Concussion Clinic
Concussion Clinic für Kinder & Jugendliche
Gehirnerschütterung und leichtes Schädel-Hirntrauma im Kindes- & Jugendalter
Integrative Plattform zur Verzahnung von klinischer Versorgung, translationaler Forschung, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkstruktur
Jedes Jahr erleiden in Deutschland ca. 90.000 Kinder und Jugendliche ein leichtes Schädel-Hirntrauma (SHT). Eine relevante Zahl der Betroffenen leiden in dessen Folge für mehrere Wochen bis Monate (bis Jahre/Chronifizierung) an neurologischen Symptomen, die ihre Lebensqualität – teilweise auch die der gesamten Familie - deutlich einschränken.
Diese komplexe Thematik findet bisher in der klinischen Versorgung und Forschung in der Kinder- und Jugendmedizin noch keine adäquate Beachtung. Und das, obwohl es mittler Weile ein beachtlich gesichertes Wissen zum leichten SHT aus verschiedenen Bereichen der Grundlagen- sowie der klinischen Forschung gibt. Gleichzeitig bleiben aber noch viele pathophysiologische Zusammenhänge zwischen einem Trauma und dem individuellen klinischen Verlauf ungeklärt. Strukturiert erhobene Daten zur Prävalenz komplexer Verläufe nach mildem SHT im Kindes- und Jugendalter sowie möglicher Risikofaktoren fehlen bisher für den deutschsprachigen Raum und liegen selbst weltweit meist nur für Sport treibende Jugendliche oder junge Erwachsene vor; hier handelt es sich um die Gruppe der sports-related concussion (mit einem oft nur kurzen Beobachtungszeitraum). Eine kritische Begutachtung der vorhandenen Evidenz diagnostischer oder therapeutischer Ansätze unter entwicklungs- und kinderneurologischen Aspekten (Stichworte: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen; Vulnerabilität des sich entwickelnden – insbesondere des adoleszenten - Gehirns) ist dringend erforderlich, ebenso wie der durch pädiatrische und kinderneurologische Fachkompetenz begleitete Transfer für sinnvoll erwiesener oder erachteter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen in den klinischen Alltag.
In der Concussion Clinic wird pädiatrische und kinderneurologische Kompetenz – multiprofessionell, interdisziplinär und multimodal – gebündelt. Die Concussion Clinic leistet unter klinischen Gesichtspunkten für Patienten nach leichtem Schädelhirntrauma eine interdisziplinäre Versorgung auf universitärem Niveau. Daneben ist sie eingebettet in die entstehende Netzwerkplattform zum Schädelhirntrauma des LMU-Klinikums mit Grundlagenforschung und Bildgebungsforschung als unverzichtbare weitere Säulen. In der Zukunft werden mit dieser Kompetenzbündelung Planung, Koordination und Durchführung klinischer Studien ebenso möglich werden wie die Entwicklung von evidenzbasierten clinical pathways und die Erarbeitung vorrangig zu beantwortender Forschungsfragen. Darüber hinaus wird diese Plattform zur Weiterentwicklung von Präventionsmaßnahmen des SHT insgesamt und insbesondere zur Erhöhung der Awareness gegenüber kompliziert verlaufender Gehirnerschütterungen beitragen können.
Weiterführende Informationen zum Angebot der Concussion Clinic für Kinder & Jugendliche und zu generellen Informationsmöglichkeiten zum Themengebiet Gehirnerschütterung & leichtes Schädelhirntrauma, aktuell laufenden und geplanten klinischen Studien unserer Arbeitsgruppe und Kooperationspartner sowie unseren Förderern entnehmen Sie bitte den nachfolgenden Ausführungen.
Die klinische Säule der Concussion Clinic stellt ein standardisiertes, evidenz-basiertes interdisziplinäres Screening nach mildem Schädel-Hirn-Trauma in allen Altersstufen von 0 bis 18 Jahre dar. Betroffenen wird zeitnah zum Trauma eine ausführliche kinderneurologische, psychologische und physiotherapeutische Untersuchung angeboten. Hierbei wird der Schwerpunkt darauf gelegt, zu überprüfen, ob für den einzelnen Patienten Risikofaktoren vorliegen, die mit einem komplexen oder langwierigen Verlauf assoziiert sein können. Auf Basis der erhobenen Anamnese und Befunde wird für jeden Patienten eine individuelle Beurteilung der Situation und Entscheidung über ggf. weitere notwendige Diagnostik (z.B. spezifische vestibuläre oder kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik u.a.) erfolgen. Auf dieser Grundlage erfolgt eine eingehende Beratung der Familie und Patienten hinsichtlich der Pathogenese der Symptomatik, der individuellen Symptomatik / Befunde und des in der Regel zu erwartenden klinischen Verlaufs. Zudem werden Handlungsempfehlungen für die akute Phase gegeben und die Familien werden aufgeklärt, bei welchen Warnzeichen, eine sofortige Wiedervorstellung erforderlich ist. Darüber hinaus wird eine Empfehlung gegeben, wie und zu welchen Zeitpunkten ein „return to school“ und „return to sport“ erfolgen könnten. Dieses Beratungsgespräch wird durch schriftliche Informationsmaterialien ergänzt. Eine derartige, spezifische Beratung hat sich in U.S.-amerikanischen Zentren als sehr effektive Maßnahme zur Früherkennung und Prävention prolongierter Verläufe erwiesen. Darüber hinaus bieten wir Patienten mit hohem Risikoprofil standardisierte und Patienten mit persistierender Symptomatik jeder Zeit Follow Up Termine im iSPZ Hauner in unserer Sprechstunde für Kinder und Jugendliche nach Schädel-Hirn-Trauma an.
Angebot für Kinder und Jugendliche nach Gehirnerschütterung in der Hochschulambulanz @ Hauner
- Concussion Work Up im Rahmen der (Sub-) Akutsituation innerhalb der ersten Tage nach Trauma
- Follow Up ca. 2-4 Wochen nach dem Trauma
- Kontakt: concussionclinic@med.uni-muenchen.de
- Anmeldung: Bitte senden Sie uns zur Anmeldung Ihres Kindes in unserer Sprechstunden den altersentsprechenden Fragebogen an die dort angegebene Faxnummer
Angebot für Kinder und Jugendliche nach Gehirnerschütterung im iSPZ Hauner
Auf Basis der standardisierten klinischen Versorgung entsteht eine Studienplattform zum Themenkomplex mildes SHT im Kindes- und Jugendalter. Die Identifizierung und Implementierung von Parametern und Instrumenten, denen eine prognostische Bedeutung für den einzelnen Patienten beikommt, hat hier Priorität. Vorrangig sollen Marker evaluiert werden, die den Schweregrad der Hirnfunktionsstörung und eine Prognose bezüglich des zu erwartenden Verlaufs abbilden lassen könnten. An Hand dieser wird die ärztliche Risikoeinschätzung und damit die Entscheidung über das weitere Procedere hinsichtlich akut notwendiger Bildgebung, stationärer Überwachung, Wiedervorstellungen, Diagnostik und Therapieangeboten erleichtert werden. Langfristig ausgelegte Studien zum milden SHT und Studien zur Translation von Ergebnissen aus der Grundlagen- oder klinischen Forschung bei erwachsenen Patienten fehlen für den deutschsprachigen Raum, sind aber auf Grund der hohen Prävalenz und des hohen Impacts für von komplexen Verläufen betroffener Patienten dringend notwendig.
Die im Rahmen dieser Strukturen gewonnenen Erkenntnisse werden direkt in zukünftige Projekte der Öffentlichkeits- und Präventionsarbeit im Zusammenhang mit kindlichen SHT einfließen können.
Aktuelle Studien
Posturale Kontrolle nach Schädelhirntrauma im Kindes- und Jugendalter
- Instrumentalisierte Posturography mittels Kraftmessplatte und Ganganalyse mittels App
- Principle Investigator Dr. Michaela Bonfert, Division für Pädiatrische Neurologie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, Dr. von Haunersches Kinderspital, LMU Klinikum, München
QOLIBRI
- Entwicklung des ersten Instrumentariums zur krankheitsspezifischen Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen nach Schädel- Hirn-Trauma (SHT): QOLIBRI-Kiddy/Kid/Ado (Quality of Life after Brain Injury–Kids/Adolescents) zur Selbst- und Fremdbeurteilung
- Principle Investigator Prof. Nicole von Steinbüchel, Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Georg-August-Universität, Göttingen
Studien in Vorbereitung
NEUROPRECISE
- Precision medicine in traumatic brain injury using individual neurosteroid response
- Principle Investigator Prof. Inga Körte, cBRAIN, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, LMU Klinikum, München
Child Brain Research and Imaging in Neuroscience – cBRAIN
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, LMU Klinikum
Verantwortliche Ansprechpartner
Frau Prof. Dr. med. Inga K. Koerte
Leiterin cBRAIN
Kinderchirurgische Klinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital
Verantwortliche Ansprechpartnerin
Frau Oberärztin Dr. med. Alexandra Pohl
Leiterin der Kraniospinalen Chirurgie
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Verantwortliche Ansprechpartnerin
Frau Oberärztin Dr. med. Inga Wermuth
Leiterin der Psychiatrischen Institutsambulanz