Etwa 20 Prozent der ehemaligen Intensivpatienten entwickeln in den ersten zwölf Monaten nach der Entlassung aus einer Intensivstation mehr oder minder starke Symptome einer PTBS, etwa Flashbacks, Schlaflosigkeit und Albträume. Viele suchen Unterstützung bei ihrem Hausarzt – oder werden dort erstmals auf die psychischen Folgen angesprochen. Doch spezialisierte Psychotherapie ist oft schwer zugänglich. Hier setzt das vom Münchner Team entwickelte Konzept an.
Die Intervention basiert auf der sogenannten Narrativen Expositionstherapie (NET), einer strukturierenden Gesprächstechnik zur Verarbeitung traumatischer Erlebnisse. Die LMU-Forscher haben die kürzest mögliche NET-Variante für die Hausarztpraxis entwickelt: drei Einzelsitzungen à 30–45 Minuten plus sieben telefonische Nachsorgekontakte durch medizinische Fachangestellte.
In der kontrollierten Studie mit 319 Betroffenen, von denen 160 die neue Intervention (drei Einzelsitzungen) und 159 die Standardbetreuung durch den Hausarzt erhielten, zeigte die Methode klare Vorteile: Die Zahl und Intensität der Flashbacks nahmen ab und Schuldgefühle verringerten sich. Vermeidungsverhalten, also das Aus-dem-Weg-gehen von bedrohlichen Situationen, und die Übererregbarkeit wurden weniger beeinflusst, dafür aber die Stimmung der Patienten. Nach einem Jahr waren die positiven Effekte noch nachweisbar, schwächten sich allerdings ab.
Die Intervention ist für für einen Hausarzt, der ja sehr viel Vorwissen hat, leicht und schnell zu lernen und lässt sich in den Praxisalltag einbauen. Das Feedback der teilnehmenden Hausärzte und Patientinnen war durchweg positiv. Ein vielversprechender Ansatz für die Allgemeinmedizin – und für eine oft übersehene Patientengruppe.
Originalpublikation:
Effects of a general practitioner-led brief narrative exposure intervention on symptoms of post-traumatic stress disorder after intensive care (PICTURE): multicentre, observer blind, randomised controlled trial
doi: https://doi.org/10.1136/bmj-2024-082092