Riesenzelltumor
Der Riesenzelltumor des Knochens darf nicht mit dem Riesenzelltumor der Sehnenscheiden (Pigmentierte Villonoduläre Synovitis, PVS) verwechselt werden. Eine völlig andere Läsion, die sich bevorzugt in Gelenken und an Sehnen befindet!
Namensgebend für den Riesenzelltumor (Osteoklastom) ist das feingewebliche Bild, das durch das multiple Auftreten osteoklastischer Riesenzellen geprägt ist. Diese sind jedoch nur als die reaktive Komponente anzusehen, als eigentlicher Tumor muss die fibrozytäre Gerüstsubstanz betrachtet werden. Der Riesenzelltumor findet sich im epimetaphysären Bereich, meist exzentrisch gelegen, vergleichsweise gut umschrieben, ausschließlich osteolytisch ohne Randreaktion. Das klassische Manifestationsalter liegt jenseits des Abschlusses des Längenwachstums in der 2. bis 4. Lebensdekade. In etwa 40% der Läsionen treten im distalen Femur und der proximalen Tibia auf, nächst häufiger gefolgt vom distalen Radius. Es können sich auch pulmonale Läsionen finden, meist jedoch nur bei Patienten, die ein Lokalrezidiv entwickelten. In der Literatur werden diese „Lungenmetastasen“ in bis zu 10% beschrieben; deshalb sind entsprechende Staging-Untersuchungen vor und im Verlauf der Therapie und Nachsorge notwendig. Der Spontanverlauf ist unvorhersehbar, denn histologische Prognosefaktoren existieren nicht. Wichtig ist die Bestimmung des Nebenschilddrüsenhormons (Parathormon), um differenzialdiagnostisch den „Braunen Tumor“ bei Hyperparathyreoidismus abgrenzen zu können, was allein histologisch nicht ausreichend sicher möglich ist. Die klassische Therapie des Riesenzelltumors besteht in der intraläsionalen aggressive Kürettage unter Anwendung zusätzlicher mechanischer (Hochgeschwindigkeitsfräse) und physikalisch-chemischer Adjuvanzien (Knochenzement, Alkohol, Phenol, Kryochirurgie, Kauterisierung). Das Rezidivrisiko nach marginaler Resektion, soweit diese bei der meist gelenknahen Lage ausführbar ist, beträgt nahezu 0%. Nach optimalem intraläsionalem Vorgehen liegt es etwa bei 10%. Entscheidend dafür ist die suffiziente Präparation des Tumors mit Entdachung der kompletten Läsion und sorgfältigstem chirurgischem Vorgehen. Nach eigenen Erfahrungen hat sich die Methylmetacrylatauffüllung des Operationdefekts bewährt. Die Knochenzementplombe bietet einen guten thermoablativen Effekt und gewährleistet die sofortige und dauerhafte Stabilität. Auch die radiologische Rezidivdiagnostik wird durch die Zementauffüllung vereinfacht; eine nachteilige Wirkung wurde selbst bei unmittelbar subchondraler Implantation am Gelenk nicht beobachtet. Aufgrund der meist en¬gen Lagebeziehung des Riesenzelltumors zu einer Gelenkfläche ist der Gelenkerhalt jedoch nicht immer möglich, sodass mitunter ein ablatives Vorgehen nötig ist. Wegen der Neigung der Riesenzelltumoren zu Spätrezidiven sollte die Nachsorge über einen längeren Zeitraum (10 Jahre) aufrechterhalten werden.
Kürettage, Phenolisation und Auffüllung mit Knochenzement
Resektion und Rekonstruktion mit Beckenkammspan
Junge Patientin. Lokale Schmerzen, Läsion als Enchondrom verkannt. Nach einen Jahr Resektion und Interposition eines Knochenspanes.
Zur medikamentösen Therapie irresektabler/rezidivierter oder metastasierter Riesenzelltumoren liegen nur wenige Daten vor. Für Interferon-α wurde in einzelnen Fällen ein Therapieansprechen beschrieben. Bisphosphonate scheinen ebenfalls eine therapeutische Aktivität aufzuweisen. Wesentlich sind die daten der Phase-II-Studie mit dem RANKL(„receptor activator of NF-κB ligand“-) Antikörper Denosumab. Hier konnten bei 13 von 15 (87%) Patienten mit irresektablem Riesenzelltumor ein Therapieansprechen beobachtet werden. In Nachfolgestudien zeigte sich ein weiterhin sehr gutes Ergebnis.
So z.B. in der Publikation einer Multicenter-Studie zu Denosumab beim Riesenzelltumor (CTOS-Meeting, Prag 17.11.2012, ISOLS Bologna 14.09.2013). 282 Patienten mit RZT wurden behandelt. 163 von 169 Patienten mit nicht operablen RZT waren zu keinen Zeitpunkt der Studie progredient, der Tumor wuchs also nicht weiter. Von jenen die zur Operation anstanden waren 64% noch nicht operiert und 16%, die mittlerweile operiert worden waren, benötigten eine weit kleiner Operation als geplant. Unklar bleibt, wie lange eine solche Therapie fortgesetzt werden sollte. Zusammengefasst sind die Ergebnisse so, daß angesichts der trotz der hohen Dosis des Präparates (in Vergleich zu Osteoporosepatienten) niedrigen unerwünschten Wirkungen, überlegt werden muß, ob Denosumab nicht routinemäßig vor (statt?) einer OP eingesetzt werden sollte. (Chawla S et al.: Safety and efficacy of denosumab for adults and skeletally mature adolescents with giant cell tumour of bone: interim analysis of an open-label, parallel-group, phase 2 study. Lancet Oncol. 2013 Aug;14(9):901-8. doi: 10.1016/S1470-2045(13)70277-8).
Dem gegenüber steht jedoch die Problematik, dass Denosumab zum einen Kiefernekrosen verursachen kann und langfristig auch cancerogene Eigenschaften diskutiert werden. Weiterhin, so zeigen nun die ersten Ergebnisse, wird es nach einer zu langen Vorbehandlung mit Denosumab immer schwieriger, den Tumor vollständig zu kürettieren, da das Innere des Tumors massiv ossifiziert und eine klare Tumorgrenze zum umgebenden gesunden Knochen nicht mehr darstellbar ist. Typischerweise wird die Vorbehandlung (so sie überhaupt notwendig ist) deshalb auf z.B. 3 Monate limitiert. Wichtig ist in jeden Fall die zusätzliche Gabe von Calcium und Vitamin D. Bei Kindern sind nach dem Absetzen von Denosumab erhebliche Hypercalcämien bis hin zur intensivpflichtigkeit, auch bei eigenen Patienten beschrieben (siehe Studie unten).
Die Strahlentherapie hat bis auf lokal irresektable symptomatische Rezidivtumoren keine Bedeutung.
14-jährige Patientin mit einen Riesenzelltumor des rechten Oberames. Bruch nach Sturz. Diagnosestellung 02/2014. Behandlung mit Denosumab bis 06/2014. Links das Röntgen aus April 2014 und das MRT aus Januar 2014. Im Vergleich dazu das Röntgen und das MRT aus 06/2014. Deutlich bessere Abgrenzung des Tumors, keine extraossären Weichteilanteile mehr, deutliche Mehrsklerosierung. Völlig beschwerdefrei. Kürettage und Auffüllung nach der neoadjuvanten Denosumab-Therapie 07/2014. Rezidivfrei 2021.
Therapie des Riesenzelltumors
Eigene Erfahrungen mit 46 Patienten bis 2010
Therapie des Riesenzelltumors
Eigene Erfahrungen mit 26 Patienten bis 1999
Einsatz von Denosumab bei Kindern
Probleme des Rebound Phänomens