Chronische Darmerkrankungen
Team
Oberärztliche Leitung
OÄ PD med Dr. Helga Török, Fachärztin; Standortleitung INN
Univ. Prof. Dr. med. Benjamin Misselwitz
Ärztliche Mitarbeiter
Dr. med. Leandra Koletzko (Stellvertretende Leitung), Fachärztin
Dr. med. Julia Berdel, Fachärztin
OÄ Dr. med. Borika Szukics, Fachärztin
Yannick Büchtemann, Assistenzarzt
Nicht-ärztliche Mitarbeiter
Alica Hofweber, Physician Assistant
Isolde Berner (CED-Fachassistenz), Med IV
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Was sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)?
CED sind chronisch entzündliche Erkrankungen des Darmes deren Ursache in einem komplexen Zusammenspiel von Erbanlagen (Genen) mit verschiedenen Umweltfaktoren sowie der bakteriellen Darmflora liegt. CED können vom frühen Kindesalter bis ins hohe Erwachsenenalter erstmals auftreten und eine Vielzahl von Beschwerden hervorrufen wie z.B. (blutige) Durchfälle, Bauchschmerzen, Gewichtsabnahme, allgemeines Krankheitsgefühl und Fieber.
Welche Formen der CED gibt es?
Die zwei wichtigsten Formen sind der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa. Während sich die Entzündung bei Colitis ulcerosa auf den Dickdarm beschränkt, können beim Morbus Crohn alle Abschnitte des Verdauungstraktes von den Lippen bis zum After befallen sein. Bei beiden Erkrankungen können auch entzündliche Geschehen außerhalb des Verdauungstraktes, z.B. der Gelenke, Haut, Augen oder Leber und Gallenwege auftreten.
Ebenfalls zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gehören die sogenannten mikroskopischen Kolitiden (die kollagene und die lymphozytäre Kolitis), die chronische Durchfälle ohne Auftreten einer geschwürigen Entzündung verursachen.
Wie verlaufen chronisch entzündliche Darmerkrankungen?
Die Erkrankungen können schubförmig auftreten, das heißt Phasen der Ruhe (Remission) treten zwischen Entzündungsschüben auf, oder es besteht eine dauerhafte entzündliche Aktivität. Bei unkontrollierter Entzündung besteht ein hohes Risiko für Komplikationen wie narbige Engstellen (Stenosen), Fisteln, Abszesse, eine Mangelernährung und langfristig Darmkrebs.
Wie werden chronisch entzündliche Darmerkrankungen behandelt?
Die Behandlung wird sehr individuell gestaltet: während einige Betroffene einen milden Verlauf haben und nur vorrübergehend im Krankheitsschub Medikamente benötigen, brauchen die überwiegende Mehrzahl über Jahre medikamentöse Therapien, um die Erkrankung in Schach zu halten. Ein breites und zunehmendes Spektrum von Therapieformen steht allein oder in Kombination zur Verfügung: am wichtigsten hierbei kommen verschiedene Medikamente, die das Immunsysten, und damit die Entzündungsreaktion beeinflussen, zum Einsatz. Darüber hinaus werden Ernährungstherapien sowie vor allem bei Auftreten von Komplikationen endoskopische und operative Eingriffe zum Einsatz.
Ziele der Behandlung sind die möglichst vollständige Unterdrückung der Entzündung und somit die Beschwerdekontrolle, die Ausheilung des Darmes, die Erhalt der Funktionen und die Vermeidung von Komplikationen. Aufgrund des lebensbegleitenden Charakters der Erkrankungen ist es unser ausgesprochenes Anliegen, Wünsche und Lebensumstände wie Ausbildung, Beruf, Familienplanung, Begleiterkrankungen usw. in der Beratung und Therapiewahl miteinzubeziehen, um den individuellen Vorstellungen von Normalität möglichst gerecht zu werden.
Expertise in der CED-Ambulanz am LMU Klinikum
Wir bieten evidenzbasierte Therapiemöglichkeiten auf hohem wissenschaftlichem Standard durch ein CED-erfahrendes Team. Für Patienten mit schweren Krankheitsverläufen wird eine umfangreiche Betreuung mit komplexen Therapiestrategien (Immunsuppression, Chirurgie) angeboten. Hierbei besteht eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten wie Chirurgie, Radiologie, Ernährungsmedizin, welche individualisierte Therapieansätze ermöglicht. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur Behandlung im Rahmen von klinischen Studien.
CED-Board
In unserem CED-Board werden interdisziplinär durch Spezialisten der Gastroenterologie, Kindergastroenterologie, Chirurgie und Radiologie Krankeitsverläufe und Befunde einzelner Patienten strukturiert besprochen, um eine bestmögliche Therapieempfehlung gemeinsam abzustimmen.
Transitionssprechstunde
In Kooperation mit den Kollegen des Dr. von Haunerschen Kinderspitals bieten wir eine Transitionssprechstunde an. Betroffene mit CED, die der Kinder- und Jugendmedizin entwachsen sind, werden in Rahmen der Transitionssprechstunde gemeinsam mit den Kollegen der Kindergastroenterologie gesehen. Der enge fachliche Austausch und eine strukturierte Übergabe ermöglichen den jungen Erwachsenen eine Erleichterung des Übergangs von der Jugend- in die Erwachsenenmedizin.
Therapien im Rahmen klinischer Studien
Das Spektrum zugelassener therapeutischer Möglichkeiten hat in den letzten Jahren deutlich gewonnen. Dennoch kann es für einzelne Patienten eine vielversprechende Option sein, im Rahmen einer Studie behandelt zu werden. Über unser erfahrenes Studienzentrum besteht für Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Vielzahl von Studien mit neuen, bislang noch nicht zugelassenen Medikamenten. (Link: Studienzentrum)
Studien zur Verbesserung der klinischen Versorgung
In Kooperation mit dem CED-Team der Kindergastroenterologie bieten wir unseren Patienten Teilnahme an Studien an, die der verbesserten klinischen Versorgung dienen sollen. Im Rahmen der Studien erhalten Teilnehmer aktuelle Informationen zur CED z.B. zur Versorgung während der Covid-19 Pandemie, zu Ernährungstherapien bei CED u.a.
Zöliakie
Die Zöliakie (früher auch Sprue oder glutensensitive Enteropathie) ist eine Autoimmunerkrankung ausgelöst bei Personen mit genetischer Veranlagung durch Gluten, einem Eiweißbestandteil in verschiedenen Getreiden (Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste). Die Unverträglichkeit führt zu einer Entzündung im Dünndarm mit Schädigung der Darmzotten, die für die Nährstoffaufnahme wichtig sind. Folgen können Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfälle mit Fehlverdauung, Mangelerscheinungen und Gewichtsabnahme sein. Oft verläuft eine Zöliakie auch ohne spezifische Beschwerden. Etwa 1% der Bevölkerung in Deutschland ist betroffen. Die Unverträglichkeit beginnt meistens im Kleinkindesalter, kann aber Jahre oder Jahrzehnte ohne Beschwerden einhergehen und damit unerkannt bleiben. Symptome, die dann zur Diagnose führen, können in jedem Alter auftreten. Durch einen einfachen Bluttest unter normaler Weizenhaltiger Ernährung kann die Krankheit erkannt und durch die Untersuchung von Gewebsproben aus dem oberen Dünndarm, die während einer Magenspiegelung gewonnen werden, wird sie bestätigt. Die Therapie besteht in einer lebenslangen glutenfreien Diät.
Expertise am LMU Klinikum
Wir bieten Diagnostik/Beratung insbesondere bei unklarer Diagnosestellung. Darüber hinaus sind wir Anlaufstelle für Patienten bei Verdacht auf refraktärer Zöliakie zur weiteren Abklärung. Wir sind bei der Erstellung der Deutschen Leitlinie für Zöliakie mitwirkend und bieten die Möglichkeit zur Teilnahme an klinische Therapiestudien für Zöliakie-Betroffenen an.
Chronisches Darmversagen (Kurzdarm-Syndrom, Darminsuffizienz)
Was ist ein chronisches Darmversagen und ein Kurzdarmsyndrom?
Als chronisches Darmversagen wird ein Krankheitszustand bezeichnet, bei dem die Resorptionsfunktion des Darms dauerhaft so weit eingeschränkt ist, dass der Körper nicht mehr ausreichend mit Flüssigkeit und/oder Nährstoffen versorgt werden kann. Zu Grunde liegen können verschiedene Erkrankungen des Darms, wie zum Beispiel Motilitätsstörungen (z.B. chronische intestinale Pseudoobstruktion), chronische Schäden der Darmschleimhaut (z.B. chronische entzündliche Darmerkrankungen, Strahlenschäden) oder angeborene Störungen.
Tritt ein Darmversagen nach ausgiebiger Resektion von Darmabschnitten auf, spricht man von einem Kurzdarmsyndrom. Dies stellt im Erwachsenenalter die häufigste Ursache eines Darmversagens dar. Insgesamt handelt es sich beim chronischen Darmversagen bzw. beim Kurzdarmsyndrom aber um ein sehr seltenes Krankheitsbild.
Welche Komplikationen können bei einem Kurzdarmsyndrom auftreten?
Je nach reseziertem Darmabschnitt und abschließender Anatomie können unterschiedliche Beschwerden im Vordergrund stehen. In den meisten Fällen treten vermehrt flüssige Diarrhoen auf. Auch Durstgefühl, Übelkeit und Bauchkrämpfe sind häufige Symptome.
Durch die unzureichende Aufnahme von Flüssigkeit und Nährstoffen kann es zu Gewichtsverlust, Muskelabbau und Organschädigungen (u.a. Niere, Knochen) kommen. Daher ist in vielen Fällen eine parenterale Ernährung, also eine regelmäßige Infusion einer Ernährungslösung über einen zentralen Venenzugang, notwendig. Im Zusammenhang mit der parenteralen Ernährung treten gehäuft Infekte an den zentralen Venenzugängen auf, die in schweren Fällen in eine Sepsis (Blutvergiftung) übergehen können. Eine besonders schwerwiegende Komplikation des Darmversagens bzw. Kurzdarmsyndroms ist die Entwicklung eines chronischen Leberschadens (IFALD, intestinal failure associated liver disease), der bis hin zu einer Leberzirrhose mit Versagen der Leberfunktionen führen kann.
Wie wird ein Kurzdarmsyndrom behandelt?
Die adäquate Behandlung eines Kurzdarmsyndroms erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Bereiche, wie Chirurgie, Gastroenterologie und Ernährungsmedizin. Dabei muss die Therapie spezifisch auf die individuelle Situation des Patienten unter Berücksichtigung der resezierten Darmabschnitte, der Rest-Darmlänge usw., angepasst werden.
Ernährungsmedizinische Interventionen stellen einen Grundpfeiler dar und können in vielen Fällen bereits zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden führen. Aus pharmakologischer Sicht kommen Medikamente zur Verlangsamung des Darmtransports und zur Reduktion der Flüssigkeitssekretion in den Darm zum Einsatz. Zudem steht seit einigen Jahren mit dem GLP2-Analogon Teduglutid ein speziell für das Kurzdarmsyndrom zugelassener Wirkstoff zur Verfügung, der die Resorptionsleistung des Darms signifikant verbessern kann. In ausgewählten Fällen kann auch mittels chirurgischer Verfahren eine Besserung erreicht werden.
Reichen die Maßnahmen nicht aus, muss eine auf die spezifischen Mangelzustände angepasste parenterale Ernährung durchgeführt werden. Hierdurch kann die wesentliche Funktion des Darms, die Aufnahme von Flüssigkeit und Nährstoffen, ersetzt werden. Wichtig sind hier regelmäßige Kontrollen und Anpassungen der Ernährungszusammensetzung, da sich im Verlauf der Erkrankung der Bedarf immer wieder ändern kann.
In besonders komplizierten Fällen eines Kurzdarmsyndroms, so zum Beispiel beim Versagen der parenteralen Ernährung, kann eine Dünndarmtransplantation als kurative Maßnahme in Frage kommen.
Expertise am LMU Klinikum
Die Medizinische Klinik II am LMU Klinikum betreibt bereits seit Jahren eine spezielle Ambulanz für Patienten mit Kurzdarmsyndrom bzw. chronischem Darmversagen. Da es sich generell um ein sehr seltenes Krankheitsbild handelt, kann nur durch die Bündelung von Patienten an einem großen Zentrum eine hervorragende Betreuung gewährleistet werden. Hierfür stehen am LMU Klinikum in Zusammenarbeit mit der Klinik für Viszeral- und Transplantationsmedizin sowie dem Interdisziplinären Zentrum für Diätetik und Ernährung (IZDE) alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung. Gemeinsam mit den pädiatrischen Kollegen des Dr. v.-Haunerschen Kinderspital werden Patienten mit Darmversagen in der Übergangsphase von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin betreut (Transitionsphase).
Am LMU Klinikum kann als einzigem Transplantationszentrum in Bayern die Möglichkeit einer Dünndarmtransplantation angeboten werden.
Anmeldung
Bitte beachten Sie, daß neue Patientinnen und Patienten nur über das Anmeldeformular angemeldet werden können. Für bekannte Patien und Patientinnen kann weiterhin die Online-Terminvereinbarung genutzt werden.