Schilddrüse und Schwangerschaft
Merkzettel für Frauen im gebärfähigen Alter nach Radiojodtherapie
Aufgrund eines Schilddrüsentumors wurden bei Ihnen eine operative Entfernung der Schilddrüse und eine Radiojodtherapie durchgeführt. Für eine mögliche zukünftige Schwangerschaft möchten wir Ihnen folgende Informationen mitgeben:
Grundsätzlich bestehen keine Bedenken gegen eine Schwangerschaft nach einer Radiojodtherapie, da keine relevanten Erbgutschädigungen bekannt sind. Aus grundsätzlicher Vorsicht empfehlen wir jedoch, für mindestens 6 Monate nach der Radiojodtherapie auf eine Schwangerschaft zu verzichten.
Da bei Ihnen die Schilddrüse entfernt wurde, würde ohne Hormonsubstitution mit L-Thyroxin bzw. Euthyrox eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) resultieren. Nach der Radiojodtherapie sind sie folglich auf eine Hormonsubstitution angewiesen. In Abhängigkeit Ihres Tumorstadiums stellen wir Ihren Hormonstatus ein. Bei niedrigem Primärtumorstadium ist eine Einstellung des basalen TSH im niedrigen Normalbereich zwischen 0,3 und 1,0 IU/ml ausreichend, bei höhergradigen Tumoren sollte das TSH vollständig supprimiert sein (TSH < 0,1µU/ml).
Während und vor einer geplanten Schwangerschaft ändern sich jedoch diese Richtwerte.
Wenn Sie schwanger werden wollen, beachten Sie bitte folgendes:
Bei Frauen mit bestehender Schilddrüsenunterfunktion kann die Fruchtbarkeit eingeschränkt sein. Auch eine Schilddrüsenüberfunktion kann eine Empfängnis verkomplizieren. Vor der Schwangerschaft (präkonzeptionell) sollte der TSH Wert bei < 2,5 lU/ml liegen. Da aufgrund Ihres Schilddrüsentumors ein niedriger TSH Wert empfohlen wird, kann eine Dosisreduzierung des L-Thyroxin bzw. Euthyrox notwendig sein. Diese sollte in Absprache mit uns oder dem betreuenden Frauenarzt erfolgen.
Wenn Sie bereits schwanger sind beachten Sie bitte folgendes:
Die richtige Schilddrüsenstoffwechsellage hat gerade in der ersten Schwangerschaftshälfte einen nachhaltigen Effekt auf die Reifung des ungeborenen Kindes, insbesondere auf die Entwicklung des Gehirns. Da die fetale Schilddrüse erst am Ende des dritten Schwangerschaftsmonats selbst ihre Funktion aufnimmt, ist eine ausreichende Versorgung der Schwangeren mit Schilddrüsenhormon unbedingt nötig, da die Schilddrüsenhormone über die Plazenta zum Kind gelangen. Bei richtig dosierter Medikamentengabe ist die normale Entwicklung des Kindes gesichert.
Zur Einstellung Ihrer Schilddrüsenfunktion empfehlen wir daher unabhängig von Ihrem Tumorstadium folgendes:
Mittel der Wahl vor und während einer Schwangerschaft ist L-Thyroxin.
Während der Schwangerschaft sollte der TSH Wert im Trimester-spezifischen (trimester=Schwangerschaftsdrittel) Referenzbereich liegen: Im 1. Trimester zwischen 0,1-2,5 IU/ml, im 2. Trimester zwischen 0,2-3,0 IU/ml und im 3. Trimester: 0,3-3,0 IU/ml
Oft ändert sich der Bedarf an Schilddrüsenhormonen in der Schwangerschaft. Häufig ist eine Steigerung der Substitutionsdosis um 25-50% im Laufe der Schwangerschaft nötig. Selbst eine milde Schilddrüsenunterfunktion sollte unbedingt durch rechtzeitige Anpassung der Hormongabe vermieden werden.
Wir empfehlen den TSH Wert und die freien Schilddrüsenhormonwerte fT4 / fT3 bereits vor einer geplanten Schwangerschaft zu kontrollieren und optimal einzustellen. In der Schwangerschaft sind monatliche Kontrollen notwendig. 6 Wochen nach der Geburt sollte der TSH Wert und der Tumormarker TG erneut überprüft werden. Nach der Schwangerschaft richtet sich der TSH Wert wieder nach dem vom Tumorstadium abhängigen Referenzwert.
Sollte ihr TSH Wert bereits vor der Schwangerschaft auf <2,5 IU/ml (besser <1,5 IU/ml) eingestellt worden sein und bei Bekanntwerden der Schwangerschaft (positiver Schwangerschaftstest oder ausbleibender Periode) eine rasche Bestimmung des TSH Wertes zur individuellen Dosisanpassung nicht möglich sein, kann auch folgendermaßen verfahren werden: Nehmen sie zweimal wöchentlich eine zusätzliche Tagesdosis L-Thyroxin bzw. Euthyrox ein (9 anstatt 7 Tabletten/Woche). Damit erreichen sie eine Anhebung der L-Thyroxindosis um 25-30%. Dies gewährleistet bei der langen Halbwertszeit des Thyroxins eine notwendige Dosissteigerung wie sie oft in der Schwangerschaft erforderlich ist. Vereinbaren Sie bitte in diesem Fall dennoch umgehend einen Termin bei ihrem Hausarzt/Frauenarzt zur laborchemischen Kontrolle.
Während der Schwangerschaft und Stillzeit empfehlen wir zusätzlich unbedingt 150 - 200 µg Jodid pro Tag einzunehmen, um eine ausreichende Iodversorgung des Kindes sicherzustellen. Auch sollte auf eine Folsäureeinnahme geachtet werden.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Nachsorgeambulanz unter der Telefonnummer: 089 4400 7 4636 oder an die Spezialambulanz von Frau Prof. Dr. C. Spitzweg in der Medizinischen Klinik II unter der Telefonnummer 4400-73003.
Zeitpunkt der Schwangerschaft
TSH Referenzspiegel
Medikamenten-Einnahme
Laborchemische Kontrollen (TSH, fT3, fT4)
vor der Schwangerschaft (präkonzeptionell)
< 2,5 IU/ml, ideal 1,5 IU/ml
L-Thyroxin in entsprechender Dosierung
Folsäure
regelmäßig, alle 3 Monate
1. Trimester
0,1-2,5 IU/ml
zusätzlich Jodid 150-200µg/d
monatlich
2. Trimester
0,2-3,0 IU/ml
zusätzlich Jodid 150-200µg/d
monatlich
3. Trimester
0,3-3,0 IU/ml
zusätzlich Jodid 150-200µg/d
monatlich
monatlich
während der Stillzeit
TSH abhängig vom primären Tumorstadium
zusätzlich Jodid 150-200µg/d
regelmäßig, alle 3 Monate
zusätzliche Bestimmung des Tumormarkers TG
nach der Stillzeit
TSH abhängig vom primären Tumorstadium
regelmäßig, alle 3 Monate