Seltene Erkrankungen des Kieferknochens
Einführung
Der Kieferknochen ist Teil des Gesichtsschädels und besitzt einige Besonderheiten im Vergleich zu den übrigen Knochen des Körpers. Er beinhaltet den Zahnhalteapparat, der über die Zahnfächer (Alveolen) eine direkte Verbindung zur Mundhöhle mit ihrer speziellen Keimflora darstellt. Beim Kauen federt er extreme Belastungsspitzen ab und das Kiefergelenk ist mit seiner speziellen Anatomie eines der am meisten belasteten Gelenke des Körpers. Zudem bestimmen die Kieferknochen eine harmonische Kontur des Gesichtes. Erkrankungen des Kiefers sind mitunter selten und gehören in die Hände eines Spezialisten.
Diffus sklerosierende Osteomyelitis
Eine seltene Knochenerkrankung, die bevorzugt im Kiefer- und Gesichtsbereich auftritt ist die diffus sklerosierende Osteomyelitis des Kiefers. Die genaue Ursache der Erkrankung bisher nicht vollständig geklärt, es werden verschiedene Therorien diskutiert. Die Erkrankung tritt häufig nach operativen dentalchirurgischen Eingriffen auf und verläuft in Schüben mit starken Schmerzen, Schwellungen und Mundöffnungseinschränkungen. Häufig sind jüngere Patientinnen betroffen und bis zur Diagnosestellung vergeht in der Regel eine lange Zeit, häufig werden mehrere Ärzte im Vorfeld kontaktiert. In der röntgenologischen Untersuchung zeigt sich eine Mischung aus Knochenverdichtung, verschwommenem Nervkanal und teilweisen Knochenanbauten im Bereich des Unterkiefers. In vielen Fällen ist eine konservative Therapie möglich, unsere eigenen Studien haben gezeigt, dass der Off Label Use von Bisphosphonaten eine deutliche Verbesserung der Symptomatik und somit der Lebensqualität für die Patientinnen bringen kann.
Fibröse Dysplasie
Bei der fibrösen Dysplasie handelt es sich um eine fibroossäre Läsion des Knochens, welche isoliert am Kieferknochen vorkommen kann (monostotisch) oder auch an verschiedenen Knochen des Skeletts gleichzeitig (polyostotisch). Der kraniofazial vorkommende Typ zeigt sich als langsam wachsender Tumor, der häufig keine Schmerzen verursacht. Den Patienten fällt eine Gesichtsasymmetrie oder Veränderung der Bisslage auf. In der Folge kann es zu Gefühlsstörungen, Verlagerung oder Lockerungen von Zähnen kommen, selten sind Frakturen ohne adäquat Ursache (pathologische Fraktur). Bei der polyostotischen Form sind in abnehmender Reihenfolge Femur, Tibia, Schädel und Gesichtsknochen, Becken Rippe, Humerus, Radius und Ulna, Lendenwirbelsäule Schlüsselbein und Halswirbelsäule betroffen. Häufig ist die Läsion einseitig und etwa 60% der Patient haben bereits in der Kindheit Symptome. Ursache der fibrösen Dysplasie ist eine somatische Mutation im Codon 201 des GNS1. Es existiert keine kausale Therapie, die chirurgische Therapie beinhaltet die Entfernung des betroffenen Knochenanteils, zum einen in Form der Resektion und zum anderen im Angleichen der Form.
X-Linked Hypophosphatämie
Die X-linked Hypophosphatämie ist eine seltene genetische Erkrankung, welche durch Phosphatverlust in der Niere gekennzeichnet ist. Dieser wird durch eine dominant vererbte Mutation im PHEX-Gen verursacht. Es zeigen sich Rachitis (Knochenerweichung), Kleinwuchs, Knochenschmerzen und Skelettdeformationen. Die X-linked Hypophosphatämie ist eine systemische Knochenerkrankung. Eine Manifestation am Kieferknochen und am Zahnhalteapparat ist bei knapp der Hälfte der Patienten vorzufinden. Es werden Zahnabszesse, ein vermehrtes Auftreten von Karies und ein vergrößertes Pulpenkavum beschrieben. Auf Grund dieser Beteiligung des Kieferknochens wird empfohlen, dass Patienten mit X-Linked Hypophosphatämie regelmäßig zahnärztlich untersucht werden sollten. Dies wird hier im Hause und in enger Kooperation mit den verschiedenen Fächern der Zahnklinik angeboten. Therapeutisch werden Vitamin-D-Ergänzungsmittel eingesetzt, bei Kindern wird außerdem noch Phosphat und Calcitriol verabreicht. Seit neuerem ist der spezielle Antikörper Burosumab, welcher an das Protein FGF23 bindet, so dass der Phosphatspiegel im Blut wiederhergestellt werden kann, in therapeutischer Anwendung. Die Auswirkungen auf den Kieferknochen sind bisher unklar und werden im Rahmen von interdisziplinären Screeningverfahren im Rahmen unserer Knochensprechstunde beobachtet.
Weitere seltene Knochenkrankheiten
Zu den o.g. seltenen Erkrankungen des Kiefergelenks existieren Studien an unserer Klinik. Falls Sie Interesse daran haben, können Sie sich gerne bei uns melden.
Es werden unter anderem auch folgende weitere seltene Knochenkrankheiten in unserer Sprechstunde und mit einem interdisziplinären Team behandelt:
- Hypophosphatasie
- Cherubismus
- Morbus Paget
- Phosphatdiabetes