erreichen.
Translational Cancer Immunology
Der Schwerpunkt unseres Labors liegt im Bereich der T-Zell-basierten Therapieansätzen, insbesondere Dendritischer Zellvakzinierung, T-Zellrekrutierenden Antikörpern und CAR T-Zellen.
ImmunoTaskForceLMU
T-Zell-basierte Immuntherapie: CARs, BiTEs & Checkpoint-blockierende Antikörper
T-Zell-rekrutierende Therapieverfahren haben die Krebstherapie revolutioniert. Checkpoint-blockierende Antikörper lösen die Bremse des Immunsystems und reaktivieren patienteneigene T-Zellen. Seit 2011 sind zahlreiche solcher Antikörper, die T-Zell-hemmende Moleküle wie PD-L1, PD-1 und CLTA-4 blockieren, für die Therapie von hämatologischen und onkologischen Erkrankungen zugelassen worden. Für diese bahnbrechenden Entwicklungen erhielten der Amerikaner James Allison und der Japaner Hanja Tasuka 2018 den Nobelpreis der Medizin.
Allerdings sprechen einige Krebserkrankungen auf diese Therapie nicht an, sodass alternative Strategien entwickelt wurden, um das Immunsystem für die Bekämpfung von Krebs zu mobilisieren. Diese basieren zum einem auf T-Zell-rekrutierenden Antikörpern (die T-Zellen direkt aktivieren) und zum anderen auf genetisch veränderten, patienteneigenen T-Zellen, die dem Patienten als einmalige Infusion verabreicht werden.
Im Einzelnen wurden in den letzten Jahren die folgenden neuen immuntherapeutischen Plattformen für die Behandlung von verschiedenen hämatologischen Erkrankungen entwickelt und zugelassen:
Sie blockieren T-Zell-inhibierende Moleküle auf Tumorzellen und reaktivieren somit die patienteneigene Immunantwort. Im Bereich der Hämatologie wurden die Antikörper Pembrolizumab und Nivolumab (beide gegen PD-1 gerichtet) für die Therapie des fortgeschrittenen Hodgkin Lymphoms zugelassen.
Diese fungieren als Brücken- oder Adapter-Moleküle zwischen Patienten-eigenen T-Zellen und Krebszellen. Diese Bindung führt zur Aktivierung der T-Zellen, die folglich Krebszellen zerstören können. Blinatumomab (Blincyto®) ist bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten (> 1 Jahr) für die refraktäre/rezidivierte Philadelphia-Chromosom negative B-Vorläufer-ALL zugelassen.
Das sind patienteneigene T-Zellen, die im Labor so gentechnisch verändert wurden, dass sie die eigenen Krebszellen erkennen können. Dies erfolgt zunächst durch eine Abnahme von patienteneigenen T-Zellen, die mit einem Rezeptor ausgestattet (Chimärer Antigenrezeptor, CAR) und über 2 -4 Wochen im Labor vermehrt werden. Diese patienteneigenen CAR-T Zellen können jetzt die Krebszellen nach einem Schlüssel-Schloss-Prinzip erkennen. CAR T-Zellen wie Tisagenlecleucel (Kymriah®) und Axicabtagene Ciloleucel (Yescarta®) sind zugelassen für Patienten mit rezidivierten/refraktären diffus-großzelligen B-Zell-Lymphomen nach Versagen von mindestens zwei vorherigen Therapien. Patienten mit B-Vorläufer-ALL können bis zu einem Alter von 25 Jahren nach Versagen von mindestens zwei vorherigen Therapien ebenfalls mit Kymriah® behandelt werden, während die Zulassung von Yescarta® auch für Patienten mit primär mediastinalem B-Zell-Lymphom gilt (ebenfalls nach Versagen von mindestens zwei Vortherapien).
Nebenwirkungs-Management durch die ImmunoTaskForce
Sowohl Checkpoint-blockierende Antikörper als auch T-Zell-rekrutierende Antikörper und CAR T Zellen können mit schweren, in der Regel vorübergehenden Nebenwirkungen verbunden sein. Eine frühzeitige Behandlung dieser Nebenwirkungen durch erfahrene Ärzte und geschultes Pflegepersonal ist notwendig, um schwere Komplikationen zu verhindern.
An der Medizinischen Klinik und Poliklinik III haben wir deshalb eine interdisziplinäre ImmunoTaskForceLMU gegründet, die sich speziell um Patienten kümmert, die BiTEs oder andere T- und NK-Zell-rekrutierende Antikörper oder CAR T-Zellen erhalten. Die Betreuung durch die ImmunoTaskForceLMU gewährleistet, dass diese Patienten rund um die Uhr optimal betreut werden und die höchste Wirksamkeit der Therapie erreicht wird.
Das Team setzt sich zusammen aus Kollegen der Hämatologie und Onkologie, der Intermediate care, der Intensivmedizin, der Infektiologie, der Neurologie, der Neuroradiologie, der Psychoonkologie und einem Team aus translational tätigen Immunologen. Dem erweiterten Team gehören zusätzlich Kollegen der Abteilung für Transfusionsmedizin (ATMZH), der Apotheke und der Verwaltung an. Die Sicherheit und das Wohlbefinden der Patienten unter Therapie mit den neuen Therapieverfahren ist das wichtigste Ziel der ImmunoTaskForceLMU. Die engmaschige Begleitung der Patienten erlaubt ein optimales stationäres und ambulantes Management. Unsere Klinik hat bereits erfolgreich die Qualifizierungsschritte für die Gabe von CAR T Zellen der Firmen Novartis und Kite/Gilead durchlaufen. Entsprechend erfolgt an unserem Zentrum die Gabe von Kymriah und Yescarta entsprechend der Zulassung für Patienten mit rezidivierter/refraktärer ALL (bis zum Alter von 25 Jahren), aggressiven Lymphomen (DLBCL) und primär mediastinalen B-Zelllymphomen. Zusätzlich werden an unserem Zentrum Checkpoint-blockierende Antikörper, BiTE-Antikörper und CAR-T Zellen innerhalb von Studien in unterschiedlichen Entitäten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Verlauf der Erkrankung geprüft.
Der rasante Fortschritt in den zur Anwendung kommenden Technologien lassen eine schnelle Entwicklung von immuntherapeutischen Plattformen mit höherer Sicherheit und stärkerer Effektivität für ein größeres Spektrum von Krebserkrankungen erwarten. Die ImmunoTaskForceLMU ist in die Weiterentwicklung dieser neuen Therapieoptionen wissenschaftlich eingebunden. Außerdem arbeiten wir federführend an der Etablierung von Standards im Patientenmanagement, um Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie kontinuierlich zu verbessern. Dies beinhaltet regelmäßige interne und externe Fortbildungen und Schulungen von Kollegen und Mitarbeiter:innen im Hause ebenso wie im Rahmen von nationalen und internationalen Kongressen.
Kontakte
Ansprechpartner für eine Therapie mit CARs, BiTEs & Checkpoint-blockierenden Antikörpern in der Medizinischen Klinik und Poliklinik III
Anfragen zur Behandlung mit CAR T-Zellen
(für Patienten und Zuweiser) richten Sie bitte an
Im Namen unserer Patienten möchten wir uns bei allen Spendern für Ihre Unterstützung bedanken!
Mit Hilfe Ihrer Spendengelder tragen Sie dazu bei, die Entstehung von Krebserkrankungen noch besser zu verstehen um somit die Behandlung sicherer und effektiver durchführen zu können.
Die Medizinische Klinik III entwickelt eigene App für die Verabreichung und das Nebenwirkungsmanagement von CAR T-Zellen und bispezifischen Antikörpern
“MyTcell” unterstützt Ärzte und Pflegekräfte in der Durchführung neuer innovativer T-Zellrekrutierender Immuntherapien sowie der Behandlung assoziierter Immuntoxizitäten.
“MyTcell” führt entitäten- und produktspezifisch durch den langen logistisch aufwendigen Weg einer CAR T-Zelltherapie angefangen von Indikationsstellung über wichtige theoretische und praktische Aspekte einer Leukapherese sowie Bridging Therapie zur Infusion von BiTEs oder CARs. Dabei vereinfachen interaktive Tools die Schweregradeinstufung von CRS und neurologischen Nebenwirkungen und zeigen Therapieempfehlungen basierend auf international konsentierten Leitlinien von ASTCT, EBMT und NCCN an. Darüber hinaus assistiert “MyTcell” in der Diagnostik und Behandlung von bisher weniger gut charakterisierten Toxizitäten wie einer prolongierten Panzytopenie oder HLH.
Eine englische Version der App wird Ende des Jahres am LMU Klinikum getestet und voraussichtlich im Frühjahr 2021 weltweit über macOS und Android zum download bereitstehen (Blumenberg et al. DGHO abstract 2020 No. 645).
Ansprechpartner
Anfragen zur Behandlung mit CAR T-Zellen
Für Patienten und Zuweiser
Ärztliche Ansprechpartner
Assistant: Alice Holecek
Medienbeiträge
09.09.2024
Neue Chancen bei Krebs
tz, Susanne Sasse
09.09.2024
Immuntherapie rettet Krebspatienten
Münchner Merkur Nr. 208, Susanne Sasse
05.06.2024
Im Kurzinterview: Wie kommen Innovationen bei den Patienten an?
Prof. Marion Subklewe und Anna Seidinger (Frankfurter Allgemeine Zeitung Verlagsspezial, Zukunft der Krebsmedizin 2024)